Das Jahr im Überblick
Die wirtschaftliche Expansion im Euroraum setzte sich im Jahr 2018 fort, allerdings in geringerem Tempo als zuvor. Das Wachstum verlangsamte sich von 2,5 % im Jahr 2017 auf 1,8 % im Jahr 2018, da im Jahresverlauf eine Reihe wachstumshemmender Faktoren zum Tragen kam. Eine deutliche Abschwächung des Welthandels sowie einige länder- und sektorspezifische Faktoren belasteten den Außenhandel, insbesondere das verarbeitende Gewerbe.
Getragen von einer anhaltenden Erholung am Arbeitsmarkt blieb die Binnenwirtschaft jedoch relativ robust. Die Zahl der Erwerbstätigen erhöhte sich gegenüber ihrem Tiefstand von Mitte 2013 um 10 Millionen. Die Arbeitslosenquote sank im Dezember auf 7,8 % und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Oktober 2008. Die sehr dynamische Entwicklung am Arbeitsmarkt führte zu einem kontinuierlichen und breit angelegten Lohnwachstum, das im Schlussquartal 2,2 % erreichte. Die Beschäftigungs- und Lohnzuwächse wiederum wirkten sich positiv auf die Konsumausgaben der privaten Haushalte aus.
Die Gesamtinflation erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr und lag 2018 im Durchschnitt bei 1,7 %, was jedoch hauptsächlich auf höhere Energiepreise zurückzuführen war. Bei den Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation war im Jahresverlauf im Großen und Ganzen eine Seitwärtsbewegung zu beobachten. Die Aussichten für die Binnennachfrage, den Arbeitsmarkt und das Lohnwachstum stimmten uns jedoch zuversichtlich, dass sich die Annäherung der Inflationsrate an unser Ziel auf mittlere Sicht fortsetzen würde.
Dementsprechend gab der EZB-Rat im Juni 2018 bekannt, dass er davon ausgeht, dass der Nettoerwerb von Vermögenswerten im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP) ab September auf einen Umfang von monatlich 15 Mrd € reduziert und im Dezember 2018 beendet wird, sofern die neu verfügbaren Daten die mittelfristigen Inflationsaussichten des EZB-Rats bestätigen. Gleichzeitig teilte der EZB-Rat mit, dass die EZB-Leitzinsen seinen Erwartungen zufolge mindestens über den Sommer 2019[1] und in jedem Fall so lange wie erforderlich auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden, um sicherzustellen, dass die Inflationsentwicklung weiterhin mit den Erwartungen eines nachhaltigen Anpassungspfads übereinstimmt.
Im Dezember überprüfte der EZB-Rat die Konjunkturaussichten und kam zu dem Schluss, dass die Einschätzung vom Juni im Wesentlichen weiterhin zutrifft. Auf dieser Grundlage beendete der EZB-Rat die Nettoankäufe von Vermögenswerten im Rahmen des APP und bekräftigte die erweiterte Forward Guidance zur Entwicklung der Leitzinsen. Zugleich bestätigte er, dass erhebliche geldpolitische Impulse nach wie vor erforderlich sind, um den weiteren Aufbau eines binnenwirtschaftlichen Preisdrucks und die Entwicklung der Gesamtinflation auf mittlere Sicht zu stützen.
Diese Impulse werden durch die Forward Guidance im Hinblick auf die Leitzinsen gesetzt, untermauert durch die Reinvestition der Tilgungsbeträge fällig werdender Wertpapiere aus dem beträchtlichen Bestand an im Rahmen des APP erworbenen Vermögenswerten. Der EZB-Rat erklärte, dass diese Reinvestitionen für längere Zeit über den Zeitpunkt einer Leitzinserhöhung hinaus, und in jedem Fall so lange wie erforderlich fortgesetzt werden, um günstige Liquiditätsbedingungen und eine umfangreiche geldpolitische Akkommodierung aufrechtzuerhalten.
Der EZB-Rat bekräftigte zudem, dass er in jedem Fall bereit ist, alle seine Instrumente gegebenenfalls anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Teuerungsrate weiterhin auf nachhaltige Weise unserem Ziel annähert.
Die anhaltende binnenwirtschaftliche Erholung und die mikro- und makroprudenziellen Maßnahmen trugen 2018 auch zur Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors bei. Die harte Kernkapitalquote der bedeutenden Institute belief sich zum Ende des dritten Quartals 2018 auf insgesamt 14,2 %. Der Bestand an notleidenden Krediten (Non-performing Loans – NPL) verringerte sich in den ersten drei Quartalen 2018 um 94 Mrd €. Die NPL-Quote der bedeutenden Institute im Eurogebiet lag bei insgesamt 4,2 % nach 5,2 % im Jahr 2017.
Die Risikoübernahme in Teilen der Finanz- und Immobilienmärkte war ein Faktor für leichte Anzeichen einer Überbewertung, wobei es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern gab. Gleichzeitig nahmen die Risiken im Nichtbankensektor weiter zu. Vor diesem Hintergrund wurden in Ländern des Euroraums zur Begrenzung systemischer Risiken makroprudenzielle Maßnahmen ergriffen. Die EZB prüfte im Berichtsjahr 103 von nationalen Behörden gemeldete makroprudenzielle Beschlüsse.
Die EZB unterstützte weiterhin die Reform der Referenzzinssätze im Euroraum und entwickelte 2018 einen neuen Referenzzinssatz für den Geldmarkt. Im Juni 2018 veröffentlichte sie die Methodik zur Berechnung des €STR (Euro Short-Term Rate), nachdem zuvor zwei öffentliche Konsultationsverfahren auf eine breite Unterstützung hingedeutet hatten. Der €STR basiert auf einem durchschnittlichen Tagesvolumen von rund 32 Mrd € und den Meldungen von etwa 32 Banken. Die Arbeitsgruppe des privaten Sektors zu risikofreien Zinssätzen für den Euroraum empfahl im September 2018, den EONIA durch den €STR zu ersetzen. Der €STR wird nach einer Phase umfangreicher interner Tests durch das Eurosystem ab Oktober 2019 zur Verfügung stehen.
Auch bei den Euro-Zahlungen wurden 2018 wesentliche Fortschritte erzielt. Im November führte das Eurosystem den Dienst TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) ein, der Echtzeit-Zahlungen in weniger als zehn Sekunden und rund um die Uhr ermöglicht.
Laut der Eurobarometer-Umfrage vom Dezember 2018 stieg die Unterstützung für den Euro unter den Umfrageteilnehmern im Berichtsjahr auf 75 %. Die EZB setzte ihre Anstrengungen im Bereich der Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern des Euroraums und zur Verbesserung der Rechenschaftspflicht und Transparenz fort. Sie pflegte die Beziehungen zum Europäischen Parlament und baute das Programm „Youth Dialogue“ weiter aus. Außerdem verstärkte sie ihre Aktivitäten in Bezug auf die EZB-Website, soziale Medien und das Besucherzentrum.
Im kommenden Jahr sind erhebliche geldpolitische Impulse nach wie vor erforderlich, um den fortgesetzten Aufbau eines binnenwirtschaftlichen Preisdrucks auf mittlere Sicht zu gewährleisten. Angesichts der anhaltenden Unsicherheiten im Zusammenhang mit geopolitischen Faktoren, der Gefahr von Protektionismus und Anfälligkeiten in den aufstrebenden Volkswirtschaften sind in der Geldpolitik weiterhin Geduld, Umsicht und Beharrlichkeit gefragt.
Frankfurt am Main im April 2019
Mario Draghi
Präsident
Das Jahr in Zahlen
1 Wirtschaftswachstum weiter über Potenzial bei zunehmendem Kostendruck
Nach einer außerordentlich starken Wachstumsdynamik im Jahr 2017 setzte sich 2018 die wirtschaftliche Expansion im Euroraum fort – wenn auch aufgrund einer schwächeren Auslandsnachfrage und einiger wachstumsdämpfender länder- und sektorspezifischer Faktoren auf einem moderateren Niveau. Die Binnennachfrage wurde weiterhin von denselben Faktoren getragen: Den privaten Verbrauch stützte eine weitere Aufhellung am Arbeitsmarkt, während die Unternehmensinvestitionen nach wie vor von günstigen Finanzierungsbedingungen und Bilanzverbesserungen profitierten. Der anhaltende Konjunkturaufschwung und die zunehmend angespannte Lage am Arbeitsmarkt hatten auch zur Folge, dass der binnenwirtschaftliche Kostendruck weiter an Stärke und Breite gewann. Indessen entwickelten sich die Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation im Allgemeinen erneut verhalten. Infolge der geldpolitischen Maßnahmen der EZB, des anhaltenden Konjunkturaufschwungs und des steigenden Lohnwachstums dürfte die zugrunde liegende Teuerung auf mittlere Sicht aber anziehen.
1.1 Weltwirtschaftswachstum weniger ausgewogen
Globales BIP-Wachstum weiterhin nahe am langfristigen Durchschnitt
Der globale Wirtschaftsaufschwung setzte sich in den ersten drei Quartalen des Jahres 2018 in einem stetigen Tempo fort, wobei die Wachstumsrate mit 3,6 % in etwa auf Vorjahresniveau und nahe am langfristigen Durchschnittswert lag (siehe Abbildung 1). Im Vergleich zu den vorhergehenden Jahren verlief die Expansion jedoch uneinheitlicher und in den einzelnen Ländern weniger synchron. Während das Wachstum in den Vereinigten Staaten robust blieb, geriet es in einer Reihe anderer Länder, etwa in Japan und einigen Schwellenländern (und hier vor allem in der Türkei und Argentinien), ins Stocken. Auch in China verlangsamte sich im zweiten Halbjahr die wirtschaftliche Entwicklung. Die Wachstumskomponenten Industrieproduktion und Welthandel schwächten sich ab, der private Verbrauch verzeichnete dagegen erneut einen soliden Zuwachs.
Abbildung 1
Globales BIP-Wachstum
Arbeitslosenquote in vielen Ländern auf tiefstem Stand seit der Krise
Im neunten Jahr der aktuellen weltwirtschaftlichen Expansion ging die Arbeitslosenquote sowohl in den fortgeschrittenen als auch in den aufstrebenden Volkswirtschaften weiter zurück und erreichte in vielen Ländern ihr niedrigstes Niveau nach der Krise. Teilweise sank die Arbeitslosigkeit sogar auf einen historischen Tiefstand, so zum Beispiel im Vereinigten Königreich und in Japan. In mehreren Industrieländern kam es zu einem Arbeitskräftemangel insbesondere bei spezialisierten und hoch qualifizierten Fachkräften.
Es mehren sich nun die Anzeichen dafür, dass sich die auf globaler Ebene stetig rückläufige Unterauslastung sowohl der Produktionskapazitäten als auch des Arbeitsmarkts langsam, aber sukzessive in einem stärkeren Lohnwachstum und einer höheren zugrunde liegenden Inflation niedergeschlagen hat. Im OECD-Raum stieg die zugrunde liegende Teuerung (ohne Energie und Nahrungsmittel) im Berichtsjahr auf 2,1 %. Weitaus stärker erhöhte sich die Gesamtinflation, die trotz einer – vor allem durch sinkende Ölpreise bedingten – Abschwächung im zweiten Halbjahr auf Jahressicht ein Niveau von 2,6 % erreichte (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2
Inflationsraten im OECD-Raum
Vor dem Hintergrund einer anhaltend soliden weltweiten Nachfrage und knapper Lagerbestände erhielten die Ölpreise 2018 vor allem durch die angebotsseitige Entwicklung Auftrieb. Nachdem die 22 OPEC- und Nicht-OPEC-Produzenten ihrer Vereinbarung über eine Drosselung der Fördermengen stärker nachgekommen waren als erwartet, zogen die Ölnotierungen in der ersten Jahreshälfte von rund 67 USD je Barrel schrittweise auf 79 USD je Barrel an. Bis zum Herbstanfang schwankten die Ölpreise zwischen 70 USD und 86 USD je Barrel, verringerten sich anschließend jedoch und lagen am Jahresende bei rund 52 USD je Barrel. Der Anstieg auf den Höchststand von 86 USD je Barrel Anfang Oktober war durch die Befürchtungen bedingt, dass die iranischen Ölexporte nach der Wiedereinführung von US-Sanktionen drastisch zurückgehen könnten. Bis Ende Dezember gaben die Ölnotierungen aber deutlich nach: Neben schwächeren Nachfrageaussichten kamen auch Bedenken bezüglich eines Überangebots zum Tragen, da die Vereinigten Staaten, einige OPEC-Mitglieder und Russland ihre Produktion ausweiteten. Außerdem gab es bei den Sanktionen gegen den Iran Ausnahmeregelungen. Die Preise für sonstige Rohstoffe gingen 2018 unterdessen in der Gesamtbetrachtung zurück (auf US-Dollar-Basis).[2] Die Notierungen für Nahrungsmittel und Metalle wiederum blieben im ersten Halbjahr 2018 weitgehend stabil. In der zweiten Jahreshälfte verbilligten sich die Nahrungsmittel, was zum einen auf ein weltweit hohes Angebot und zum anderen auf die Besorgnis hinsichtlich der US-Zölle und drohender Gegenmaßnahmen durch betroffene Länder zurückzuführen war. Auch die Metallpreise entwickelten sich ab dem Sommer rückläufig. Ursache hierfür waren die geringere Nachfrage aus China sowie Befürchtungen, dass sich bestehende Spannungen im Welthandel verschärfen könnten.
Anstieg des effektiven Euro-Wechselkurses
Der Euro-Wechselkurs wertete ab Anfang 2018 in nominaler effektiver Rechnung auf (siehe Abbildung 3). Auf bilateraler Basis verlor die Gemeinschaftswährung dabei gegenüber anderen wichtigen Währungen an Boden. Besonders ausgeprägt war die Abwertung im Verhältnis zum US-Dollar, zum japanischen Yen und – wenngleich in geringerem Umfang – zum Schweizer Franken. Gegenüber den meisten Währungen der Schwellenländer gewann der Euro indessen deutlich an Wert, insbesondere gegenüber dem chinesischen Renminbi und – aufgrund binnenwirtschaftlicher Probleme – gegenüber der türkischen Lira und dem argentinischen Peso.
Abbildung 3
Euro-Wechselkurs
Weltwirtschaftlicher Ausblick durch Handelsunsicherheiten getrübt
Zwar setzte sich das weltweite Wachstum in einem soliden Tempo fort, doch der Ausblick wurde zunehmend durch Risiken und Unsicherheiten getrübt. Insbesondere im Welthandel erhöhten sich angesichts der Maßnahmen der US-Regierung und der Reaktion ihrer Handelspartner die Unsicherheiten. Diese gipfelten im Sommer in den beiden Ankündigungen der US-Regierung, chinesische Exporte in die Vereinigten Staaten im Wert von 250 Mrd USD mit Zöllen zu belegen. China drohte im Gegenzug mit Strafzöllen auf Einfuhren von US-Produkten im Umfang von 110 Mrd USD. Darüber hinaus lasteten auch Zweifel im Hinblick auf den Brexit auf den Handelsaussichten. Diese Zölle dürften zwar weltweit nur mit begrenzten direkten Auswirkungen verbunden sein, doch protektionistische Drohungen dieser Art können das Vertrauen erschüttern, die globalen Wertschöpfungsketten stören und die Investitionstätigkeit beeinträchtigen. Damit stellen sie ein Abwärtsrisiko für den weltwirtschaftlichen Ausblick dar. Zum Jahresende gab es erste Anzeichen dafür, dass sich die Unsicherheiten im Welthandel bereits negativ auf die Wirtschaft auswirken. Eine weitere Zuspitzung der Handelsstreitigkeiten könnte schwerwiegende Konsequenzen für das globale Wachstum haben.
1.2 Anhaltender Aufschwung trotz nachlassender Wachstumsdynamik
Nach einer außerordentlich starken Dynamik im Jahr 2017 ging die Wachstumsrate des realen BIP im Berichtsjahr auf 1,8 % zurück (siehe Abbildung 4). Ursächlich für diese Abschwächung war zwar in erster Linie ein rückläufiger Welthandel, doch auch andere, eher temporäre Faktoren spielten dabei eine Rolle. Im ersten Halbjahr 2018 wurde in einer Reihe von Ländern die Produktion durch wetterbedingte Ausfälle und Arbeitskonflikte vor allem im Transportsektor beeinträchtigt. In der zweiten Jahreshälfte, vornehmlich im dritten Quartal, kam es in der Automobilbranche im Zuge der Einführung des neuen standardisierten Abgasmessverfahrens am 1. September zu erheblichen Produktionsunterbrechungen. Der Wachstumsrückgang könnte ferner durch einen Anstieg der politischen Unsicherheit – vor allem im Zusammenhang mit der Aussicht auf zunehmenden Protektionismus – verstärkt worden sein.
Abbildung 4
Reales BIP des Euroraums
Fundamentale Wachstumsdynamik weiterhin solide
Indessen war die fundamentale Wachstumsdynamik, gestützt von einem robusten Arbeitsmarkt sowie stetigem Einkommens- und Gewinnwachstum, nach wie vor solide. Die schwache Auslandsnachfrage und die damit verbundene erhöhte Unsicherheit strahlen bislang weiterhin nur in begrenztem Maße auf die Inlandsnachfrage aus.
Der private Verbrauch im Euro-Währungsgebiet verzeichnete 2018 ein durchschnittliches Jahreswachstum von rund 1,3 %. Positiv wirkten dabei höhere Arbeitseinkommen und günstige Finanzierungsbedingungen. Das Wachstum des real verfügbaren Einkommens wurde durch den seit Mitte 2017 allmählich steigenden Ölpreis nicht nennenswert beeinträchtigt. Mit dem fortschreitenden Konjunkturaufschwung fiel der Beitrag der Steuern und Transferleistungen im Jahr 2018 noch deutlicher negativ aus. In wirtschaftlich guten Zeiten haben automatische fiskalische Stabilisatoren in der Regel einen dämpfenden Effekt auf das Wachstum des real verfügbaren Einkommens.
Die Unternehmensinvestitionen im Eurogebiet wurden 2018 weiter von der steigenden Binnennachfrage, günstigen Finanzierungsbedingungen und der Ertragslage der Unternehmen getragen und zogen auch in Sektoren mit Kapazitätsengpässen an, wie etwa im Transportbereich. Belastet wurde die unternehmerische Investitionstätigkeit allerdings durch die schwächere außenwirtschaftliche Dynamik sowie die erhöhten Unsicherheiten auf globaler Ebene, vor allem im Welthandel. Dies galt insbesondere für Unternehmen mit einer stärkeren Abhängigkeit vom außenwirtschaftlichen Umfeld. Aufgrund der weniger günstigen externen Rahmenbedingungen, der nachlassenden Endnachfrage und der erwarteten allmählichen Verschärfung der Finanzierungsbedingungen dürfte sich das Wachstum der Unternehmensinvestitionen in Zukunft abschwächen.
Mit dem Aufschwung an den Wohnimmobilienmärkten des Euroraums zogen auch die Bauinvestitionen – wenngleich von einem niedrigen Niveau ausgehend – sowohl im Wohnungsbau als auch im Nichtwohnungsbau weiter an. Diese Entwicklung hing wiederum mit der gestiegenen Inlandsnachfrage zusammen, die vom Wachstum der Realeinkommen, dem Niedrigzinsumfeld und günstigen Kreditbedingungen gestützt wurde. Engpässe am Arbeitsmarkt scheinen das Wachstum des Baugewerbes aber im Jahresverlauf 2018 begrenzt zu haben.
Die Außenwirtschaft leistete im Berichtsjahr einen besonders geringen Beitrag zur Wirtschaftsleistung im Euro-Währungsgebiet; dieser lag deutlich unter dem Vorjahresniveau. Die Auslandsnachfrage – insbesondere aus Asien und nach Investitionsgütern – ließ aufgrund der erhöhten Unsicherheiten und Handelsspannungen nach. Dies beeinträchtigte wiederum die Ausfuhren des Euroraums in die Region und den Wachstumsbeitrag des Außenhandels insgesamt. Das sich ändernde globale Umfeld schadete vor allem den Exporten in das Vereinigte Königreich und nach China, während Ausfuhren in die Vereinigten Staaten davon profitierten. Letzteren kamen wahrscheinlich Antizipationseffekte im Zusammenhang mit dem Risiko möglicher US-Zölle auf Importe aus der EU zugute. Die Handelsdynamik innerhalb des Eurogebiets erwies sich dank der guten binnenwirtschaftlichen Konjunktur anfänglich als robust, ließ aber in der zweiten Jahreshälfte 2018 merklich nach. Grund hierfür waren die Unsicherheiten im Welthandel und die neuen Emissionsnormen für Kraftfahrzeuge, die den Handel mit Investitionsgütern und Automobilen beeinträchtigten. Die in der Vergangenheit verzeichnete Aufwertung des Euro könnte ebenfalls gewisse negative Auswirkungen gehabt haben.
Die Produktionsleistung nahm auch 2018 auf breiter Basis in allen Sektoren zu (siehe Abbildung 5). Die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung stieg insgesamt weiter an, wobei die Zuwachsrate mit rund 2 % unter dem Vorjahresergebnis blieb, jedoch in etwa die Werte der Jahre 2015 und 2016 erreichte. In der Industrie (ohne Baugewerbe) und im Dienstleistungssektor erhöhte sich die Wertschöpfung im Berichtsjahr um jeweils etwa 2 %. Im Baugewerbe blieb die Wertschöpfung zwar immer noch unter dem Vorkrisenniveau, stieg aber weiter an (um rund 4 %). Der Sektor erholt sich also zusehends von den schrumpfenden bzw. niedrigen Zuwachsraten, die nach Ausbruch der Finanzkrise 2008 über längere Zeit zu beobachten waren.
Abbildung 5
Reale Bruttowertschöpfung im Euroraum nach Wirtschaftszweigen
Arbeitsmarkt im Euroraum: veränderte Altersstruktur und weiterer Anstieg der Beschäftigung
Anhaltende Erholung am Arbeitsmarkt im Euroraum; Zahl der Erwerbstätigen seit Tiefstand 2013 um rund 10 Millionen gestiegen
Die Lage am Arbeitsmarkt im Euroraum verbesserte sich 2018 weiter (siehe Abbildung 6). Die Arbeitslosenquote sank erneut und lag im Dezember mit 7,8 % auf dem niedrigsten Stand seit Oktober 2008. Die Arbeitslosigkeit ist bereits seit dem zweiten Halbjahr 2013 praktisch in allen Altersgruppen und sowohl bei Männern als auch bei Frauen rückläufig, doch in der Höhe der Quote gibt es nach wie vor deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Euro-Ländern. Die Zahl der Beschäftigten im Euro-Währungsgebiet lag im vierten Quartal 2018 1,3 % über dem Niveau des entsprechenden Vorjahreszeitraums und 6,7 % über dem im zweiten Jahresviertel 2013 verzeichneten Tiefstand. Seit Beginn des aktuellen Konjunkturaufschwungs hat sich die Zahl der Erwerbstätigen um insgesamt etwa 10 Millionen erhöht, d. h. das Beschäftigungsniveau liegt nunmehr sogar über dem Vorkrisenhöchststand vom ersten Quartal 2008. Der Zuwachs vollzog sich länder- und sektorübergreifend auf breiter Basis und ging mit einer weiteren Zunahme des Arbeitskräfteangebots einher.
Abbildung 6
Arbeitsmarktindikatoren
Bei näherer Betrachtung der Zusammensetzung des Beschäftigungswachstums im aktuellen Konjunkturaufschwung zeigt sich, dass vor allem die Beschäftigung älterer Personen zunahm.[3] So entfielen rund drei Viertel des kumulierten Anstiegs auf die Gruppe der 55- bis 74-Jährigen. Die zunehmende Erwerbstätigkeit älterer Menschen ist vornehmlich in der steigenden Erwerbsquote dieser Bevölkerungsgruppe begründet. Darin dürften vor allem die Effekte der in der Vergangenheit umgesetzten Rentenreformen sowie der steigende Bildungsstand dieser Gruppe zum Ausdruck kommen. Die merkliche Zunahme des Beschäftigungsanteils älterer Arbeitnehmer könnte für die Gesamtwirtschaft weitreichende Änderungen zur Folge haben. Sie wird sich womöglich auf das Konsum-, Spar- und Investitionsverhalten sowie auch auf die Lohn- und Produktivitätsentwicklung auswirken.[4] Rund ein Drittel des Beschäftigungszuwachses im aktuellen Konjunkturaufschwung ist auf die Zunahme der Teilzeitarbeit zurückzuführen. Letztere steht wiederum in einem engen Zusammenhang mit längerfristigen Entwicklungen wie dem steigenden Angebot an weiblichen und älteren Arbeitskräften und der fortwährenden Konzentration des Beschäftigungswachstums auf den Dienstleistungssektor.[5] In Zukunft dürfte der Arbeitskräftemangel in einigen Ländern und Wirtschaftszweigen allerdings zu einer Abschwächung dieser Trends beitragen.
Weitere Verringerung des staatlichen Defizits bei Fortbestehen heterogener Risiken
Günstige Konjunktur senkt staatliche Defizitquote im Euroraum
Die staatliche Defizitquote im Euroraum sank 2018 weiter und erreichte mit 0,6 % des BIP ein seit Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) im Jahr 1999 nur selten verzeichnetes Niveau (siehe Abbildung 7). Wie auch schon in den vergangenen Jahren war der Rückgang des Gesamtdefizits in hohem Maße der günstigen Konjunktur sowie den Zinsausgaben zu verdanken; diese waren rückläufig, da fällig werdende hochverzinste Schuldtitel weiterhin durch Neuemissionen zu günstigeren Konditionen ersetzt wurden. Der fiskalische Kurs im Eurogebiet[6] war 2018 weitgehend neutral, wobei sich hinter den aggregierten Daten große länderspezifische Unterschiede verbargen. So wurde die in Staaten mit einer prekären Finanzlage vorgenommene prozyklische Lockerung der fiskalischen Ausrichtung durch hohe Mehreinnahmen in einigen wenigen Ländern ausgeglichen.
Abbildung 7
Öffentlicher Finanzierungssaldo und fiskalischer Kurs
Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Expansion trug das rückläufige Defizit der öffentlichen Haushalte dazu bei, dass sich auch die Bruttoverschuldung im Verhältnis zum BIP 2018 weiter verringerte, und zwar von 86,6 % im Vorjahr auf 84,8 %. Die Schuldenquote wird Prognosen zufolge auch in den kommenden Jahren sinken, allerdings nach wie vor deutlich höher als zu Beginn der WWU bleiben. Problematisch ist ein hoher Schuldenstand insbesondere für Länder, die bei einem geringen Potenzialwachstum mit der demografischen Entwicklung zu kämpfen haben (siehe Kasten 1). Diese Volkswirtschaften hätten im Fall einer konjunkturellen Eintrübung oder steigender Zinsausgaben nur begrenzten Handlungsspielraum, um ihren finanzpolitischen Kurs entsprechend anzupassen. Daher wären anfällige Länder gut beraten, angesichts der aktuell günstigen Konjunktur fiskalische Reserven aufzubauen.
Kasten 1
Fiskalische Auswirkungen der Bevölkerungsalterung
Die Alterung der Gesellschaft stellt für die öffentlichen Finanzen im Euroraum und deren Tragfähigkeit eine Herausforderung dar. Die Lebenserwartung steigt, während die Geburtenraten sinken; damit wird unsere Gesellschaft immer älter. Diese demografische Entwicklung spiegelt sich deutlich im steigenden Altenquotienten wider, der den Anteil der über 64-Jährigen an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter misst. Den Projektionen von Eurostat zufolge wird der Altenquotient im Euroraum insgesamt bis 2070 auf 52 % steigen; 2016 lag er noch bei 31 %. Mit dem stärksten Anstieg wird in den kommenden zwei Jahrzehnten gerechnet, wenn die geburtenstarken Jahrgänge das Ruhestandsalter erreichen. Der vorliegende Kasten befasst sich ausschließlich mit den fiskalischen Auswirkungen der alternden Gesellschaft, ungeachtet dessen, dass gesamtwirtschaftlich gesehen spürbare negative Effekte etwa im Hinblick auf die Produktivität, das Arbeitskräfteangebot und den gleichgewichtigen Realzins zu erwarten sind.
Die Bevölkerungsalterung wird sich in den kommenden Jahrzehnten deutlich in den öffentlichen Haushalten niederschlagen. Mit einem Anteil von 25 % am BIP im Jahr 2016 sind die alterungsbedingten Staatsausgaben im Euroraum im internationalen Vergleich bereits erhöht. Dem Bericht über die Bevölkerungsalterung 2018 zufolge werden sie in Relation zum BIP bis 2040 weiter auf 28 % steigen und anschließend bis 2070 leicht auf 27 % zurückgehen (siehe Abbildung A),[7] wobei die nationale Entwicklung recht unterschiedlich verläuft. So reicht die prognostizierte Entwicklung der gesamten alterungsbedingten Aufwendungen gemessen am BIP im Zeitraum 2016 bis 2070 von einer Erhöhung um 12,9 Prozentpunkte in Luxemburg bis zu einem Rückgang um 6,4 Prozentpunkte in Griechenland.[8] Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen ist mittel- bis langfristig mit einem sehr starken Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben zu rechnen. Damit würde bereits auf mittlere Sicht die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen vor allem in jenen Ländern gefährdet, die ohnehin bereits einen hohen öffentlichen Schuldenstand aufweisen (siehe Abbildung B). Andererseits wird in einer Reihe von Ländern, insbesondere in Frankreich, Italien und Spanien, der alterungsbedingte Kostendruck in mittelfristiger Betrachtung bis 2070 von seinem Höchststand zurückgehen (siehe Abbildung A).
Abbildung A
Gesamte alterungsbedingte Staatsausgaben im Euroraum
Abbildung B
Alterungsbedingter Ausgabendruck und aktueller Schuldenstand in den einzelnen Ländern
Alterungsbedingte Staatsausgaben umfassen in erster Linie Aufwendungen für die Altersversorgung sowie für das Gesundheits- und Pflegewesen. Die Anzahl der Rentenempfänger in den staatlichen Alterssicherungssystemen wird steigen, während die Zahl der Beitragszahler sinkt. Sofern eine Anpassung der Parameter ausbleibt, werden daher die Defizite in den Rentensystemen zunehmen und sich letztlich auch die gesamtwirtschaftlichen Finanzierungssalden verschlechtern. Auch die Gesundheits- und Pflegesysteme dürften in den kommenden Jahrzehnten die Staatsfinanzen belasten, da die entsprechenden Leistungen vorwiegend durch öffentliche Systeme finanziert werden. Weniger eindeutig ist dagegen der einnahmenseitige Effekt der Bevölkerungsalterung, da sich die Auswirkungen auf die verschiedenen Steuerarten (z. B. jene auf Verbrauch, Erwerbseinkünfte und Kapitalerträge) zum Teil gegenseitig ausgleichen und im Laufe der Zeit schwanken dürften.
Um die Unsicherheit, mit der die Projektionen zu den alterungsbedingten Ausgaben behaftet sind, einigermaßen adäquat abbilden zu können, enthält der Bericht über die Bevölkerungsalterung mehrere adverse Sensitivitätsanalysen und Risikoszenarien. Diese deuten durchaus auf einen höheren Ausgabendruck hin (siehe Abbildung C). Ein Risikoszenario unterstellt – ausgehend von einem zunehmenden Einsatz teurer medizinischer Ausrüstung und tendenziell stärker steigenden Lebensstandards – höhere Gesundheits- und Pflegekosten. In diesem Szenario würden sich die gesamten alterungsbedingten Aufwendungen bis zum Ende des Projektionszeitraums (2070) im Vergleich zum Basisszenario mehr als doppelt so stark erhöhen. Würde die Wachstumsrate der totalen Faktorproduktivität (TFP) geringer ausfallen als in den Basisprojektionen angenommen, hätte auch dies auf lange Sicht beträchtlich höhere Ausgaben zur Folge.
Abbildung C
Szenarien alterungsbedingter Staatsausgaben im Euroraum
Als Reaktion auf den künftigen Ausgabendruck haben die meisten Euro-Länder in den vergangenen Jahren Rentenreformen durchgeführt, die in einigen Fällen noch durch kleinere Reformen des jeweiligen Gesundheits- und Pflegesystems ergänzt wurden. Diese Maßnahmen trugen vor allem den Bedenken Rechnung, die im Zuge der Staatsschuldenkrise bezüglich der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen aufgekommen waren. Besonders weitreichend waren die Rentenreformen in Ländern, die wirtschaftlichen Anpassungsprogrammen unterlagen. Zwar konnten dank dieser Reformen die Risiken für die Tragfähigkeit der Rentensysteme zum Teil verringert werden, doch in jüngerer Zeit gerieten Reformen zusehends ins Stocken. In einigen Fällen wurden Maßnahmen sogar wieder aufgehoben bzw. drohen aufgehoben zu werden.
Insbesondere bereits hoch verschuldete Länder müssen sich für die künftigen demografischen Herausforderungen wappnen. Länder ohne fiskalischen Reserven sollten weitere Reformen beschließen, um den potenziellen Ausgabendruck vonseiten des Sozialversicherungssystems gering zu halten. Bereits beschlossene Reformen sollten keinesfalls rückgängig gemacht werden. Die konkreten Maßnahmen zur Umsetzung der notwendigen Reformen können je nach Ausgangsposition und gesellschaftspolitischen Präferenzen von Land zu Land variieren. Einige Staaten könnten etwa die Rentenanwartschaft neu regeln und die private Altersvorsorge noch stärker als bislang fördern. Andere ziehen es womöglich vor, bei unveränderten Leistungsquoten das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln. Und andere wiederum könnten höhere Beitragssätze beschließen, wobei dies möglicherweise eine große Bürde für die jüngere Generation bedeuten würde. Diese Optionen schließen sich nicht gegenseitig aus und können miteinander kombiniert werden. Bei der konkreten Ausgestaltung der Rentenreformen gilt es auch, auf mögliche Folgen für das Arbeitskräfteangebot und die Angebotsseite der Volkswirtschaft zu achten. Ein höheres Potenzialwachstum ist nämlich für die Verbesserung des gesellschaftlichen Wohlstands von entscheidender Bedeutung. Idealerweise sollten Rentenreformen durch Arbeitsmarktreformen ergänzt werden, die in erster Linie darauf abzielen, die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitskräfte zu erhöhen. Zu guter Letzt steht die Finanzpolitik vor der großen Herausforderung, darauf zu achten, dass sich die Unsicherheit bezüglich des Risikos einer Umkehr von Reformen, die wiederum die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beeinträchtigen könnten, nicht verstärkt.
SWP von den anfälligsten Ländern am wenigsten eingehalten
Insofern ist es beunruhigend, dass ausgerechnet die Länder mit der höchsten Schockanfälligkeit die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) am wenigsten einhalten. Tatsächlich sind die meisten Staaten, die noch keine soliden Haushaltspositionen aufweisen, der Kommissionsprognose zufolge 2018 ihren nach dem SWP bestehenden Verpflichtungen nicht nachgekommen. Von den sieben Ländern des Eurogebiets, bei denen nach Einschätzung der Kommission 2018 die Gefahr einer Abweichung von den Vorgaben der präventiven SWP-Komponente besteht, weisen vier (Belgien, Frankreich, Italien und Portugal) eine Schuldenquote von über 90 % auf. In Spanien, das sich 2018 als einziges Land in einem Defizitverfahren befand, kann die zu erwartende fristgerechte Defizitkorrektur im Jahr 2018 zudem nicht über das hohe strukturelle Defizit hinwegtäuschen, das entgegen der empfohlenen Verbesserung weiter zunimmt. Aus der Bewertung der Europäischen Kommission geht ferner hervor, dass sich gemäß den Übersichten über die Haushaltsplanung 2019 nur zehn Länder zum Ziel gesetzt haben, die Vorgaben des SWP einzuhalten. Besonders besorgniserregend hierbei ist, dass die meisten Staaten mit einer hohen Schuldenquote nicht dazu zählen.
Reformdynamik im Euroraum nach wie vor verhalten
Reformen stocken – keine einzige länderspezifische Empfehlung aus 2017 vollständig umgesetzt
Die länderspezifischen Empfehlungen sind auf die einzelnen Länder zugeschnittene Vorgaben für die Stärkung von Wachstum und Widerstandsfähigkeit unter Sicherstellung solider Staatsfinanzen. Gebilligt werden diese Empfehlungen gemeinsam von den Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Rats. Ähnlich wie im Vorjahr kam die Kommission 2018 zu dem Ergebnis, dass bei der überwältigenden Mehrheit (d. h. bei mehr als 90 %) der Reformempfehlungen nur „einige“ bzw. „begrenzte“ Fortschritte erzielt wurden; keine einzige Empfehlung wurde vollständig umgesetzt (siehe Abbildung 8).[9]
Abbildung 8
Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen durch die Euro-Länder
Gut ausgestaltete Strukturreformen könnten den Bürgerinnen und Bürgern des Euro-Währungsgebiets über ein kräftigeres und verstärkt auf Inklusion abzielendes Beschäftigungs- und Einkommenswachstum erhebliche Vorteile bringen. Aus einer aktuellen vom Eurosystem durchgeführten Analyse geht hervor, dass es eine breite Palette an Möglichkeiten gibt, Reformen umzusetzen, die gleichzeitig die Wirtschaft krisenresistenter machen, das langfristige Wachstum steigern und die soziale Gerechtigkeit verbessern.[10] Dies wären zum Beispiel Reformen zur Bekämpfung des „Rent Seeking“, insbesondere Reformen, die dazu dienen, den Wettbewerb an den Gütermärkten und die Qualität der öffentlichen Institutionen zu erhöhen. Auch Maßnahmen zur Förderung von Bildung und lebenslangem Lernen verbessern nicht nur die langfristigen Wachstumsaussichten einer Volkswirtschaft sondern auch die Beschäftigungsaussichten benachteiligter Gesellschaftsgruppen.
1.3 Inflation auf höherem Niveau
Die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Gesamtinflation im Euroraum stieg 2018 auf durchschnittlich 1,7 %, verglichen mit 1,5 % im Vorjahr. Hierin spiegelte sich hauptsächlich der größere Beitrag der Energiepreise und – in geringerem Umfang – der Nahrungsmittelpreise wider. Dagegen zeigte sich der Beitrag der am HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel gemessenen zugrunde liegenden Inflation weitgehend unverändert. Diese blieb im Berichtsjahr verhalten und entwickelte sich mit rund 1 % im Wesentlichen seitwärts (siehe Abbildung 9).
Abbildung 9
Teuerungsrate nach dem HVPI und Beiträge der Komponenten
Das unterjährige Verlaufsmuster der HVPI-Gesamtinflation wurde maßgeblich von der Entwicklung der Energiepreise beeinflusst. Aufgrund steigender Rohölnotierungen gewann der Preisauftrieb bei Energie zwischen April und Juli deutlich an Dynamik. Danach verblieb die Jahresänderungsrate auf einem hohen Niveau, wobei im Oktober 2018 ein Höchststand von nahezu 11 % erreicht wurde. Damit stieg der Beitrag des Energiepreisanstiegs zur Gesamtinflation von 0,2 Prozentpunkten im ersten Jahresviertel 2018 auf 0,9 bzw. 0,8 Prozentpunkte in den letzten beiden Quartalen des Berichtsjahrs. Die Preisentwicklung unverarbeiteter Nahrungsmittel trug zu diesem unterjährigen Verlaufsmuster bei: Witterungsbedingt kam es in den Sommermonaten zu einem kräftigen Anstieg der Jahresänderungsraten bei Obst- und Gemüsepreisen, der sich in den letzten Monaten des Jahres aber wieder umkehrte. Dadurch erhöhte sich wiederum der Beitrag der unverarbeiteten Nahrungsmittel zur Gesamtinflation von 0 Prozentpunkten im ersten Jahresviertel 2018 auf über 0,2 Prozentpunkte im September 2018, bevor er sich im Schlussquartal wieder etwas verringerte.
Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel weiterhin verhalten
Die am HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel gemessene Teuerung blieb gegenüber 2017 unverändert. Wie andere Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation entwickelte sie sich im Jahresverlauf im Großen und Ganzen seitwärts.[11] Rechnet man allerdings auch die schwankungsanfälligeren Komponenten Bekleidung und Reisen heraus, verzeichnete diese Messgröße der zugrunde liegenden Inflation jedoch einen Anstieg.
Die eher verhaltene Entwicklung der HVPI-Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel ließ sich bei beiden Hauptkomponenten, d. h. bei den Industrieerzeugnissen ohne Energie und den Dienstleistungen, beobachten. Der Preisanstieg bei Industrieerzeugnissen ohne Energie verlief etwas volatil. Er ließ bis September 2018 nach und verstärkte sich anschließend leicht, sodass er im Gesamtjahr 2018 wie im Vorjahr bei 0,4 % lag. Bei den Indikatoren des auf verschiedenen Stufen der Preissetzungskette auftretenden Preisdrucks stiegen sowohl die Jahresänderungsrate der Erzeugerpreise für im Inland verkaufte Konsumgüter ohne Nahrungsmittel als auch jene der Einfuhrpreise für Konsumgüter ohne Nahrungsmittel im Verlauf des Berichtsjahrs an. In der Entwicklung der Einfuhrpreise zeigte sich im Wesentlichen der nachlassende Effekt der im Jahr 2017 erfolgten Euro-Aufwertung. Bei den Erzeugerpreisen dürfte dagegen der Anstieg der Vorleistungskosten und der Einzelhandelsumsätze zum Tragen gekommen sein. Bei den Dienstleistungen war die Teuerung mit 1,3 % im Berichtsjahr weitgehend unverändert und lag damit noch immer weit unter dem langfristigen Durchschnitt. Im Schlussquartal 2018 stieg die Jahresänderungsrate der Dienstleistungspreise geringfügig an, worin sich jedoch weitgehend der Basiseffekt der recht schwachen Preisentwicklung bei Dienstleistungen in den vergleichbaren Vorjahresmonaten widerspiegelte. Insgesamt kam bei der Teuerung der arbeitskostenintensiven Dienstleistungen das höhere Lohnwachstum noch nicht zum Ausdruck.
Jahreswachstumsrate des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer erneut gestiegen
Der am Anstieg des BIP-Deflators gemessene inländische Kostendruck blieb in den ersten drei Quartalen des Jahres 2018 konstant und lag geringfügig über dem im zweiten Halbjahr 2017 verzeichneten Niveau (siehe Abbildung 10). Die Jahreswachstumsrate des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer, die Mitte 2016 einen Tiefstand erreicht hatte, stieg 2018 weiter an und überschritt im dritten Quartal mit 2,5 % ihren seit 1999 berechneten historischen Durchschnittswert von 2,1 %. Der höhere Lohnzuwachs war insgesamt auf eine bessere Lage am Arbeitsmarkt (siehe Kapitel 1 Abschnitt 2) und auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Faktoren, die einst zu einer Begrenzung des Lohnanstiegs beigetragen hatten, an Bedeutung verloren. Dazu zählten die Wirkung der formellen und informellen Indexierungsmechanismen angesichts der in der Vergangenheit niedrigen Inflation und die Effekte der in einigen Ländern während der Finanzkrise vorgenommenen Arbeitsmarktreformen. Angesichts nur mäßig günstiger Nachfragebedingungen führte das höhere Lohnwachstum zu einem schnelleren Anstieg der Lohnstückkosten. Entsprechende Auswirkungen auf den inländischen Kostendruck wurden jedoch durch die sich in den letzten Quartalen abschwächende Gewinnentwicklung (gemessen am Bruttobetriebsüberschuss) abgefedert; negativ wirkte dabei unter anderem eine Verschlechterung der Terms of Trade infolge des Ölpreisanstiegs.[12]
Abbildung 10
Aufschlüsselung des BIP-Deflators
Die längerfristigen Inflationserwartungen waren im Berichtsjahr etwas höher als 2017. Gemäß dem Survey of Professional Forecasters der EZB sind die Erwartungen bezüglich der Inflation in fünf Jahren mehrere Quartale in Folge bei 1,9 % geblieben und lagen damit leicht über dem Niveau von 2017. Die marktbasierten Messgrößen der längerfristigen Inflationserwartungen, wie etwa der fünfjährige inflationsindexierte Swapsatz in fünf Jahren, wiesen eine gewisse Volatilität auf. So gingen sie zum Jahresende zurück, blieben aber im Schnitt gegenüber dem Vorjahr weitgehend unverändert.
1.4 Günstige Finanzierungsbedingungen unterstützten Kredit- und Geldmengenwachstum
Im Jahr 2018 waren die Finanzmärkte des Euro-Währungsgebiets von Unsicherheiten bezüglich der globalen und binnenwirtschaftlichen Konjunkturaussichten sowie einer politisch bedingten Risikoaversion geprägt. Letztere stand vor allem im Zusammenhang mit dem Brexit, protektionistischen Tendenzen im Welthandel und der Ungewissheit über den finanzpolitischen Kurs der italienischen Regierung. Die Geldmarktsätze und die Renditen längerfristiger Anleihen verharrten auf sehr niedrigem Niveau, was unter anderem der weiterhin akkommodierenden Geldpolitik der EZB zu verdanken war. Die Finanzierungsbedingungen begünstigten Unternehmensinvestitionen, während das Vermögen der privaten Haushalte den Konsum stützte. Das Geldmengenwachstum ließ nach, gleichzeitig zog die Kreditvergabe an den privaten Sektor weiter an.
Staatsanleiherenditen im Euroraum weitgehend unverändert
Die Staatsanleiherenditen im Euro-Währungsgebiet blieben im Berichtsjahr weitgehend unverändert, wenngleich gegen Jahresende ein leichter Anstieg zu verzeichnen war (siehe Abbildung 11). Zum Ausdruck kamen darin vor allem Ausstrahlungseffekte der allmählichen Rücknahme der geldpolitischen Akkommodierung in den Vereinigten Staaten und der Ausweitung der Renditeaufschläge in Italien, die sich bis dahin nur begrenzt auf andere Staatsanleihemärkte im Euroraum ausgewirkt hatte. Die BIP-gewichtete Durchschnittsrendite zehnjähriger Staatsanleihen im Eurogebiet lag mit 1,01 % am 31. Dezember 2018 praktisch unverändert auf dem Durchschnittsniveau des Vorjahres. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Unsicherheit hinsichtlich der Finanzpolitik weitete sich der Renditeabstand zehnjähriger Staatsanleihen der Euro-Länder gegenüber deutschen Bundesanleihen moderat aus.
Abbildung 11
Renditen zehnjähriger Staatsanleihen im Euroraum, in den Vereinigten Staaten und in Deutschland
Aktienkurse im Euroraum deutlich gesunken
Die Aktienkurse im Euroraum gaben im Berichtsjahr spürbar nach. Ursächlich hierfür waren verstärkte globale Spannungen, die politische Unsicherheit in Italien und die allmähliche geldpolitische Normalisierung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften (siehe Abbildung 12). Konkret waren beim Gesamtindex für die Notierungen nichtfinanzieller Unternehmen im Eurogebiet im Jahresverlauf ein Rückgang um 12,6 % und beim Index für Bankaktien aus dem Euroraum ein Minus von 33,3 % zu verzeichnen. Die Aktienkurse nichtfinanzieller Unternehmen konnten sich in den Vereinigten Staaten besser behaupten als im Euroraum. Dies lag an der kräftigen Konjunkturdynamik, die zum Teil aus den prozyklischen Fiskalimpulsen resultierte.
Abbildung 12
Aktienmarktindizes im Euroraum und in den Vereinigten Staaten
Unternehmensinvestitionen durch Finanzierungsbedingungen begünstigt
Insgesamt wurden die Unternehmensinvestitionen 2018 nach wie vor von günstigen Finanzierungsbedingungen für nichtfinanzielle Unternehmen getragen, wenngleich der Finanzmittelzufluss von außen leicht abnahm (siehe Abbildung 13). In diesem Rückgang spiegelte sich vor allem eine geringere Nutzung „sonstiger“ Finanzierungsquellen wie etwa konzerninterner Darlehen und Handelskrediten wider. Gleichzeitig wurde der Nettoabsatz börsennotierter Aktien, nicht börsennotierter Aktien und sonstiger Anteilsrechte durch Sonderfaktoren und die vergleichsweise hohen Kosten der Eigenfinanzierung gedämpft. Trotz einer sukzessiven Ausweitung der Renditeabstände bei Unternehmensanleihen im Verlauf des Jahres 2018 hatte das im Juni 2016 eingeführte Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) nach wie vor eine stützende Wirkung auf die Emission von Schuldverschreibungen (siehe Kasten 3). Außerdem stieg die Jahreswachstumsrate der Kreditvergabe von Banken an nichtfinanzielle Unternehmen im Berichtsjahr weiter an. Unterstützt wurde die Erholung des Kreditwachstums durch die seit Mitte 2014 im gesamten Euroraum stark sinkenden Bankkreditzinsen (siehe Kapitel 2 Abschnitt 1); auch 2018 gingen die Kreditzinsen weiter zurück. Diese Entwicklung war nicht zuletzt den geldpolitischen Sondermaßnahmen der EZB zuzuschreiben, die insgesamt für eine bessere Angebots- und Nachfragesituation bei Bankkrediten sorgten. Darüber hinaus erzielten die Banken Fortschritte bei der Konsolidierung ihrer Bilanzen, wenngleich das Volumen an notleidenden Krediten in einigen Ländern im Berichtsjahr nach wie vor hoch war.
Abbildung 13
Außenfinanzierung nichtfinanzieller Unternehmen im Euroraum (netto)
Privater Verbrauch durch das Haushaltsvermögen gestützt
Das Nettovermögen der privaten Haushalte erhöhte sich in den ersten drei Quartalen 2018, was den privaten Konsumausgaben Auftrieb verlieh. Vor allem anhaltende Preissteigerungen bei Wohnimmobilien sorgten für beträchtliche Bewertungsgewinne beim Immobilienvermögen der privaten Haushalte. Zugleich hatten allerdings sinkende Aktienkurse Bewertungsverluste beim privaten Geldvermögen zur Folge. Zwar war die Jahresänderungsrate der von Banken an private Haushalte vergebenen Wohnungsbaukredite aus historischer Sicht nach wie vor moderat, die Neukreditvergabe fiel jedoch kräftig aus.[13] Die Bruttoverschuldung der privaten Haushalte – gemessen als prozentualer Anteil am nominal verfügbaren Bruttoeinkommen – lag deutlich über dem durchschnittlichen Vorkrisenniveau.
M3-Wachstum zunehmend durch Kreditwachstum bedingt
Der Zuwachs der Kreditvergabe an den privaten Sektor setzte seinen seit Anfang 2014 zu beobachtenden allmählichen Aufwärtstrend insgesamt fort. Die Jahreswachstumsrate der um Verkäufe, Verbriefungen und fiktive Cash-Pooling-Aktivitäten bereinigten Buchkredite der monetären Finanzinstitute (MFI) an den privaten Sektor erhöhte sich im Dezember 2018 auf 3,4 %, verglichen mit 2,9 % im Dezember 2017 (siehe Abbildung 14). Die Kreditvergabe hat somit ihre Bedeutung als wichtiger Wachstumsmotor der weit gefassten Geldmenge gefestigt (siehe blaue Balkenabschnitte in Abbildung 15), wobei das M3-Wachstum unter der ab Mitte 2015 recht konstanten Marke von rund 5 % blieb (siehe Abbildung 14). Nach 4,6 % Ende 2017 belief sich das jährliche Wachstum der Geldmenge M3 im Dezember 2018 auf 4,1 %. Mit der Verringerung des monatlichen Nettoerwerbs von Vermögenswerten durch das Eurosystem im Rahmen des APP (von 80 Mrd € auf 60 Mrd € im April 2017, auf 30 Mrd € im Januar 2018, auf 15 Mrd € im Oktober 2018 und schließlich auf null Ende Dezember 2018) sank der Wachstumsbeitrag des Ankaufprogramms zur Geldmenge M3 (siehe rote Balkenabschnitte in Abbildung 15). Gleichzeitig wirkte der Nettoabsatz von Staatsanleihen durch gebietsansässige MFIs (ohne Eurosystem) dämpfend auf das M3-Wachstum (siehe hellgrüne Balkenabschnitte in Abbildung 15). Der Beitrag der Nettoforderungen an Ansässige außerhalb des Euroraums kehrte sich im Oktober 2018 trotz der sich ausweitenden Zinsdifferenz zu Forderungen gegenüber Gebietsfremden per saldo ins Positive (siehe gelbe Balkenabschnitte in Abbildung 15).
Abbildung 14
M3 und Kreditvergabe an den privaten Sektor
Abbildung 15
M3 und Gegenposten
M3-Wachstum zunehmend von täglich fälligen Einlagen gestützt
Das Wachstum der Geldmenge M3 war weiterhin durch ihre liquidesten Komponenten bedingt, da die Opportunitätskosten für das Halten liquider Einlagen angesichts der sehr niedrigen Zinsen und einer flachen Zinsstrukturkurve gering waren. Auch der Zuwachs der Geldmenge M1, der auf den starken Anstieg der von privaten Haushalten und nichtfinanziellen Unternehmen gehaltenen täglich fälligen Einlagen zurückzuführen ist, verlangsamte sich und lag im Dezember 2018 bei 6,6 % gegenüber 8,7 % im entsprechenden Vorjahresmonat.
2 Geldpolitik: Geduld, Umsicht und Beharrlichkeit bleiben oberstes Gebot
Angesichts der erheblichen Fortschritte in Richtung einer nachhaltigen Korrektur der Inflationsentwicklung und dank der fundamentalen Stärke der Wirtschaft im Euro-Währungsgebiet sowie der gut verankerten Inflationserwartungen wurden die monatlichen Nettowertpapierkäufe im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) 2018 schrittweise verringert und mit Jahresende eingestellt. Um die Inflation sukzessive auf ein Niveau von mittelfristig unter, aber nahe 2 % bringen zu können, war jedoch weiter eine deutlich akkommodierende Geldpolitik vonnöten, und dieser Kurs wurde mit Geduld, Umsicht und Beharrlichkeit beibehalten. Die diesbezüglichen Weichenstellungen erfolgten über die letzten Nettowertpapierkäufe und den umfangreichen Bestand an bereits erworbenen Vermögenswerten bzw. die damit zusammenhängenden Reinvestitionen sowie über die Forward Guidance im Hinblick auf die – weiterhin historisch niedrigen – Leitzinsen der EZB. Ende 2018 entfielen 72 % der Bilanzsumme der EZB auf Anlagen, die im Zusammenhang mit der Geldpolitik standen, und die Bilanzsumme erreichte mit 4,7 Billionen € einen neuen Höchststand. Dem damit zusammenhängenden Bilanzrisiko begegnete die EZB wie schon bisher mit risikosteuernden Maßnahmen.
2.1 Auslaufen der Nettowertpapierkäufe bei weiterhin deutlich akkommodierender Geldpolitik
Ab 2018 niedrigere monatliche Nettowertpapierkäufe im Rahmen des APP aufgrund des zunehmend robusteren und breiter abgestützten Wirtschaftsaufschwungs
Ende 2017 stand die Wirtschaft im Euroraum im Zeichen eines immer robusteren Wirtschaftsaufschwungs, der zunehmend an Breite gewann. Zum einen wirkte die starke Auslandsnachfrage wachstumsfördernd, zum anderen wurde die Expansion durch die wachsende Nachfrage im Euroraum gestützt, die wiederum von der höheren Beschäftigungsquote, vom Vermögenszuwachs der privaten Haushalte, von der besseren Ertragslage der Unternehmen und den sehr günstigen Finanzierungsbedingungen profitierte. Während der zugrunde liegende Preisdruck verhalten blieb, wuchs mit dem stetigen Abbau der wirtschaftlichen Unterauslastung das Vertrauen in eine nachhaltige Korrektur des Inflationspfads. Auf dieser Basis kündigte der EZB-Rat im Oktober 2017 seine Intention an, die monatlichen Wertpapierkäufe im Rahmen des APP ab Anfang2018 zu verringern.
Dementsprechend wurde das monatliche Ausmaß der Nettowertpapierkäufe per Januar 2018 von 60 Mrd € auf 30 Mrd € reduziert. Der EZB-Rat rechnete damit, das Kaufvolumen bis Ende September 2018 bei 30 Mrd € pro Monat zu belassen, erforderlichenfalls aber auch darüber hinaus und in jedem Fall so lange, bis eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung auf ein Niveau von mittelfristig unter, aber nahe 2 % festzustellen sei.
Niedrige Leitzinsen, weitere Nettowertpapierkäufe und Wiederanlage der Tilgungsbeträge – weiterhin deutlich akkommodierende Geldpolitik
Zugleich blieben die Wirtschaftsaussichten und die Inflationsentwicklung von der weiteren Unterstützung durch die geldpolitischen Maßnahmen des EZB-Rats abhängig. Mit den laufenden Nettowertpapierkäufen wurde der akkommodierende Kurs beibehalten. Zudem wurden die Zinssätze für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte, die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität unverändert bei 0,00 %, 0,25 % bzw. −0,40 % belassen (siehe Abbildung 16). Zusätzliche Impulse setzte der EZB-Rat mit seiner Forward Guidance, d. h. mit entsprechenden Signalen, dass die EZB-Leitzinsen noch längere Zeit und weit über den Zeithorizont der Nettowertpapierkäufe hinaus auf ihrem aktuellen Niveau bleiben würden. Darüber hinaus brachte der EZB-Rat seine Absicht zum Ausdruck, die Reinvestition der Tilgungsbeträge auch nach Auslaufen der APP-Nettoankäufe noch längere Zeit und jedenfalls so lange wie erforderlich fortzuführen.
Abbildung 16
Leitzinsen der EZB
Obwohl sich das Wirtschaftswachstum aufgrund der nachlassenden Exportnachfrage nicht ganz so stark wie in dem von einer besonders hohen Wachstumsdynamik geprägten Jahr 2017 entwickelte, blieb die Binnennachfrage robust, wovon der breit angelegte Konjunkturaufschwung im Euroraum im ersten Halbjahr profitierte. Während die Risiken einer erhöhten Finanzmarktvolatilität und globale Unsicherheitsfaktoren wie etwa protektionistische Maßnahmen an Bedeutung gewonnen hatten, blieben die Risiken rund um die Wachstumsaussichten im Euroraum vorläufig weitgehend ausgewogen.
Die hohe Kapazitätsauslastung, die angespannte Arbeitsmarktlage und steigende Lohnzuwächse trugen zu einem weiteren Anstieg des Preisdrucks im Euroraum bei, wobei die Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation zwar nach oben gingen, aber insgesamt moderat blieben. Die im Juni 2018 von Experten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen standen im Einklang mit einer allmählichen Annäherung der Inflation an ein Niveau von unter, aber nahe bei 2 % auf mittlere Sicht. Bezüglich der Inflationsaussichten herrschte indes spürbar weniger Unsicherheit, und es war auch kein Deflationsrisiko mehr gegeben.
Vertrauen in nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung
Bei seiner geldpolitischen Sitzung im Juni 2018 konnte der EZB-Rat erhebliche Fortschritte im Hinblick auf eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung feststellen. Aufgrund der fundamentalen Stärke der Wirtschaft im Euroraum und angesichts der fest verankerten Inflationserwartungen konnte darauf vertraut werden, dass die nachhaltige Annäherung der Teuerungsrate an das Inflationsziel auch nach dem sukzessiven Auslaufen des Nettoerwerbs von Vermögenswerten andauern würde.
In diesem Zusammenhang bestätigte der EZB-Rat bei seiner Juni-Sitzung die Fortsetzung der Nettowertpapierkäufe im Rahmen des APP im Umfang von monatlich 30 Mrd € bis Ende September 2018. Für das letzte Quartal wurde eine abermalige Halbierung auf 15 Mrd € angedacht, vorausgesetzt die Datenlage würde die mittelfristigen Inflationsaussichten ab September bestätigen. Mit Ende Dezember 2018 sollten die Nettoankäufe schließlich auslaufen.
Nachjustierte Forward Guidance unterstützt geldpolitische Impulse
Angesichts der vorherrschenden Unsicherheiten waren aber trotzdem weiterhin Geduld, Umsicht und Beharrlichkeit geboten, weil die Entwicklung des zugrunde liegenden Preisdrucks nach wie vor von einer umfangreichen geldpolitischen Akkommodierung abhing. Dementsprechend setzte die EZB auf eine glaubhafte und effektive Forward Guidance im Hinblick auf die Nutzung des übrigen geldpolitischen Instrumentariums, um die nachhaltige Annäherung des Inflationsniveaus an das Inflationsziel der EZB zusätzlich zu stützen:
- Zum einen erweiterte der EZB-Rat seine Forward Guidance zum künftigen Leitzinskurs: Die Leitzinsen sollen zumindest über den Sommer 2019 auf ihrem aktuellen Niveau bleiben; jedenfalls aber so lange wie notwendig, um die Inflation nachhaltig auf ein Niveau von unter, aber nahe 2 % auf mittlere Sicht bringen zu können. Durch die zeitliche Präzisierung der Forward Guidance und die Ergänzung einer zustandsabhängigen Komponente wurde mehr Klarheit hinsichtlich der Leitzinsentwicklung geschaffen: Auf diese Weise konnten die Erwartungen hinsichtlich der Leitzinspolitik fester verankert werden und die davon abhängigen Finanzierungskonditionen verbessert werden, um die weitere Annäherung der Teuerungsrate an das Inflationsziel zu unterstützen. Die zustandsabhängige Komponente der Forward Guidance, also die Koppelung einer ersten Leitzinsanhebung an eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung, stand in dieser Hinsicht mit der mittelfristig ausgelegten vorausschauenden geldpolitischen Strategie der EZB im Einklang und unterstrich die Glaubwürdigkeit des Bekenntnisses des EZB-Rats zu seinem Preisstabilitätsziel. Zugleich ließ die erweiterte Forward Guidance zu den Leitzinsen ausreichend Spielraum für geldpolitische Entscheidungen.
- Zum anderen wurde die Forward Guidance zur Reinvestition der Tilgungsbeträge im Rahmen des APP bestätigt. So wurde klargestellt, dass frei werdendes Kapital auch nach Einstellung der Nettowertpapierkäufe noch längere Zeit reinvestiert werden würde – und jedenfalls so lange dies notwendig wäre, um die günstigen Liquiditätsbedingungen weiterhin abzusichern und den deutlich akkommodierenden geldpolitischen Kurs beizubehalten.
Die Geldpolitik war angesichts des von Unsicherheit geprägten Klimas und der nur allmählich anziehenden zugrunde liegenden Inflation gefordert, weiterhin mit Geduld, Umsicht und Beharrlichkeit zu agieren. Denn der hohe Akkommodierungsgrad der Geldpolitik würde selbst nach dem Auslaufen des Nettoerwerbs im Rahmen des APP beibehalten werden müssen. Jedenfalls hatte der Beschluss vom Juni zur Folge, dass künftig die geldpolitischen Impulse nicht mehr über die Nettowertpapierkäufe sondern über die Leitzinsen sowie über die Forward Guidance zur Leitzinsentwicklung gesetzt werden würden. Summa summarum galt es, bei der Kommunikation eine fein austarierte Balance zu finden: zwischen der Weichenstellung für das Auslaufen der Nettokäufe Ende 2018 und der Betonung der fortwährenden Bereitschaft, so lange wie notwendig ausreichende geldpolitische Impulse zu setzen.
Die Wirtschaftsdaten im Herbst fielen schwächer als erwartet aus, was auf eine geringere Außennachfrage, teilweise aber auch auf länder- und sektorspezifische Binnenfaktoren zurückzuführen war. Während damit zu rechnen war, dass einige dieser Entwicklungen nur vorübergehender Natur sein würden, stand in anderen Fällen eine Abschwächung der Wachstumsdynamik im Raum. Unterdessen stützte die nach wie vor starke Binnennachfrage weiterhin die wirtschaftliche Expansion im Euroraum und den sukzessive zunehmenden Inflationsdruck. Vor dem Hintergrund einer hohen Kapazitätsauslastung und der zunehmend angespannten Arbeitsmarktlage, die wiederum das Lohnwachstum in die Höhe trieb, nahm der binnenwirtschaftliche Kostendruck zu und erfasste immer mehr Bereiche. Die Risiken für den Wachstumsausblick wurden insgesamt noch immer als weitgehend ausgewogen erachtet. Allerdings gewannen die Abwärtsrisiken zunehmend an Gewicht, und zwar aufgrund geopolitischer Faktoren, drohender protektionistischer Maßnahmen, Anfälligkeiten in aufstrebenden Märkten sowie der volatilen Entwicklung an den Finanzmärkten – Faktoren, die allesamt im Laufe des Sommers an Bedeutung gewonnen hatten und bis zum Ende des Jahres 2018 nicht wieder in den Hintergrund traten.
Stark akkommodierende Geldpolitik auch nach Auslaufen der Wertpapierkäufe erforderlich
Im Dezember kam der EZB-Rat im Zuge der Überprüfung der Wirtschaftsaussichten auf Basis der neuesten Datenlage zu dem Schluss, dass die generelle Einschätzung die Prognose vom Juni weitgehend bestätigte. Aufgrund der allgemein starken Nachfrage im Euroraum war davon auszugehen, dass sich die Teuerungsrate sukzessive weiter dem Inflationsziel der EZB annähern würde und dass dies auch nach der Einstellung der Nettoankäufe so bleiben würde. Auf dieser Basis erschien es dem EZB-Rat zweckmäßig, die Nettowertpapierkäufe im Rahmen des APP wie angedacht mit Dezember 2018 auslaufen zu lassen. Zugleich waren im Hinblick auf die weitere Annäherung der Teuerungsrate an das Inflationsziel weiterhin Geduld, Umsicht und Beharrlichkeit geboten. Aus diesem Grund wurde die Forward Guidance zur Reinvestition der Tilgungsbeträge erweitert. So stellte der EZB-Rat klar, dass frei werdendes Kapital auch nach Auslaufen der Nettowertpapierkäufe noch längere Zeit reinvestiert werden würde – jedenfalls so lange dies notwendig wäre, um die günstigen Liquiditätsbedingungen weiterhin abzusichern und den deutlich akkommodierenden geldpolitischen Kurs beizubehalten. Durch die Koppelung des Wiederanlagehorizonts an die Anhebung der EZB-Leitzinsen wurde bestätigt, dass die Leitzinsentwicklung und die diesbezügliche Forward Guidance die Hauptinstrumente zur Anpassung des geldpolitischen Kurses bleiben würden. Verstärkt durch die laufende Reinvestition des umfangreichen Wertpapierbestands würde die Forward Guidance zur Leitzinsentwicklung für jenes Ausmaß an geldpolitischer Lockerung sorgen, das für die nachhaltige Annäherung der Inflation an ein Niveau von unter, aber nahe bei 2 % auf mittlere Sicht notwendig ist.
EZB-Maßnahmen sicherten weiterhin sehr günstige Finanzierungsbedingungen und Wirtschaftsaufschwung
Reibungslose Abwicklung der Nettowertpapierkäufe
Das APP konnte reibungslos fortgesetzt werden, sowohl im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP) als auch im Rahmen der Programme zum Ankauf von Wertpapieren des privaten Sektors – also von Asset-Backed Securities (ABSPP), Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) und gedeckten Schuldverschreibungen (CBPP3). Der monatliche Nettoerwerb deckte sich im Durchschnitt mit den Vorgaben des EZB-Rats, nämlich je 30 Mrd € von Januar bis September und je 15 Mrd € von Oktober bis Dezember (siehe Abbildung 17). Dabei lagen die Ankäufe aufgrund saisonaler Schwankungen in der Marktliquidität im August unter dieser Marke, die Differenz wurde aber durch etwas höhere Volumina im restlichen Jahresverlauf ausgeglichen. In den einzelnen Mitgliedstaaten führte die Tilgung fällig werdender Anleihen im Rahmen der einzelnen Programme zu beträchtlichen Schwankungen im Niveau der monatlichen Bruttokäufe. In relativer Hinsicht wichen die monatlichen Nettokäufe insgesamt jedoch kaum vom jeweiligen Zielwert ab. Der PSPP-Bestand zu Jahresende stand im Einklang mit den auf Basis des Kapitalschlüssels angepeilten nationalen Anteilen. Auf die Entwicklung der Liquidität der Staatsanleihemärke im Euroraum hat sich die Umsetzung des PSPP nicht negativ ausgewirkt (siehe Kasten 2). Die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (GLRGs) (siehe Kapitel 2 Abschnitt 2) trugen zu den sehr günstigen Finanzierungsbedingungen bei und stützten so die anhaltende Korrektur der Inflationsentwicklung.
Abbildung 17
Monatliche Nettoankäufe und Tilgungen im Rahmen des APP (2018)
Kasten 2
Die Liquidität an den Staatsanleihemärkten im Euroraum und die Umsetzung des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors
Die Liquidität an den Staatsanleihemärkten im Euroraum ist für die Transmission der Geldpolitik der EZB von großer Bedeutung. Insbesondere wirkt sich ein liquider Markt förderlich auf den Zusammenhang zwischen den geldpolitischen Beschlüssen der EZB, der Zinsstrukturkurve, den Preisen für finanzielle Vermögenswerte allgemein und den gesamten Finanzierungskosten und der Kapitalallokation in der Wirtschaft aus. Seit dem Start des EZB-Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP), im Rahmen dessen das Eurosystem einen beträchtlichen Anteil ausstehender Staatsanleihen von Euro-Ländern erworben hat, ist es noch wichtiger, die Liquidität am Staatsanleihemarkt genau zu überwachen. Vor diesem Hintergrund werden in diesem Kasten zwei der von der EZB regelmäßig beobachteten Liquiditätsindikatoren vorgestellt. Insgesamt lässt sich an diesen beiden Indikatoren ablesen, dass der Start des PSPP bzw. Änderungen des monatlichen Ankaufvolumens die Liquiditätsbedingungen auf den Staatsanleihemärkten nicht markant beeinflusst haben.
Ein liquider Markt zeichnet sich im Allgemeinen dadurch aus, dass die Durchführung von Standardtransaktionen nur geringe Auswirkungen auf die Preise hat. Mit anderen Worten: Merkmale eines liquiden Marktes sind „tiefe“ Orderbücher, die sich nach Ausführung eines Geschäfts innerhalb kurzer Zeit wieder füllen. So kommt es nach einer Transaktion lediglich zu minimalen und vorübergehenden Preisveränderungen. Wenn davon ausgegangen wird, dass sich aus einem durchgeführten Geschäft neue Informationen über den fundamentalen Wert des gehandelten Vermögenswerts ergeben, käme es naturgemäß zu einer entsprechenden Anpassung der notierten Ask- und Bid-Kurse, aber das Orderbuch hätte auch auf dem neuen Niveau immer noch Tiefe.
Indikatoren der Marktliquidität beziehen sich in der Regel auf bestimmte Aspekte der Transaktionskosten, der Markttiefe bzw. der Marktelastizität. Der einfachste Indikator ist der notierte Bid-Ask-Spread, der Aufschluss darüber gibt, wie hoch die Kosten einer Transaktion voraussichtlich sein werden. Aussagekräftigere Indikatoren lassen sich dadurch konstruieren, dass diese Spread-Informationen beispielsweise mit Angaben zur Orderbuchtiefe kombiniert werden. Bei Letzterer handelt es sich um ein Maß für das Transaktionsvolumen, das der Markt zu einem gegebenen Zeitpunkt problemlos absorbieren kann. Messgrößen der Markttiefe werden für gewöhnlich auf Grundlage von Daten aus Limit-Orderbüchern[14] erstellt, d. h. den Händlern zur Verfügung stehenden Echtzeit-Volumen- und Kurstabellen. Die Elastizität hängt von der Marktdynamik ab, also beispielsweise davon, wie lange es nach der Ausführung eines Geschäfts dauert, bis die Orderbücher wieder gefüllt sind. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der zeitlichen Dimension der Marktliquidität.
Im vorliegenden Kasten wird die Liquidität an den Staatsanleihemärkten im Euroraum unter Zugrundelegung einer auf dem Orderbuch basierenden Liquiditätsgröße[15] und eines Liquiditätsindikators, der auf ausgeführten Transaktionen beruht,[16] untersucht. Zwar werden für diese Indikatoren unterschiedliche Marktdatensätze (d. h. Daten aus Limit-Orderbüchern bzw. Notierungen) verwendet, doch liegt der Fokus im Wesentlichen auf den Liquiditätsdimensionen Kosten und Markttiefe.
Sowohl der Indikator für die Orderbuchliquidität als auch der Indikator für die ausführungsbasierte Liquidität legen den Schluss nahe, dass sich die Liquiditätslage am Markt für Staatsanleihen im Eurogebiet seit dem Start des PSPP nicht verschlechtert hat (siehe Abbildung A). Zwar zeigten beide Indikatoren im Beobachtungszeitraum eine gewisse Volatilität, ein nachhaltiger Aufwärtstrend lässt sich daraus aber ungeachtet des im Zeitverlauf erfolgten beträchtlichen Aufbaus von PSPP-Beständen nicht ablesen. Ebenso wenig gab es eine markante Reaktion der Indikatoren auf Änderungen des monatlichen Ankaufvolumens im Rahmen des PSPP, auch wenn sich hinter dem Aggregat gewisse nationale Unterschiede verbergen könnten.
Abbildung A
Indikatoren für die Liquidität an den Staatsanleihemärkten im Euroraum seit Beginn des PSPP
Abbildung A zeigt, dass diese Indikatoren dazu tendieren, bei politischen und wirtschaftlichen Ereignissen, die mit einer erwarteten Verschlechterung der Marktliquidität verbunden sind, sprunghaft anzusteigen. So wurden z. B. während des sogenannten „Bund Tantrum“[17] (beginnend mit dem 28. April 2015) und nach der Volksabstimmung im Vereinigten Königreich über die EU-Mitgliedschaft (am 23. Juni 2016) solche Ausschläge verzeichnet. Die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten (am 8. November 2016) und in Frankreich (am 23. April 2017) spiegelten sich ebenfalls in höheren Indikatorwerten wider. Der stärkste Ausschlag wurde allerdings in der spannungsgeladenen Phase rund um die Bildung der neuen italienischen Regierung beobachtet (ab dem 28. Mai 2018); damals kam es vor allem auf dem italienischen Markt zu einer Verringerung der Liquidität. Die Ausschläge spiegeln zumeist länderspezifische Verschlechterungen der Liquiditätslage wider, die nur begrenzt auf andere Märkte übergreifen. Abgesehen davon kommt es normalerweise über den Sommer und gegen Jahresende zu einer Verschlechterung der Liquidität, wobei dies aufgrund des großen Maßstabs in der Grafik nicht so leicht zu erkennen ist. Die Entwicklung des ausführungsbasierten Indikators ähnelt außerdem jener des Orderbuch-Indikators, scheint aber ein stärkeres statistisches Rauschen widerzuspiegeln. Ein gewichteter Indikator, der auf robuste Gewichtungsmethoden aufbaut oder in den eine breite Palette von Messgrößen einfließt, könnte das Rauschen in den einzelnen Indikatoren verringern.
Unternehmen und Haushalte profitieren von den sehr günstigen Finanzierungsbedingungen der Banken
Die akkommodierende geldpolitische Ausrichtung und die solideren Bankbilanzen trugen weiterhin zu günstigen Konditionen für Bankfinanzierungen bei. Im zweiten Halbjahr 2018 wurde zwar die Bandbreite der Finanzierungskosten unter den Ländern des Euroraums größer, die Kosten blieben aber deutlich unter dem Niveau vor der Erleichterung des Kreditzugangs durch entsprechende Maßnahmen der EZB ab Juni 2014 (siehe Abbildung 18). Mit der Weitergabe ihrer sehr günstigen Refinanzierungsbedingungen an die Wirtschaft boten die Banken den Unternehmen und privaten Haushalten im Euroraum weiterhin attraktive Kreditbedingungen. Die Zinsen für Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen und an private Haushalte blieben in der Nähe ihrer historischen Tiefstände. Die Kreditzinsen sanken von Anfang Juni 2014 bis Dezember 2018 um etwa 130 bzw. 110 Basispunkte, d. h. deutlicher stärker als die Referenzzinssätze (siehe Abbildung 19).
Abbildung 18
Fremdfinanzierungskosten der Banken (gewichtet)
Abbildung 19
Bankkreditzinsen für nichtfinanzielle Unternehmen und private Haushalte (gewichtet)
Auch die Marktfinanzierung blieb für Unternehmen sehr günstig, wobei die CSPP-Ankäufe weiterhin auf die Renditeabstände von Unternehmensanleihen drückten (siehe Kasten 3). Trotzdem zogen die Spreads auf Investment-Grade-Unternehmensanleihen 2018 im Zuge der steigenden Unsicherheiten im Hinblick auf die Wirtschaftsaussichten für den Euroraum und die Weltwirtschaft gegenüber den Tiefständen nach der Krise schrittweise an.
Die Kreditvergabe an den privaten Sektor profitierte weiterhin von den sehr günstigen Finanzierungsbedingungen. Der seit Anfang 2014 verzeichnete allmähliche Aufwärtstrend bei der Bankkreditvergabe an nichtfinanzielle Unternehmen und private Haushalte setzte sich fort (siehe Kapitel 1 Abschnitt 4). Der Nettoabsatz von Schuldverschreibungen durch nichtfinanzielle Unternehmen wurde weiterhin, wenn auch etwas weniger als im Vorjahr, vom CSPP gestützt (siehe Kasten 3). Laut der Wertpapieremissionsstatistik[18] der EZB summierten sich die Nettoneuemissionen in Euro von Januar bis November 2018 auf 56 Mrd €, verglichen mit 91 Mrd € im Vergleichszeitraum des Jahres 2017. In Fremdwährungen kamen die Nettoneuemissionen in diesem Zeitraum auf −3 Mrd € gegenüber einem Vorjahreswert von −7 Mrd €; dies bestätigt die Anreizwirkung des CSPP für die Unternehmen im Euroraum, neue Mittel über die Begebung von Anleihen in Euro aufzubringen und die Wertpapierverschuldung in anderen Währungen abzubauen.
Erhöhte Kreditvergabe und leichtere Kreditaufnahme aufgrund der niedrigen Leitzinsen und der APP-Ankäufe
Vor dem Hintergrund der geldpolitischen Maßnahmen der EZB meldeten die Banken auch 2018 eine Lockerung der Kreditrichtlinien und der Konditionen für die Vergabe neuer Kredite generell. Laut der Umfrage zum Kreditgeschäft im Euro-Währungsgebiet trug das APP weiterhin dazu bei, dass die Banken neue Unternehmens- und Haushaltskredite insgesamt zu günstigen Konditionen anboten. Darüber hinaus wirkten sich die geldpolitischen Maßnahmen der EZB auch positiv auf das Volumen der Bankkreditvergabe aus. Die Kreditnachfrage wurde weiterhin durch das Niedrigzinsniveau und den anhaltenden Wirtschaftsaufschwung im Euroraum gestützt (siehe Kapitel 1 Abschnitt 4). Der jüngsten Umfrage über den Zugang von Unternehmen zu Finanzmitteln[19] zufolge haben sich die externen Finanzierungsbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen 2018 weiter verbessert, gestützt durch die deutlich akkommodierende Geldpolitik sowie aufgrund der Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierungskonditionen für solche Unternehmen (siehe Kasten 3).
Kasten 3
Effekte der CSPP-Ankäufe auf die Unternehmensfinanzierung im Euroraum
Zweck des Kaufprogramms für Unternehmensanleihen im Rahmen des EZB-Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) ist es, die Finanzierungsbedingungen für die Realwirtschaft des Euroraums zu verbessern. Auf Grundlage der hier kurz zusammengefassten Analysen der EZB lässt sich sagen, dass sich nichtfinanzielle Unternehmen im Euroraum mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) deutlich günstiger finanzieren konnten. So sorgte das CSPP für einen Rückgang der Spreads bei Unternehmensanleihen und für eine angebotsseitige Belebung am Primärmarkt für Unternehmensanleihen. Darüber hinaus dürfte das CSPP die Bankkreditvergabe an nichtfinanzielle Unternehmen, die sich nicht über den Anleihemarkt finanzieren, angekurbelt haben.[20]
Das CSPP als Bestandteil des APP
Im Rahmen des CSPP kaufte das Eurosystem auf Euro lautende Investment-Grade-Anleihen, die von im Euroraum ansässigen Nichtbanken (also von nichtfinanziellen Unternehmen und Versicherungsgesellschaften) aufgelegt wurden. Mit den Wertpapierkäufen wurde am 8. Juni 2016, d. h. drei Monate nach der Ankündigung des CSPP (10. März 2016), begonnen. Seit damals hat das Eurosystem Unternehmensanleihen sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt erworben. Gekauft werden konnten nur Wertpapiere, die zur Besicherung von Refinanzierungsgeschäften des Eurosystems zugelassen waren und auf Euro lauteten. Zum Zeitpunkt der Einstellung der Nettowertpapierkäufe im Rahmen des APP Ende Dezember hatte das Eurosystem Unternehmensanleihen im Wert von 178 Mrd € in seinem Bestand, womit das CSPP knapp 7 % des gesamten APP-Portfolios ausmachte.
Auswirkungen auf die Kosten der Unternehmensfinanzierung: kleinere Renditeabstände bei Unternehmensanleihen
Nach der Ankündigung des CSPP im März 2016 verringerten sich die Spreads bei Unternehmensanleihen nach und nach bis Ende 2017; erst im Lauf des Jahres 2018 kam es wieder zu einer schrittweisen Ausweitung (siehe Abbildung A). Ökonometrische Analysen[21] zeigen, dass der kontinuierliche Spreadrückgang bei Unternehmensanleihen, die für Ankäufe im Rahmen des CSPP infrage kommen, von Mitte 2016 bis Ende 2017 im Wesentlichen auf die CSPP-Ankäufe zurückzuführen ist. Durch diesen Rückgang kam es zu Portfolioumschichtungen, die wiederum zu einer Verringerung der Renditeabstände bei sonstigen Unternehmensanleihen führten, die die CSPP-spezifischen Anforderungen nicht erfüllen.[22] Im Jahr 2018 glichen Unsicherheiten auf globaler Ebene und im Euroraum die Effekte des CSPP allerdings mehr als aus und trugen zum schrittweisen Anstieg des Kreditrisikos und damit der Spreads im Unternehmensanleihesegment bei. Die Beendigung der CSPP-Ankäufe und damit der Wegfall des damit zusammenhängenden Nachfragedrucks Ende 2018 gingen mit einem Anstieg der Kreditrisikoprämien und der Unternehmensanleihebewertungen einher; diese bewegten sich wieder in Richtung der vor Ankündigung des CSPP beobachteten Werte.
Abbildung A
Spreads bei Investment-Grade-Unternehmensanleihen und Zusatzprämien auf Anleihen im Euroraum
Effekte auf die Emissionstätigkeit nichtfinanzieller Unternehmen
Das CSPP belebte auch am Primärmarkt das Angebot an Unternehmensanleihen, wobei insbesondere Emittenten CSPP-fähiger Anleihen angesprochen wurden. Der im März 2016 bei nichtfinanziellen Unternehmen zu beobachtende Anstieg der Nettoemissionen ging Hand in Hand mit der Ankündigung des CSPP und dem Spreadrückgang bei Unternehmensanleihen. Die Nettoemissionstätigkeit liegt seither über dem Niveau der Vorjahre. Außerdem verfügen die neu aufgelegten CSPP-fähigen Anleihen über eine längere Laufzeit, was zu einer deutlichen Ausweitung der durchschnittlichen Restlaufzeit des Bestands an vorrangigen unbesicherten Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Status beitrug. Die empirischen Daten lassen ferner darauf schließen, dass mit dem CSPP die Emissionstätigkeit insbesondere im Euro-Segment statt in anderen Währungen weiter angekurbelt wurde. Zudem dürften das Niedrigzinsumfeld und die niedrigen Spreads bei Unternehmensanleihen es auch für Emittenten mit weniger guten Ratings attraktiv gemacht haben, Anleihen zu begeben.
Folgen für die Refinanzierungsstruktur von Unternehmen
Die in den letzten zweieinhalb Jahren gestiegenen Anleiheemissionen nichtfinanzieller Unternehmen sind ein Indiz dafür, dass sich einzelne Unternehmen zumindest anfänglich verstärkt am Kapitalmarkt statt über Banken finanzierten.[23] Wie Analysen der EZB für den Zeitraum von Ende 2015 bis Mitte 2017 auf Basis einer umfangreichen Stichprobe an nichtfinanziellen Unternehmen für den Euroraum verdeutlichen, erhöhte sich bei Unternehmen, die CSPP-fähige Anleihen auflegten, der Anteil der Anleiheverbindlichkeiten, während der Anteil langfristiger Kreditverbindlichkeiten an der Gesamtverschuldung zurückging.
Diese Daten auf der Mikroebene werden von den aggregierten Bilanzdaten des Unternehmenssektors im Euroraum bestätigt. Vom Zeitpunkt der Ankündigung des CSPP bis Mitte 2017 sank (auf Jahresbasis gerechnet) der Anteil der Neuverschuldung von Unternehmen im Eurogebiet über Kredite relativ zur Finanzierung über neu aufgelegte Unternehmensanleihen. Somit ergab sich im Unternehmenssektor des Euroraums eine Verlagerung der Finanzierungsstruktur hin zu Schuldtiteln. Nichtsdestotrotz hat dieser Sektor seit Mitte 2016 netto auch verstärkt Kredite aufgenommen. Mitte 2017 setzte eine Trendumkehr ein; Unternehmen im Euro-Währungsgebiet setzten zunehmend wieder auf Bankkredite statt auf Anleihefinanzierung, womit der relative Anteil der Bankkreditvergabe an der Unternehmensfinanzierung bis Ende 2018 wieder stieg.
Auswirkungen auf die Bankkreditvergabe
Verknüpft man diese Daten mit Umfragedaten, so ist festzustellen, dass die Banken aufgrund des CSPP offensichtlich über einen Teil ihrer Bilanzmittel neu disponieren konnten und in diesem Zusammenhang verstärkt Kredite an – meistens kleinere – Unternehmen vergaben, die vom CSPP direkt nicht profitieren konnten.[24] Der Umfrage über den Zugang von Unternehmen zu Finanzmitteln zufolge kam es mit dem Anlaufen der CSPP-Ankäufe im ersten Halbjahr 2016 zu einer weiteren Erhöhung des Nettoanteils kleiner und mittlerer Unternehmer, die ab 2014 eine tendenziell verstärkte Kreditvergabebereitschaft der Banken gemeldet hatten. Am deutlichsten dürfte sich dieser Effekt in Frankreich gezeigt haben, auf dessen Unternehmen ein Großteil des seit der CSPP-Ankündigung beobachteten Anstiegs der Emissionstätigkeit entfällt.
Geldpolitische Maßnahmen seit 2014 am Wirtschaftsaufschwung im Euroraum maßgeblich beteiligt
Der 2014 eingeschlagene deutlich akkommodierende Kurs der EZB hat maßgeblich zu einer Verbesserung der Wirtschaftsdynamik im Euroraum beigetragen und die Annäherung der Teuerungsrate an das Inflationsziel der EZB gestützt. Die privaten Konsumausgaben wurden vom nicht zuletzt aufgrund von Arbeitsmarktreformen anhaltenden Beschäftigungszuwachs sowie vom Vermögenszuwachs der privaten Haushalte getragen. Die Unternehmensinvestitionen wurden durch günstige Finanzierungsbedingungen, eine bessere Ertragslage der Unternehmen und eine solide Nachfrage begünstigt. Die Wohnungsbauinvestitionen blieben weiterhin robust. Der kumulierte Effekt der seit Mitte 2014 ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen auf das reale BIP-Wachstum und die Inflation im Euroraum wird für den Zeitraum 2016 bis 2020 auf jeweils rund 1,9 Prozentpunkte geschätzt.[25]
2.2 Entwicklung der Eurosystem-Bilanz bis zum Auslaufen des Nettoerwerbs von Vermögenswerten
Umfang und Zusammensetzung der Bilanz des Eurosystems haben sich infolge der diversen geldpolitischen Standard- und Sondermaßnahmen des Eurosystems seit Ausbruch der globalen Finanzkrise 2007-2008 kontinuierlich verändert. Im Rahmen der Sondermaßnahmen erweiterte das Eurosystem sein Angebot zur Liquiditätsversorgung um besicherte Kredite mit bis zu vier Jahren Laufzeit und kaufte im Rahmen des APP Wertpapiere privater und öffentlich-rechtlicher Emittenten an, um die geldpolitische Transmission und die Finanzierungsbedingungen im Euroraum zu verbessern. Ende 2018 erreichte die Bilanz des Eurosystems aufgrund dieser Sondermaßnahmen mit 4,7 Billionen € einen neuen Höchststand; gegenüber 2017 bedeutete dies eine Zunahme von 0,2 Billionen €.
Die Bilanz weitete sich aufgrund der APP-Ankäufe auch 2018 weiter aus, doch die Zuwachsraten fielen im Zuge der Herabsetzung des monatlichen Nettokaufvolumens geringer aus (siehe Kapitel 2 Abschnitt 1). Ende 2018 entfielen aktivseitig 3,4 Billionen € bzw. 72 % der Bilanzsumme des Eurosystems auf Positionen im Zusammenhang mit der Geldpolitik, verglichen mit 70 % Ende 2017. Dabei machten Forderungen an Kreditinstitute im Euroraum 16 % der Bilanzsumme aus (nach 17 % Ende 2017) und zu geldpolitischen Zwecken gehaltene Wertpapiere rund 56 % (verglichen mit 53 % Ende 2017; siehe Abbildung 20). Die sonstigen Finanzanlagen verteilten sich hauptsächlich auf: a) Fremdwährungs- und Goldbestände des Eurosystems, b) nicht mit der Geldpolitik in Zusammenhang stehende Anlageportfolios in Euro und c) Notfall-Liquiditätshilfe, die zahlungsfähigen Finanzinstituten mit vorübergehenden Liquiditätsproblemen von einzelnen Eurosystem-Zentralbanken gewährt wurde. Diese sonstigen Finanzanlagen unterliegen Eurosystem-internen Meldevorschriften und mehrfach gesetzlich verankerten Restriktionen insbesondere aufgrund des Verbots der monetären Finanzierung sowie der Vorgabe, dass sie die Umsetzung der Geldpolitik nicht beeinträchtigen dürfen.[26]
Passivseitig war 2018 der größte Effekt des anhaltend akkommodierenden geldpolitischen Kurses bei den Reserveguthaben der Geschäftspartner des Eurosystems sowie bei der Nutzung der Einlagefazilität zu beobachten. Diese Posten zusammengenommen blieben 2018 mit 2 Billionen € bzw. 39 % im Vergleich zu 42 % Ende 2017 weitgehend unverändert. Der Anteil des Banknotenumlaufs stieg im Einklang mit dem historischen Wachstumstrend, blieb aber mit 26 % der Verbindlichkeiten gegenüber Ende 2017 relativ betrachtet unverändert. Die sonstigen Passiva, d. h. das Kapital der EZB und die Neubewertungskonten, kamen auf einen Anteil von 34 % (Ende 2017: 32 %), wobei dieser Posten in absoluten Zahlen um 0,2 Billionen € zunahm (siehe Abbildung 20).
Abbildung 20
Entwicklung der konsolidierten Bilanz des Eurosystems
Eckdaten zum APP-Portfolio: Durchschnittslaufzeit, Anlagestruktur, Länderanteile
Ende 2018 war das APP-Portfolio 2,6 Billionen € wert
Das Ausmaß der monatlichen Ankäufe wurde 2018 zweimal reduziert, nämlich auf 30 Mrd € im Januar und auf 15 Mrd € im Oktober. Ende 2018 belief sich der Wert des APP-Bestands[27] auf 2,6 Billionen €.[28]
Die Anteile am Wert des APP-Portfolios verteilten sich zum Jahresende wie folgt: ABSPP: 1 % (28 Mrd €), CBPP3: 10 % (262 Mrd €), CSPP: 7 % (178 Mrd €). Für den größten Zuwachs beim Erwerb von Wertpapieren des privaten Sektors im Rahmen des APP zeichnete im Jahr 2018 das CSPP mit einem Kaufvolumen in Höhe von netto 48 Mrd € verantwortlich. Die CSPP-Ankäufe basieren auf einer Benchmark, die proportional zum Umlaufvolumen der ankauffähigen Anleihen aufgebaut ist. Dies impliziert eine Gewichtung der einzelnen in der Benchmark enthaltenen Emissionsländer bzw. supranationalen Emittenten entsprechend der Marktkapitalisierung.
PSPP-Anteil am gesamten APP-Portfolio bei 82 %
Ende 2018 machten die PSPP-Bestände mit 2,1 Billionen € insgesamt 82 % des APP-Portfolios aus (Ende 2017: 83 %). Beim PSPP richtet sich die Verteilung der Ankäufe auf die jeweiligen Emissionsmärkte nach dem Kapitalschlüssel der EZB. Im Rahmen der jeweiligen Quoten können die EZB und die Zentralbanken der Euro-Länder wahlweise Wertpapiere des öffentlichen Sektors (Bund, Länder oder Gemeinden) oder bestimmter staatsnaher Emittenten sowie gegebenenfalls Wertpapiere supranationaler Institutionen erwerben. Die gewichtete durchschnittliche Restlaufzeit der PSPP-Bestände lag Ende 2018 bei 7,4 Jahren, also etwas unter dem Jahresendstand von 2017 (7,7 Jahre), wobei dieser Wert innerhalb des Euroraums etwas variierte.[29]
Wird im Rahmen des APP investiertes Kapital bei Fälligkeit wieder frei, so legt das Eurosystem die Tilgungsbeträge neu an. So wurden 2018 Tilgungsbeträge in Höhe von 30,9 Mrd € aus dem Ankauf von Wertpapieren des privaten Sektors sowie Tilgungsbeträge in Höhe von 116,7 Mrd € im Rahmen des PSPP reinvestiert.[30] Im Zuge des PSPP und des CSPP erworbene Wertpapiere wurden wie bisher für Wertpapierleihgeschäfte[31] zur Verbesserung der Marktliquidität am Anleihe- und Repomarkt zur Verfügung gestellt.[32]
Entwicklung der Refinanzierungsgeschäfte des Eurosystems
Die Außenstände im Rahmen der Refinanzierungsgeschäfte des Eurosystems verringerten sich im Lauf des Jahres 2018 um 30,6 Mrd € auf 733,4 Mrd €. Im Wesentlichen verteilt sich dieser Betrag auf vorzeitige und planmäßige Tilgungen (4,5 Mrd € bzw. 8,9 Mrd €) im Rahmen der GLRG-I-Geschäfte sowie auf vorzeitige Tilgungen von GLRG-II-Mitteln (17,8 Mrd €). Die gewichtete Durchschnittsrestlaufzeit der laufenden Refinanzierungsgeschäfte des Eurosystems sank von rund 2,7 Jahren Ende 2017 auf rund 1,8 Jahre Ende 2018. Der Durchschnittssatz der GLRG-II-Geschäfte betrug −0,3650 % (gerundet).
2.3 Risikosteuerung im Rahmen des APP begrenzt Finanzrisiken und unterstützt die Erreichung der geldpolitischen Ziele
Risikoeffizienz als zentrales Element der Risikosteuerung im Eurosystem
Aus geldpolitischer Sicht sind für die Wertpapierkäufe der EZB drei Grundprinzipien richtungsweisend. Erstens sollen die Ankäufe die Erreichung des obersten Ziels der EZB – die Gewährleistung von Preisstabilität – wirksam unterstützen. Zweitens sollen die Ankäufe in einer entsprechenden Relation zu den geldpolitischen Zielen stehen, und Marktverzerrungen sind zu vermeiden. Lassen sich die geldpolitischen Ziele auf unterschiedliche Weise erreichen, so ist drittens jene Option zu wählen, die sowohl operativ als auch risikotechnisch effizient ist. Damit ist der Zweck der Risikosteuerung im Eurosystem definiert: Es gilt, die geldpolitischen Ziele mit möglichst geringem Risiko für das Eurosystem zu erfüllen – also für Risikoeffizienz zu sorgen.[33]
Direkte Wertpapierkäufe erfordern entsprechende Risikosteuerungsmaßnahmen
Der Einsatz des geldpolitischen Instrumentariums, also auch der direkte Wertpapierankauf, birgt naturgemäß Risiken, die das Eurosystem entsprechend steuert. Konkret handelt es sich dabei um Kredit-, Markt- und Liquiditätsrisiken sowie um operationelle und rechtliche Risiken. Die direkten Wertpapierkäufe erfordern Risikosteuerungsmaßnahmen, die speziell darauf ausgerichtet sind, die sich aus den jeweiligen geldpolitischen Zielen ergebenden bzw. je nach Anlagetyp unterschiedlich ausgeprägten Risiken möglichst gering zu halten. Das diesbezügliche Instrumentarium umfasst Zulassungskriterien, Verfahren zur Bonitätsbeurteilung und Due-Diligence-Prüfungen, Preisvorgaben, Benchmarks und Limite. Die Risikosteuerung hat nicht nur den Zweck, die Finanzrisiken möglichst gering zu halten; sie trägt über die Steuerung der Ankäufe in Richtung einer differenzierten marktneutralen Anlagestrategie auch zur erfolgreichen Erreichung der geldpolitischen Ziele bei. Im Folgenden werden die Risikosteuerungsmaßnahmen für die Umsetzung des APP beschrieben. Tabelle 1 bietet einen Überblick über deren Eckpunkte. Die Maßnahmen bleiben solange aktuell, solange Tilgungsbeträge reinvestiert werden und APP-Bestände in der Bilanz des Eurosystems auszuweisen sind.
Tabelle 1
Eckpunkte der Risikosteuerung im Rahmen des APP
Zulassungskriterien für direkte Wertpapierkäufe
Für alle Anlagekategorien gelten bestimmte Zulassungskriterien
Für direkte Wertpapierkäufe kommen nur marktfähige Wertpapiere infrage, die zur Besicherung von Kreditgeschäften des Eurosystems zugelassen sind. Die Kriterien für die Zulassung zur Besicherung von Eurosystem-Kreditgeschäften wurden im geldpolitischen Handlungsrahmen festgelegt. Notenbankfähige Sicherheiten müssen u. a. die Kriterien für die Bonitätsstufe 3 auf der harmonisierten Ratingskala des Eurosystems erfüllen; so muss beispielsweise ihre Bonität[34] zumindest von einer ECAF-konformen externen Ratingagentur beurteilt worden sein (ECAF = Rahmenregelungen für Bonitätsbeurteilungen im Eurosystem). Außerdem müssen die Emission und das Settlement im Euroraum erfolgen, und die Wertpapiere müssen auf Euro lauten. Im Fall von Asset-Backed Securities müssen die jeweiligen Forderungsschuldner ihren Sitz überwiegend im Euroraum haben.
Für Staatsanleihen bzw. für staatlich garantierte Wertpapiere kann die Mindestanforderung der Erfüllung der Bonitätsstufe 3 erlassen werden, wenn die betreffenden Staaten rechtlich nachweislich den Bestimmungen eines EU/IWF-Programms unterliegen und diese auch erfüllen und es einen entsprechenden EZB-Ratsbeschluss dazu gibt. Wertpapiere, die aufgrund einer Ausnahmeregelung für den Bonitätsschwellenwert erworben werden dürfen, unterliegen zusätzlichen Auflagen. So dürfen während der Überprüfung eines Programms keine Käufe getätigt werden, und eine Wiederaufnahme ist nur bei positivem Ausgang der Überprüfung zulässig. Für das ABSPP und das CBPP3 kommen Wertpapiere dann infrage, wenn sie in die jeweils beste Ratingkategorie fallen und die sonstigen zusätzlichen Risikoauflagen erfüllen.
Zusätzlich zu den genannten Zulassungskriterien sind weitere programmspezifische Kriterien zu erfüllen. So gelten für Ankäufe im Rahmen des PSPP und des CSPP Mindest- und Maximallaufzeiten.[35] Nicht CSPP-konform ist hingegen der Ankauf von Wertpapieren, die von Kreditinstituten begeben wurden, oder von Emittenten, deren Konzernmutter ein Kreditinstitut ist. Ferner dürfen im Rahmen des CSPP und des CBPP3 keine Wertpapiere erworben werden, die von Abwicklungsgesellschaften oder Vermögensverwaltungsgesellschaften begeben wurden. Für Ankäufe im Rahmen des CBPP3 müssen die Forderungen zur Besicherung von Kreditgeschäften des Eurosystems zugelassen sein und zudem die Auflagen für die Zulassung von Eigenemissionen von Kreditinstituten zur Besicherung erfüllt werden.[36] Gedeckte Schuldverschreibungen mit einer Conditional-Pass-Through-Struktur dürfen seit 1. Januar 2019 nicht mehr angekauft werden, und generell dürfen mit dem Erwerb von Wertpapieren die Verbotsbestimmungen für die monetäre Finanzierung öffentlicher Stellen gemäß Artikel 123 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union nicht umgangen werden.
Bonitätsbeurteilung und Due-Diligence-Prüfung
Laufende Bonitätsbeurteilungen und Due-Diligence-Prüfungen
Im Rahmen der Programme zum Ankauf von Wertpapieren des privaten Sektors prüft das Eurosystem infrage kommende Wertpapiere laufend auf ihre Konformität mit den entsprechenden Bestimmungen zur Bonität und Due Diligence. Dazu werden bestimmte Risikoindikatoren herangezogen. Die jeweiligen Beurteilungen und Verfahren richten sich nach dem Proportionalitätsprinzip, d. h., riskantere Anlagen werden eingehenderen Analysen unterzogen. Bei Bedarf werden gegebenenfalls wiederum nach dem Proportionalitätsprinzip weitere risikosteuernde Maßnahmen ergriffen, insbesondere die Festlegung von Ankaufobergrenzen oder das Aussetzen von Ankäufen bzw. im Extremfall auch die Veräußerung von Anlagen. Letztere kann allerdings nur nach einer Einzelfallbeurteilung durch den EZB-Rat erfolgen.
Preisvorgaben
Preisvorgaben garantieren Investitionen zu marktkonformen Preisen
Mit Preisvorgaben im Rahmen des APP wird sichergestellt, dass die Ankäufe zu Marktpreisen erfolgen, damit Marktverzerrungen möglichst vermieden werden und eine möglichst hohe Risikoeffizienz erzielt wird. Entscheidungsgrundlage im Rahmen dieser Vorgaben sind jeweils die verfügbaren Marktpreise, die Preisqualität und der beizulegende Zeitwert. Ferner wird im Nachhinein geprüft, ob die Transaktionspreise die Marktpreise zum Transaktionszeitpunkt entsprechend widerspiegeln.
Im Rahmen der Programme zum Ankauf von Wertpapieren des privaten Sektors sind Käufe mit einer negativen Rendite zulässig, sofern die Rendite über dem Satz für die Einlagefazilität liegt. Käufe mit einer Rendite unter dem Einlagenzinssatz sind nur im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors und auch dort nur im erforderlichen Ausmaß zulässig.[37]
Benchmarks
Diversifizierung dank Benchmarks
Benchmarks werden verwendet, um eine entsprechende Portfoliodiversifizierung sicherzustellen und zur Risikobegrenzung beizutragen. Die Benchmarks für den Ankauf von Wertpapieren des privaten Sektors basieren auf der Marktkapitalisierung des Pools an ankauffähigen Wertpapieren, d. h. auf dem nominalen Umlaufwert jener Wertpapiere, die auf Basis von Risikoüberlegungen prinzipiell infrage kämen. Im Fall des PSPP ist der Kapitalschlüssel der EZB maßgeblich für die Aufteilung der Käufe auf die einzelnen Länder.
Limitwesen
Obergrenzen für den Ankauf je Wertpapier und Emittent zur effektiven Vermeidung von Risikokonzentrationen
Für die Ankäufe im Rahmen des APP wurde auch ein Limitwesen aufgebaut. Die Festsetzung der Ankaufobergrenzen je Wertpapier und je Emittent[38] erfolgt nach strategischen, operationellen, gesetzlichen sowie risikotechnischen Überlegungen. Die Limite werden auf die jeweilige Anlageklasse abgestimmt, wobei zwischen Wertpapieren des öffentlichen und des privaten Sektors unterschieden wird.
Für PSPP-Ankäufe sollen diese zwei Obergrenzen die Funktionsfähigkeit der Märkte und eine adäquate Preisfindung sicherstellen, die Risikokonzentration begrenzen und dafür sorgen, dass das Eurosystem kein dominanter Gläubiger im Staatsanleihemarkt des Euroraums wird. Im Rahmen des PSPP wurde die Obergrenze je Wertpapier mit 33 % des jeweiligen Umlaufvolumens festgelegt; diese gilt allerdings nur, wenn das Eurosystem keine Sperrminorität im Sinne vertraglicher Umschuldungsklauseln erreicht, was auf Einzelfallbasis zu überprüfen ist.[39] Andernfalls beträgt die Obergrenze 25 % je Wertpapier. Die Obergrenze je Emittent wurde mit 33 % des Umlaufvolumens der zulässigen Wertpapiere der jeweiligen Institution festgelegt.
Für Ankäufe von Wertpapieren des privaten Sektors gilt mit 70 % ein höherer Wert.[40] Im Rahmen des CSPP sind in besonderen Fällen niedrigere Obergrenzen anzuwenden, etwa bei Papieren, die von öffentlich-rechtlichen Emittenten begeben wurden; in diesem Fall gelten die entsprechenden PSPP-Bestimmungen analog. Neben diesen Obergrenzen je Wertpapier gelten für das CBPP3 und das CSPP auch Obergrenzen je Emittent. Insbesondere für die CSPP-Werte werden diese Grenzen auf Basis einer Benchmark-Allokation im Sinne der Marktkapitalisierung der Emittentengruppe definiert, um eine diversifizierte Anlagestruktur sicherzustellen. Darüber hinaus können niedrigere Höchstgrenzen festgesetzt werden, wenn die Bonitätsbeurteilung und die Due-Diligence-Prüfung (wie oben dargestellt) dafürsprechen.
3 Der Finanzsektor im Euroraum: Risikotragfähigkeit des Bankensektors gestärkt, Risiken weiterhin gegeben
Die Finanzbranche des Euroraums war angesichts ihres Risikoumfelds 2018 vermehrt vor Herausforderungen gestellt, wobei sich einzelne Faktoren wie die wachsende Wirtschaft und der gestärkte Bankensektor positiv auf die Finanzstabilitätslage auswirkten. Umgekehrt waren aufgrund des höheren konjunkturellen Abwärtsrisikos nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem steigenden Handelsprotektionismus und der zunehmenden (wirtschafts-)politischen Unsicherheit aber auch gegenläufige Effekte zu beobachten. Mit der hohen Risikobereitschaft an den Finanz- und Immobilienmärkten stiegen die Anfälligkeiten gegenüber Preisrückgängen. Gleichzeitig nahmen die Risiken im wachsenden Nichtbankenfinanzsektor weiter zu. Vor diesem Hintergrund ergriffen etliche Euro-Länder in Abstimmung mit der EZB eine Reihe makroprudenzieller Maßnahmen zur Begrenzung der Systemrisiken und zur Stärkung der Risikotragfähigkeit. Darüber hinaus leistete die EZB-Bankenaufsicht auch mit Maßnahmen im Rahmen der Mikroaufsicht wieder ihren Beitrag zur Stabilität des europäischen Bankensektors sowie zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle Banken im Euroraum. Zehn Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise sind die wichtigsten Regulierungsreformen, die zur Stärkung des Finanzsektors ergriffen wurden, weitgehend umgesetzt. Damit sind erhebliche Fortschritte erzielt worden, doch es bleibt noch mehr zu tun. In diesem Sinne hat sich die EZB 2018 weiter am Diskurs rund um die Vollendung der Banken- und der Kapitalmarktunion beteiligt und die Bedeutung der Entwicklung eines Instrumentariums zur Risikobegrenzung im Nichtbankenfinanzsektor herausgestrichen.
3.1 Finanzstabilitätslage im Jahr 2018
Wie anhand der Indikatoren für systemischen Stress deutlich wird (siehe Abbildung 21), sorgte 2018 das stabilitätspolitische Umfeld vermehrt für Herausforderungen. Die Analyse zeigt, dass sich im Berichtsjahr der anhaltende Wirtschaftsaufschwung (siehe Kapitel 1) und die gestärkte Risikotragfähigkeit des Bankensektors positiv auf die Finanzstabilität ausgewirkt haben. Demgegenüber trug das stark risikoaffine Verhalten in einzelnen Finanzmarktsegmenten weltweit zu niedrigen Risikoprämien bei. Eine zunehmend protektionistische Wirtschaftspolitik sowie erneute Anspannungen in Schwellenländern führten jedoch zu Volatilitätsschüben. Schließlich sorgten die wachsende Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Brexit sowie Anspannungen am italienischen Staatsanleihemarkt für höhere (wirtschafts-)politische Unsicherheit in der Europäischen Union.
Abbildung 21
Indikator für systemischen Stress an den Finanzmärkten des Euroraums (gewichtet) und Finanzstabilitätsrisiko-Index
Vier Hauptrisiken für die Finanzstabilität
In diesem Umfeld wurden im halbjährlich erscheinenden Financial Stability Review der EZB jeweils vorausschauend für die nächsten zwei Jahre vier Hauptrisiken für die Finanzstabilität im Euroraum aufgezeigt und analysiert.
Risiko eines Vermögenspreiseinbruchs
Aus Finanzstabilitätsperspektive stellt demnach in den kommenden Jahren die Möglichkeit eines abrupten weltweiten Anstiegs der Risikoprämien das erste Hauptrisiko dar. Auslöser dafür könnten eurorauminterne und externe Faktoren sein, beispielsweise abrupte Marktreaktionen auf (wirtschafts-)politische Unsicherheit, neuerliche Anspannungen in Schwellenländern mit möglichen Ansteckungseffekten in fortgeschrittenen Volkswirtschaften sowie eine deutliche Wende im Ausblick für den US-amerikanischen Finanzsektor. Teils hohe Vermögensbewertungen und hohe Preiskorrelationen zwischen weltweiten Finanzanlagen könnten einen potenziellen Anstieg der globalen Risikoprämien noch verstärken.
Bedenken bezüglich der Schuldentragfähigkeit
Das zweite Hauptrisiko für die Finanzstabilität sind Bedenken im Zusammenhang mit der Schuldentragfähigkeit. Als Folge der politischen Geschehnisse in Italien war Mitte 2018 ein leichter Anstieg der Stressindikatoren für die Staatsanleihemärkte im Euroraum zu beobachten. Die relativ geringe Zunahme zeugt jedoch davon, dass sich die Ansteckungseffekte innerhalb des Euroraums in Grenzen gehalten haben. Die öffentlichen Haushalte im Eurogebiet sind nach wie vor hoch verschuldet, wobei die Schuldenquote in mehreren stark verschuldeten Ländern in den letzten Jahren noch gestiegen ist. Hinzu kommt, dass in einigen Ländern die Verschuldung des privaten Sektors sowohl im historischen als auch im internationalen Vergleich hoch blieb und über Schwellenwerten lag, die üblicherweise mit einem Schuldenüberhang assoziiert werden, und dass den Schuldnern erneut die starke Konjunkturdynamik im Euroraum und die sehr günstigen Finanzierungsbedingungen zugute kamen.
Schaubild 1
Hauptrisiken für die Finanzstabilität im Euroraum
Die Immobilienmärkte haben 2018 im gesamten Eurogebiet an Dynamik gewonnen. Die stark gestiegenen Wohnimmobilienpreise sorgten auf Euroraum-Ebene weiterhin für leichte Anzeichen einer Überbewertung am Wohnimmobilienmarkt, wobei auf Länderebene eine recht heterogene Entwicklung zu beobachten war. Am Gewerbeimmobilienmarkt lagen die Preissteigerungen in den letzten Jahren deutlich über dem Mietpreisanstieg. Entsprechend sind die Renditen von Gewerbeimmobilien in bester Lage rückläufig und haben im aktuellen Konjunkturzyklus einen neuen Tiefstand erreicht. Dieser Renditerückgang könnte auf eine mögliche Überbewertung der Gewerbeimmobilien hindeuten. Es gibt jedoch auch erste Hinweise dafür, dass der Zyklus inzwischen eine Spätphase erreicht hat.
Eingeschränkte Intermediationsfähigkeit der Banken
Das dritte Hauptrisiko für die Finanzstabilität steht im Zusammenhang mit den geringen Gewinnaussichten der Banken im Euroraum und ihrer möglicherweise eingeschränkten Intermediationsfähigkeit. Mit einer Eigenkapitalrendite von rund 6,9 % hat sich die Rentabilität der Banken im Euroraum im dritten Quartal 2018 stabilisiert. Die Solvabilität verbesserte sich weiter, wobei sich für die als bedeutend eingestuften Institute im Euroraum am Ende des dritten Quartals 2018 in Summe eine harte Kernkapitalquote (CET-1) von 14,2 % ergab, gegenüber einem Vorjahresvergleichswert von 14,3 %.
Die Aktienkurse der börsennotierten Banken im Euroraum fielen 2018 angesichts der erhöhten politischen Unsicherheit und Bedenken über den externen Ausblick um rund 30 %. Der Einbruch der Aktienkurse schlug sich in niedrigeren Bewertungskennzahlen nieder: Die größten börsennotierten Banken kamen Ende 2018 aggregiert auf ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,6.
Der Bestand an notleidenden Krediten konnte 2018 bei den Banken im Euroraum weiter sukzessive verringert werden, und zwar um 94 Mrd € in den ersten drei Quartalen. Die bedeutenden Institute im Eurogebiet wiesen insgesamt 4,2 % ihrer Kredite und damit weniger als ein Jahr davor (5,2 %) als notleidend aus. Der Abbau erfolgte in den meisten Ländern mit hohen Bestandsquoten weiterhin zügig oder schneller als zuvor. Eine detaillierte Aufschlüsselung der Entwicklung des Anteils notleidender Kredite am Kreditbestand in diesem Zeitraum zeigt, dass die Rückgänge zumeist das Ergebnis von Sanierungen, Liquidationen oder Abschreibungen waren. Gleichzeitig trug auch ein lebhafterer Sekundärmarkt für wertgeminderte Aktiva wesentlich zum Abbau der notleidenden Kredite bei, wobei die meisten notleidenden Kredite erneut in Italien und Spanien verkauft wurden. Ungeachtet der Transaktionszuwächse kam es am Sekundärmarkt für notleidende Kredite durch diverse Fälle von Marktversagen zu Liquiditätsbeeinträchtigungen. Hier könnten eigene Handelsplattformen für notleidende Kredite mithelfen, Marktversagen zu überwinden, indem sie für mehr Transparenz und eine breitere Anlegerbasis sorgen und eine bessere Koordination ermöglichen.[41]
Liquiditätsrisiko in der Investmentfondsbranche
Das vierte Hauptrisiko für die Finanzstabilität sind mögliche Liquiditätsengpässe bei Investmentfonds. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Investitionen in Investmentfonds im Euroraum mit einem Anstieg von 5,7 Billionen € Ende 2008 auf 13,8 Billionen € im Juni 2018 mehr als verdoppelt. Die Investmentfondsbranche verwaltet inzwischen fast 20 % aller Finanzanlagen im Eurogebiet. Riskante Investmentfondsanlagen haben 2018 weiter zugenommen. Gleichzeitig schrumpften die Barmittel der Branche, was die Anfälligkeit der Fonds gegenüber potenziellen Schocks an den internationalen Finanzmärkten erhöhte. Sollten Investoren im großen Stil aus Fonds aussteigen, so wären diese gezwungen, relativ umfangreiche Teile ihrer Portfolios abzustoßen, was wiederum die Marktpreise drücken könnte. Die Anleger sind aufgrund der bestehenden EU-weiten Regeln zum Anlegerschutz und zur Beherrschung fondsspezifischer Probleme zwar gut geschützt, aber das zyklische Risiko im Zusammenhang mit vermehrt eingegangenen Liquiditätsrisiken und die zunehmende Bedeutung der Branche für den Markt geben vermehrt Anlass zur Sorge.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese vier Finanzstabilitätsrisiken eng miteinander verknüpft sind und sich im Krisenfall gegenseitig verstärken könnten.
3.2 Die Makroaufsichtsfunktion der EZB
Makroprudenzielle Maßnahmen zur Begrenzung von Systemrisiken
Makroprudenzielle Politik dient der Begrenzung systemischer Risiken im Finanzsektor. Dabei kommt der EZB eine wichtige Rolle mit entsprechenden Befugnissen zu (siehe SSM-Verordnung). Insbesondere wurde die EZB beauftragt, die makroprudenziellen Maßnahmen zu prüfen, die in den Ländern der Bankenunion von den jeweils zuständigen Behörden auf EU-rechtlicher Grundlage ergriffen wurden, wobei die EZB gegebenenfalls strengere Maßnahmen vorschreiben kann. Im Einvernehmen mit der EZB wurde angesichts der Risikolage im Euroraum 2018 auf nationaler Ebene eine Reihe makroprudenzieller Maßnahmen ergriffen, um das Systemrisiko zu begrenzen, den Bankensektor widerstandsfähiger zu machen und dafür zu sorgen, dass die Realwirtschaft weiterhin in effizienter Weise mit Finanzdienstleistungen versorgt wird.[42]
Kontinuierliche makroprudenzielle Initiativen zum Erhalt der Finanzstabilität
Prüfung der Angemessenheit makroprudenzieller Maßnahmen
2018 setzte die EZB ihre intensiven Bemühungen im Bereich der makroprudenziellen Politik fort und leistete einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Finanzstabilität. Zusätzlich zu ihrer umfangreichen Analysearbeit sorgte die EZB für regelmäßige gemeinsame Risikobeurteilungen und für die Koordinierung von Maßnahmen zwischen der EZB und den nationalen Behörden des Euroraums. Darüber hinaus blieben die EZB und die nationalen Behörden im ausführlichen, offenen Dialog über den Einsatz makroprudenzieller Instrumente und die Entwicklung von Methoden zur Prüfung unterschiedlicher Arten von Systemrisiken. Im Zuge dieser Bemühungen konnten die Verfahren und Methoden zur Prüfung systemischer Risiken und der Angemessenheit makroprudenzieller Maßnahmen im Euroraum verbessert werden.
Bessere Kommunikation der verschiedenen Aspekte makroprudenzieller Politik
Zudem intensivierte die EZB ihre Kommunikation zur makroprudenziellen Politik weiter. Sie sorgte für größere Transparenz bei ihren laufenden Initiativen und Denkansätzen in diesem Bereich und erhöhte damit das Bewusstsein für dieses Thema in der Öffentlichkeit. Zusätzlich zu Reden, Pressemitteilungen und weiteren Publikationen wie den Occasional Papers veröffentlichte die EZB das zweimal jährlich erscheinende Macroprudential Bulletin, ein wichtiges Kommunikationsinstrument zur Erläuterung des makroprudenziellen Rahmens der EZB und zur Erklärung ihrer Entscheidungsprozesse sowie der analytischen Fortschritte und Beurteilungen in diesem Zusammenhang. Wie bisher veröffentlichte die EZB auf ihrer Website einen Überblick über die aktuell in den Ländern der Bankenunion laufenden makroprudenziellen Maßnahmen.
Makroprudenzielle Beschlüsse im Jahr 2018
103 makroprudenzielle Beschlüsse von der EZB im Jahr 2018 geprüft
Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags prüfte die EZB im Berichtsjahr 103 von den nationalen Behörden des Euroraums gemeldete makroprudenzielle Beschlüsse über Instrumente zur Begrenzung von zyklischen und strukturellen Systemrisiken sowie weitere Instrumente gemäß Artikel 458 der Eigenkapitalverordnung (CRR). Die gemeldeten Beschlüsse betrafen zumeist entweder die Festlegung von antizyklischen Kapitalpuffern (AZKPs) oder die Ermittlung global systemrelevanter Institute bzw. anderer systemrelevanter Institute (G-SRIs und A-SRIs), einschließlich der Kalibrierung der für diese Institute geltenden Kapitalpuffer. Der EZB-Rat hatte keine Einwände gegen die 2018 von den nationalen Behörden gemeldeten makroprudenziellen Beschlüsse.
Geprüfte Beschlüsse dienten der Festlegung antizyklischer Kapitalpuffer und der Begrenzung struktureller Systemrisiken
Alle 19 Euro-Länder prüfen vierteljährlich das zyklische Systemrisiko und legen auf Basis dieser Einschätzung die Höhe ihrer AZKP-Sätze fest. Im Jahr 2018 erhöhten vier Länder ihren AZKP-Satz: Die slowakische Nationalbank beschloss eine Erhöhung von 0,5 % auf 1,25 % per 1. August 2018 sowie auf 1,5 % per 1. August 2019 mit der Begründung, dass die Slowakei zu den EU-Ländern zählt, in denen sich das Kreditwachstum sowohl im Unternehmenssektor als auch im Haushaltssektor am dynamischsten entwickelt. Ferner beschloss die litauische Zentralbank, den ab dem 31. Dezember 2018 geltenden AZKP-Satz von 0,5 % per 30. Juni 2019 auf 1 % anzuheben. Diese Erhöhung stand nicht in Zusammenhang mit einem übermäßigen zyklischen Risiko, sondern mit veränderten Richtlinien der Zentralbank in Bezug auf die Festlegung des AZKP-Satzes (der bei einem mäßig hohen Risiko nun im positiven Bereich liegt). Zudem entschied sich die irische Zentralbank, per 1. Juli 2019 einen AZKP-Satz von 1 % zu aktivieren, um im Hinblick auf eine effektive Stärkung des Bankensektors möglichst frühzeitig im Zyklus für ein Kapitalpolster zu sorgen und dabei auch dem Umstand der vergleichsweise stark auf externe Entwicklungen reagierenden Finanzstabilitätslage in Irland Rechnung zu tragen. Schließlich führte per 1. Juli 2019 auch der französische Finanzstabilitätsrat (Haut Conseil de Stabilité Financière) einen positiven AZKP-Satz (0,25 %) ein, um die Banken widerstandsfähiger gegenüber zyklischen Risiken zu machen. Dabei berief sich der Finanzstabilitätsrat auf die günstigen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen und die anhaltende Beschleunigung des Finanzzyklus.
Was makroprudenzielle Instrumente zur Begrenzung struktureller Systemrisiken angeht, beurteilte die EZB die Beschlüsse nationaler Behörden zu Kapitalpuffern für 106 A-SRIs[43] sowie 3 Beschlüsse zu Systemrisikopuffern. In Bezug auf gemäß Artikel 458 der CRR gemeldete Instrumente beschloss der Finanzstabilitätsrat Frankreichs eine Verschärfung der für stark verschuldete große inländische Nichtfinanzunternehmen geltenden Obergrenzen für Großkredite. Zweck dieser Maßnahme ist es, die aus der Beschleunigung des Finanzzyklus und der tendenziell zunehmenden Verschuldung dieser Unternehmen resultierenden Risiken zu begrenzen. Außerdem schlug die belgische Nationalbank zwei Maßnahmen zur Begrenzung der Risiken aus dem Immobiliengeschäft von IRB-Banken (d. h. der Banken, die bankinterne Ratingverfahren anwenden) vor: erstens einen allgemeinen Risikogewichtsaufschlag von 5 Prozentpunkten für Kundenkreditforderungen, die mit belgischen Immobilien besichert sind, und zweitens eine bankspezifische risikosensitive Komponente bezogen auf das Risikoprofil des jeweiligen Hypothekarkreditportfolios. Zweck dieser Maßnahmen ist es, die IRB-Banken widerstandsfähiger gegenüber makroprudenziellen Risiken zu machen, die sich aus der Dynamik am Immobilienmarkt und der zunehmenden Anfälligkeit von Schuldnern ergeben.
Zusammenarbeit mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB)
Fortgesetzte Kooperation mit und Unterstützung des ESRB
Die EZB leistete dem ESRB-Sekretariat, das für das Tagesgeschäft des ESRB zuständig ist, auch im Berichtsjahr analytische, statistische, logistische und administrative Unterstützung. Der ESRB ist für die makroprudenzielle Aufsicht über das EU-Finanzsystem sowie für die Prävention und Begrenzung systemischer Risiken zuständig.
Die EZB unterstützte den ESRB regelmäßig sowohl bei der fortlaufenden Identifizierung und Beobachtung potenzieller Systemrisiken als auch ganz allgemein bei seinen Forschungsarbeiten. Beispielsweise arbeitete die EZB mit der Arbeitsgruppe des ESRB zu risikofreien Vermögenswerten zusammen, deren Aufgabe es ist, die praktischen Aspekte von staatsanleihebesicherten Wertpapieren (SBBSs) zu untersuchen. In diesem Zusammenhang wurde ein zweibändiger Bericht über die wichtigsten Ergebnisse der Arbeitsgruppe veröffentlicht. Der Bericht enthält auch die zugrundeliegende technische Analyse. Die EZB leistete zudem Beiträge zu einer Reihe von Diskussionspapieren zum Thema SBBSs.
Mit Blick auf den Nichtbankenfinanzsektor in der EU trug die EZB zur dritten Ausgabe des EU Shadow Banking Monitor bei, der einen Branchenüberblick mit einer Analyse der potenziellen Finanzstabilitätsrisiken gibt. In diesem Bereich beteiligte sich die EZB auch an dem ESRB-Bericht Macroprudential provisions, measures and instruments for insurance, der im November 2018 veröffentlicht wurde. Die Ergebnisse dieses Berichts fließen auch in die laufende Solvency-II-Debatte um strengere Regulierungsvorschriften für Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften aus makroprudenzieller Sicht ein.
Unter dem Co-Vorsitz der EZB arbeitete eine Expertengruppe ESRB-Strategien zur Vorlage an den EU-Rat aus, wie systemweite Probleme durch notleidende Kredite zu verhindern sind, unter gebührender Berücksichtigung der prozyklischen Auswirkungen von Maßnahmen zum Abbau der Bestände an notleidenden Krediten sowie der potenziellen Auswirkungen auf die Finanzstabilität. Im veröffentlichten Bericht wurden Gründe für die systemweite Zunahme an notleidenden Krediten aufgelistet. Die Schlussfolgerung war, dass keine grundlegenden Änderungen des bestehenden makroprudenziellen Instrumentariums nötig seien, aber einige Nachbesserungen in Betracht gezogen werden sollten.
Des Weiteren führte die EZB den Vorsitz der Arbeitsgruppe, die im Auftrag des ESRB die adversen Szenarien für die Stresstests 2018 sowohl der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde als auch der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung entwickelte. Dabei leistete die EZB auch wichtige Unterstützung im technischen Bereich und bei der Modellierung. Im Dezember 2018 lud die EZB zudem zum jährlichen Stresstest-Workshop.
Schließlich unterstützte die EZB den ESRB auch im Berichtsjahr bei der Analyse der Datenmengen, die aufgrund der Europäischen Marktinfrastrukturverordnung verfügbar wurden. In diesem Zusammenhang konnten die Datenerfassung, -verarbeitung und -analyse auf Tagesdaten umgestellt werden. Dank dieser Analysearbeit können der ESRB, seine beratenden Ausschüsse und ihre Subgremien die Entwicklung an den Derivatemärkten nun umfassender und zeitnäher verfolgen.
Nähere Informationen zum ESRB finden sich auf dessen Website sowie in den ESRB-Jahresberichten.
3.3 Aufsichtsaktivitäten zur Sicherung der Stabilität auf Einzelbankebene
Die EZB-Bankenaufsicht leistete auch im Berichtsjahr wieder einen Beitrag zur Stabilität des europäischen Bankensektors sowie zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle Banken im Euroraum. Obwohl die Banken des Euroraums in den vergangenen Jahren ihre Risikotragfähigkeit verbessern konnten, stehen sie noch immer vor beträchtlichen Herausforderungen.
Schlechte Rentabilität – eines der dringlichsten Probleme der Euroraum-Banken
Nicht zuletzt machen den Banken im Euroraum ausbleibende Gewinne zu schaffen. Auch wenn sich die Lage diesbezüglich etwas entspannt hat, stehen sie nach wie vor unter Druck, ihre Geschäftsmodelle im Sinne der Nachhaltigkeit anzupassen. So müssen sie weiter Mittel und Wege suchen, um über den gesamten Konjunkturzyklus hinweg profitabel zu sein. 2018 schloss die EZB eine thematische Überprüfung der Rentabilität und der Geschäftsmodelle von Banken ab und veröffentlichte deren Ergebnisse. Die Überprüfung ergab einen sehr heterogenen Befund und zeigte auf, dass die Rentabilität einer Bank maßgeblich von der strategischen Steuerung bestimmt wird. Die EZB-Bankenaufsicht wird die Situation weiter beobachten und die Geschäftsmodelle der Banken kritisch hinterfragen.
Lösung des Problems notleidender Kredite hat Priorität
Als belastend für den Bankensektor des Euroraums erweisen sich neben der Rentabilität auch nach wie vor Altlasten wie notleidende Kredite. Letztere drücken die Gewinne der Banken, beeinträchtigen ihre Widerstandsfähigkeit und schränken die Banken in ihren Möglichkeiten ein, die Realwirtschaft mit Finanzmitteln zu versorgen. Zwar sind hier in erster Linie die betroffenen Banken selbst gefordert, doch hat die Lösung des Problems oberste Priorität, sowohl für die EU-Behörden im Allgemeinen (was im Aktionsplan der EU für den Abbau notleidender Kredite in Europa zum Ausdruck kommt) als auch für die EZB-Bankenaufsicht im Besonderen. Bereits im März 2017 hatte die EZB-Bankenaufsicht einen qualitativen Leitfaden für Banken zum Umgang mit notleidenden Krediten veröffentlicht. Im März 2018 erschien eine Ergänzung zu diesem Leitfaden, in der die aufsichtliche Erwartungshaltung zur Risikovorsorge für neue notleidende Kredite dargelegt wurde. Im Juli 2018 kündigte die EZB-Bankenaufsicht weitere Schritte beim aufsichtlichen Ansatz für den Bestand an notleidenden Krediten an.
Verbesserte Aufsichtsinstrumente und -methoden
Während des gesamten Berichtsjahrs hindurch arbeitete die EZB-Bankenaufsicht an der Verbesserung ihrer Instrumente und Methoden. Nach Einleitung eines öffentlichen Konsultationsverfahrens im März 2018 veröffentlichte die EZB-Bankenaufsicht im November 2018 Endfassungen der Leitfäden für Banken zur Kapital- und Liquiditätssteuerung, d. h. für die bankinternen Prozesse zur Sicherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung (ICAAP) bzw. Liquiditätsausstattung (ILAAP). Im Zusammenhang mit der laufenden gezielten Überprüfung interner Modelle (TRIM) veröffentlichte die EZB-Bankenaufsicht zudem im November 2018, nach Abschluss eines öffentlichen Konsultationsverfahrens, das erste Kapitel ihres Leitfadens zu internen Modellen. Des Weiteren gab sie Leitfäden zur Prüfung der Zulassungsanträge von Banken und FinTech-Kreditinstituten heraus. Ein im September 2018 veröffentlichter Leitfaden befasst sich mit Vor-Ort-Prüfungen und Überprüfungen interner Modelle. Darin erläutert die EZB-Bankenaufsicht ihre Vorgehensweise bei solchen Prüfungen. Die EZB-Bankenaufsicht beteiligte sich auch am Stresstest der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde bei EU-Banken (siehe Kasten 4).
2018 war die EZB-Bankenaufsicht überdies an den Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ausfall einer bedeutenden Bank des Euroraums beteiligt. Dieser Fall zeigte, wie wichtig es ist, die Regeln für den Umgang mit zahlungsunfähigen Banken weiter zu harmonisieren. Er zeigte zudem, dass es auch bei der Bekämpfung von Geldwäsche einer besseren Abstimmung auf europäischer Ebene bedarf, auch wenn hier die EZB keine entsprechenden Befugnisse besitzt.
Weitere Erläuterungen zur EZB-Bankenaufsicht finden sich auf ihrer Website sowie im EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit 2018.
Kasten 4
Der EU-weite Bankenstresstest 2018
Aufbau des Stresstests 2018 und Beteiligung der EZB
Beim EU-weiten Stresstest 2018, für dessen Gesamtkoordination die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) verantwortlich zeichnete, war die EZB sowohl an den Vorbereitungen als auch an der Durchführung beteiligt. Ziel des Stresstests war die Beurteilung der Risikotragfähigkeit von Finanzinstituten. Zu diesem Zweck wurden in einem Basisszenario und einem adversen Szenario die wichtigsten Schwachstellen ermittelt. In weiterer Folge fließen die quantitativen und qualitativen Ergebnisse des Stresstests auch in den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) ein. Im Vorfeld des Stresstests arbeitete die EZB an der Entwicklung des Basisszenarios und des adversen Szenarios mit. Das adverse Szenario wurde gemeinsam mit dem ESRB und der EBA sowie in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden (NCAs) erarbeitet. Zusammen mit den NCAs wirkte die EZB auch aktiv an der Entwicklung der Stresstestmethodik der EBA mit. Die größte methodische Herausforderung beim Stresstest 2018 war die Einführung des internationalen Rechnungslegungsstandards 9 (IFRS 9), die mehrere Risikoarten beeinflusste (Kreditrisiko, Marktrisiko und Nettozinsertrag). Außerdem legte die EZB nach erfolgreicher Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten von EBA und NCAs offizielle Referenzwerte für das Kreditrisiko fest. Seitens der Aufsicht wird erwartet, dass die Banken diese Werte jenen Portfolios zugrunde legen, für die keine geeigneten Kreditrisikomodelle verfügbar sind.
Nach dem Start des EU-weiten Stresstests am 31. Januar 2018 war die EZB für den Qualitätssicherungsprozess bei den von ihr direkt beaufsichtigten Instituten zuständig. Aufgrund der Einführung von IFRS 9 wurde der für den Stresstest 2018 vorgesehene Zeitrahmen im Vergleich zu den Vorjahren ausgeweitet, um den Banken mehr Zeit für die Übermittlung der Stresstestdaten zu geben. Kernziel der Qualitätssicherung, die gemeinsam von der EZB und den NCAs durchgeführt wurde, war die Sicherstellung der korrekten Anwendung der einheitlichen EBA-Methodik bei den einzelnen Banken. Am Qualitätssicherungsprozess waren über 200 Mitarbeitende der EZB beteiligt. Von der mikroprudenziellen Funktion der EZB waren Mitglieder der gemeinsamen Aufsichtsteams verantwortlich für die gründliche Analyse der von den Banken übermittelten Projektionen, wobei bankspezifische Merkmale berücksichtigt wurden. Außerdem waren sie für den direkten Kontakt mit den Banken zuständig. Horizontale Bottom-up-Teams prüften die Einhaltung der methodischen Anforderungen sowie im Rahmen von Peer-Group-Vergleichen die Konsistenz und Glaubwürdigkeit der Ergebnisse der einzelnen Banken. Top-down-Teams der makroprudenziellen Funktion der EZB untersuchten die von den Banken übermittelten Stresstestdaten anhand ihrer Top-down-Modelle. Der Qualitätssicherungsprozess wurde von einem eigenen Projektmanagementteam sowie von Infrastrukturteams und Länderkoordinatoren unterstützt, die die Interaktionen mit den nationalen Behörden erleichterten.
Von den 48 Banken, die am Stresstest der EBA teilnahmen, werden 33 direkt von der EZB beaufsichtigt. 70 % der gesamten Bankaktiva im Euroraum entfallen auf diese 33 Banken. Am 2. November 2018 veröffentlichte die EBA die Einzelergebnisse aller 48 teilnehmenden Banken zusammen mit ausführlichen Bilanz- und Forderungsdaten (Stand: Ende 2017). Parallel zum EBA-Stresstest für die 33 direkt von der EZB beaufsichtigten Banken führte die EZB einen eigenen SREP-Stresstest für weitere 54 direkt von ihr beaufsichtigte Banken durch, die nicht Teil der EBA-Stichprobe sind.[44] Dieser Stresstest beruhte auf derselben Methodik und identischen Stressszenarien wie der EU-weite Stresstest, jedoch kamen weniger komplexe Ansätze und weniger strenge Meldeschwellen zur Anwendung, um eine verhältnismäßige Behandlung kleinerer Banken zu gewährleisten.
Davor hatte die EZB zudem die vier von ihr direkt beaufsichtigten griechischen Banken einem vorgezogenen Stresstest unterzogen. Methodik, Stressszenarien und Qualitätssicherungsansatz entsprachen denen des EU-weiten EBA-Stresstests, jedoch war der Test vorgezogen worden, um ihn noch vor Ende des dritten Hilfsprogramms des Europäischen Stabilitätsmechanismus für Griechenland abschließen zu können.
Die Stressszenarien
Gegenstand des adversen Szenarios für den Stresstest 2018 war eine Reihe konsistent definierter makrofinanzieller Schocks, die bei einer Krise eintreten könnten, nämlich jeweils kumuliert für den Euroraum ein BIP-Rückgang um 2,4 %, ein Immobilienpreisverfall um 17 % und ein Aktienkurseinbruch um 31 %.
Damit waren die wesentlichen Systemrisiken abgedeckt, die zu Beginn des Stresstestprozesses identifiziert worden waren, unter anderem: a) eine plötzliche und erhebliche Neubewertung der Risikoprämien an den globalen Finanzmärkten, b) Bedenken hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit im öffentlichen und im privaten Sektor, c) eine negative Rückkopplung zwischen schwacher Rentabilität der Banken und niedrigem nominalem Wachstum sowie d) Liquiditätsrisiken im Nichtbankenfinanzsektor mit potenziellen Ansteckungseffekten auf das Finanzsystem insgesamt.
Um der langen Zeitspanne zwischen dem Start des EBA-Stresstests Anfang 2018 und der Veröffentlichung der Ergebnisse Rechnung zu tragen, führte die EZB zusätzliche Sensitivitätsanalysen zur aktuellen Risikolage im weiteren Jahresverlauf durch – beispielsweise zum Risiko eines Konjunktureinbruchs in den für die Banken des Euroraums wichtigsten Schwellenländern sowie weiterer Anspannungen an den Staatsanleihemärkten. Diese Analyseergebnisse wurden im Financial Stability Review (FSR) vom November 2018 veröffentlicht.
Ergebnisse des EBA-Stresstests 2018 und wichtigste Erklärungsfaktoren
Die Anwendung des adversen Szenarios führte bei den von der EZB direkt beaufsichtigten 33 Banken unter Annahme bereits vollständig umgesetzter regulatorischer Eigenkapitalanforderungen zu einem Rückgang der harten Kernkapitalquote (CET1-Quote) um insgesamt 3,8 Prozentpunkte, nämlich von 13,7 % Ende 2017 auf 9,9 % Ende 2020. Ein Teil dieses Rückgangs – 0,3 Prozentpunkte – ist dabei auch auf die erstmalige Anwendung der ab 1. Januar 2018 geltenden IFRS-9-Bestimmungen zurückzuführen. Verglichen mit dem Stresstest 2016 ergab sich ein um 0,5 Prozentpunkte stärkerer Rückgang der CET1-Quote.
Ein erster wichtiger Faktor für den Rückgang der Kernkapitalquote beim adversen makroökonomischen Szenario waren die Wertminderungen bei Krediten, die sich zum Großteil durch das verschärfte Szenario und die Einführung von IFRS 9 (wonach insbesondere Risikovorsorgen für erwartete Kreditausfälle über die gesamte Kreditlaufzeit zu bilden sind) erklären lassen. Der Bestand an notleidenden Krediten fiel beim Stresstest 2018 angesichts der Fortschritte bei der Sanierung der Bankbilanzen weniger stark ins Gewicht als 2016. Bedeutenden Einfluss auf das Ergebnis hatte zweitens ein Schock bezüglich der Refinanzierungsspreads mit entsprechenden Auswirkungen auf das Marktrisiko der Banken, wobei höhere langfristige Zinssätze teilweise einen gegenläufigen Effekt hatten. Ein dritter wichtiger Erklärungsfaktor schließlich waren die Auswirkungen von Marktpreisschocks und Liquiditätsschocks auf zum Zeitwert bewertete Portfolios. Die umfassende Neubewertung dieser Portfolios wirkte sich bei den global systemrelevanten Banken (G-SIBs) am stärksten aus. Allerdings konnten diese Institute ihre Verluste mit höheren Einnahmen aus dem Kundengeschäft weitgehend wettmachen. Zudem wirkte sich der Stresstest bei den G-SIBs stärker als bei anderen Banken auf die Liquiditätsreserven und die Reserven für Modellunsicherheiten aus. Ein weiterer wichtiger Bestimmungsfaktor war, dass das Nettoprovisionsergebnis unter erheblichen Druck geriet.
Dass der Rückgang der CET-1-Quote stärker ausfiel als vor zwei Jahren war darüber hinaus auf eine Methodik mit höherer Risikosensitivität zurückzuführen. Dieser Effekt wurde nur teilweise durch eine verbesserte Werthaltigkeit der Aktiva (nicht zuletzt aufgrund des erfolgreichen Abbaus notleidender Kredite) und durch die Vorteile aus dem stärkeren Anstieg der langfristigen Zinssätze im adversen Szenario ausgeglichen.
Trotz des stärkeren Rückgangs lag die aggregierte CET1-Quote nach dem Stressszenario – und unter Annahme bereits vollständig umgesetzter regulatorischer Eigenkapitalanforderungen – mit 9,9 % über dem 2016 verzeichneten Wert von 8,8 %. Grund dafür waren die anhaltenden Bemühungen der Banken, Altlasten abzubauen, und die stetige Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis in den vergangenen Jahren. Die Stresstestergebnisse bestätigten, dass die teilnehmenden Banken für makroökonomische Schocks besser gerüstet sind. Allerdings legte der Stresstest auch Schwachstellen bei einzelnen Banken offen und lieferte darüber hinaus wichtige Erkenntnisse in Bezug auf die Stresstest- und Risikomanagementkompetenzen der Banken. Hier können die Aufseher nun ansetzen.
Die in der jüngsten Ausgabe des FSR veröffentlichten Ergebnisse der zusätzlichen Sensitivitätsanalysen zeigen, dass bei der CET1-Quote unter Einbeziehung der aktuellsten Risikodynamik gegenüber dem zuvor ermittelten Minus von 3,8 Prozentpunkten mit einem weiteren Rückgang um 0,3 bis 0,7 Prozentpunkte zu rechnen gewesen wäre.
3.4 Beitrag der EZB zur Stärkung der Banken- und Kapitalmarktunion
Finanzsektor durch Regulierungsreformen nach der Krise gestärkt, aber weitere Anstrengungen vonnöten
Zehn Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise sind die wichtigsten Regulierungsreformen, die zur Stärkung des Finanzsektors beigetragen haben, weitgehend umgesetzt. Im vergangenen Jahrzehnt wurden erhebliche Fortschritte erzielt, doch noch sind eine Reihe rechtlicher und institutioneller Herausforderungen zu bewältigen, bevor die europäischen Banken wirklich in einem integrierten System operieren und die Nutzer von Finanzdienstleistungen von einem stärker integrierten gemeinsamen Bankenmarkt profitieren können. Weitere Anstrengungen sind auch im Hinblick auf die Entwicklung der Kapitalmärkte notwendig, und gleichzeitig muss der regulatorische und aufsichtsrechtliche Rahmen für den Nichtbankenfinanzsektor gestärkt werden.
Vollendung der Bankenunion und der Kapitalmarktunion
2018 hat sich die EZB weiter am Diskurs rund um die Vollendung der Banken- und der Kapitalmarktunion beteiligt. Beide Initiativen tragen zu einem reibungsloseren Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion bei. Der Aufbau eines gemeinsam finanzierten Absicherungsmechanismus („Backstop“, „gemeinsame Letztsicherung“) für den Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) und der Aufbau eines europäischen Einlagensicherungssystems (EDIS) wird die Finanzmarktintegration vorantreiben und die Glaubwürdigkeit der Bankenunion stärken. Stärker integrierte Finanzmärkte wiederum werden für eine effizientere Kreditvergabe sorgen, mehr Risikoteilung im privaten Sektor ermöglichen und dazu beitragen, dass die Realwirtschaft aus einer breiteren Palette von Finanzierungsmöglichkeiten wählen kann.
Weitere Fortschritte auf dem Weg zur Bankenunion
Im Juni 2018 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten auf erste Beschlüsse zur Reform der WWU, darunter auch auf einen Beschluss zur Vollendung der Bankenunion. Demnach soll der gemeinsame Absicherungsmechanismus für den SRF auf dem Europäischen Stabilitätsmechanismus aufbauen. Die diesbezüglichen Vorgaben wurden daraufhin im Dezember 2018 gebilligt. Zudem beschlossen die Staats- und Regierungschefs die Ausarbeitung eines Fahrplans für die Aufnahme politischer Verhandlungen über das europäische Einlagensicherungssystem. Im Dezember 2018 einigten sie sich darauf, eine hochrangige Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung der nächsten Schritte in Sachen EDIS zu beauftragen.
Backstop-Regelung für den SRF
Im Rahmen ihrer Unterstützungsarbeit für die EU-Gremien, die mit dem Aufbau des gemeinsamen Absicherungsmechanismus für den SRF betraut sind, legte die EZB ihre Sichtweise in Form einer rechtlichen Stellungnahme zu einem Vorschlag für eine Verordnung über die Einrichtung des Europäischen Währungsfonds dar. Insbesondere sprach sich die EZB dafür aus, die Backstop-Regelung so gestalten, dass dadurch alle etwaigen Maßnahmen des SRB, inklusive der Gewährung von Solvenzhilfe und Liquiditätsunterstützung im Abwicklungsfall, abgedeckt werden können. Zudem müssten Entscheidungen über diesbezügliche Auszahlungen schnell fallen können, damit es zu keinen Verzögerungen beim Erlass und der Umsetzung von Abwicklungsbeschlüssen des SRB kommt.
Mit der erzielten Risikominderung sind Fortschritte in der politischen EDIS-Debatte möglich geworden
Ferner ist festzuhalten, dass aus EZB-Sicht eine entsprechende Risikominderung erzielt worden ist, um nun auf politischer Ebene die EDIS-Debatte voranbringen zu können. Wichtig ist in dieser Hinsicht, dass bei der weiteren Umsetzung der Fahrplan vom Juni 2016 möglichst genau beachtet wird. Was die Vorgaben für eine effektive Umsetzung des EDIS angeht, ist die EZB der Ansicht, dass sich diese nach dem Ausmaß der Risikoteilung in der ersten Ausbauphase des EDIS richten müssen. Im Hinblick auf mögliche Alternativen für die erste Ausbauphase sprach sich die EZB für die Einrichtung eines zentralen Fonds aus, um eine ausreichende Dotierung zu gewährleisten und entsprechende Weichen für rasche gemeinsame Beschlussfassungen auf europäischer Ebene zu stellen.
Die EZB brachte auch im Berichtsjahr ihre technische Expertise zum EDIS ein. Insbesondere legte sie der Ad-hoc-Arbeitsgruppe zur Stärkung der Bankenunion eine aktualisierte quantitative Analyse zur Leistungsfähigkeit des EDIS vor.[45] Aus Analysesicht wären mit einem vollständig dotierten europäischen Einlagensicherungsfonds die Auszahlungen in einer Höhe gesichert, wie sie bei einem äußerst gravierenden Schock zu erwarten sind. Zudem würde es selbst bei länderspezifischen Schocks zu keiner unerwünschten systematischen Quersubventionierung innerhalb des EDIS kommen, d. h. es wäre nicht möglich, dass einige Bankensysteme systematisch weniger Beiträge leisten als sie Mittel erhalten.
Beitrag der EZB zur Debatte über Maßnahmen zur Risikominderung
Die EZB verfolgte in diesem Zusammenhang auch aufmerksam die Diskussionen rund um Maßnahmen zur Risikominderung und leistete entsprechende Beiträge. Wie in den Schlussfolgerungen des Rates vom Juni 2016 festgehalten, müssen zur Vollendung der Bankenunion weitere Schritte zur Risikominderung und Risikoteilung im Finanzsektor unternommen werden. Dass weitere Anstrengungen zum Abbau von Risiken unternommen werden, liegt im direkten Interesse der EZB als Zentralbank und Bankenaufsichtsbehörde, denn dies macht das Bankensystem und die Bankenunion als Ganzes widerstandsfähiger. Mit dem Monitoring Report on Risk Reduction legte die EZB 2018 gemeinsam mit der Europäischen Kommission und dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss eine aktualisierte Risikoanalyse zur Bankenunion vor. Schließlich erläuterte der Präsident der EZB in einer Rede am Europäischen Hochschulinstitut im Mai 2018, dass die Differenzierung zwischen Risikominderung und Risikoteilung, die die aktuelle Debatte prägt, in vielerlei Hinsicht künstlich ist. Mit dem richtigen Rechtsrahmen würden sich die beiden Ziele nämlich gegenseitig verstärken.
EZB ist starke Befürworterin einer Kapitalmarktunion
Die EZB war von Anfang an eine starke Befürworterin der Idee einer Kapitalmarktunion. Wie im Financial Stability Review der EZB vom November 2018 festgehalten, sind hier Fortschritte vonnöten, denn eine voll ausgebaute Kapitalmarktunion kann wachstumsfördernd wirken und eine zentrale Rolle bei der Stärkung der Finanzarchitektur und der Aufsichtsmechanismen in der EU spielen. Entsprechend wäre es bei der Umsetzung einer vollständigen Kapitalmarktunion ganz entscheidend, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde stärker einzubinden. Dem Abschluss diverser Gesetzesinitiativen, die im Aktionsplan der Europäischen Kommission zur Schaffung einer Kapitalmarktunion vorgesehen sind, kommt diesbezüglich entscheidende Bedeutung zu. Darüber hinaus zeigte die EZB in ihrem Bericht zur Finanzmarktintegration in Europa vom Mai 2018 gestützt auf ihre Forschungsarbeiten verschiedene Wege auf, über die sich der Nutzen aus der Risikoteilung im Rahmen der Kapitalmarktunion weiter steigern ließe. Konkret angeführt wurden die Rolle der Rentenreformen und institutionellen Anlagen, der Wert einer besseren Finanzbildung und die Bedeutung einer weiteren Harmonisierung der europäischen Insolvenzregelungen.
Instrumentarium zur Risikobegrenzung im Nichtbankenfinanzsektor vonnöten
Wie die im Aktionsplan der Europäischen Kommission zur Schaffung einer Kapitalmarktunion festgelegten Ziele zeigen, dürfte der Nichtbankenfinanzsektor eine immer wichtigere Rolle bei der Finanzierung der Realwirtschaft im Euroraum spielen. Daraus ergeben sich zahlreiche Chancen für eine stärkere Diversifizierung des Finanzsystems. Gleichzeitig kann es zu einer Verlagerung bestehender Risiken kommen bzw. können neue Risiken entstehen, wenn Finanzintermediationsleistungen vermehrt von Finanzinstituten außerhalb des Bankensektors erbracht werden. Die EZB hat deshalb 2018 darauf hingewiesen, wie wichtig die Entwicklung eines Instrumentariums zur Risikobegrenzung im Nichtbankenfinanzsektor ist. Beispielsweise sollten im Rahmen der EU-Gesetzgebung makroprudenzielle Instrumente geschaffen werden, mit denen sich systemische Risiken im Zusammenhang mit Liquiditätsinkongruenzen und der Nutzung von Hebelfinanzierungen bei Investmentfondsanlagen begrenzen lassen.
4 Reibungsloser Betrieb der Marktinfrastrukturen und des Zahlungsverkehrs
Das Eurosystem spielt bei der Entwicklung, beim Betrieb und bei der Überwachung der Marktinfrastrukturen, die europaweit einen reibungslosen Zahlungsverkehr sowie Wertpapier- und Sicherheitentransaktionen ermöglichen, eine zentrale Rolle. Seit der Einführung des Euro im Jahr 1999 hat das Eurosystem wesentlich zur Neugestaltung und Konsolidierung der Infrastrukturen für den Großbetragszahlungsverkehr, für Nachhandelsdienstleistungen für Finanzinstrumente und zuletzt für Massenzahlungen in Echtzeit (Instant Payments) beigetragen. Darüber hinaus verfolgt das Eurosystem zur Wahrung der Sicherheit und Effizienz der Finanzmarktinfrastrukturen die Entwicklungen im Zuge des digitalen Wandels.
4.1 TARGET-Services
Die TARGET-Services des Eurosystems umfassen die folgenden drei Komponenten: a) TARGET2, ein Bruttozahlungsverkehrssystem für die Echtzeitabwicklung von auf Euro lautenden Zahlungen im Zusammenhang mit den geldpolitischen Geschäften des Eurosystems sowie von Interbank- und Kundenzahlungen, b) TARGET2-Securities (T2S), eine einheitliche Plattform für die europaweite Wertpapierabwicklung, und c) TARGET Instant Payment Settlement, kurz TIPS, ein System, das es Zahlungsdienstleistern ermöglicht, ihren Kundinnen und Kunden rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr Überweisungen in Echtzeit anzubieten. Die Abwicklung erfolgt in allen drei Fällen in Zentralbankgeld, wodurch das Kreditrisiko im Abwicklungsprozess eliminiert wird.
TARGET2 wird von mehr als 1 700 Banken genutzt, um Transaktionen in Euro – entweder im eigenen Namen oder im Auftrag ihrer Kunden – zu veranlassen. Insgesamt sind weltweit mehr als 52 000 Banken (einschließlich Zweigstellen und Tochterbanken) über TARGET2 erreichbar. 2018 wurden in TARGET2 im Tagesdurchschnitt 346 834 Zahlungen mit einem Durchschnittswert von 1,7 Billionen € durchgeführt.
Mehrwährungsfähigkeit von T2S ermöglicht Anbindung der dänischen Krone
Für T2S war die Anbindung der dänischen Krone an die Abwicklungsplattform – genau ein Jahr nach der letzten Migrationswelle – ein wichtiger Meilenstein. Damit kommt zum ersten Mal die Mehrwährungsfunktionalität von T2S zum Einsatz, die es ermöglicht, in T2S Transaktionen in Fremdwährung nach dem Prinzip „Lieferung gegen Zahlung“ abzuwickeln. 2018 wurden von T2S im Tagesdurchschnitt 572 172 Geschäfte mit einem Durchschnittswert von 925,69 Mrd € durchgeführt.
Im November 2018 startete das Eurosystem den Betrieb von TIPS, einem rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr verfügbaren Service zur finalen und unwiderruflichen Abwicklung von Echtzeit-Zahlungen in Euro in weniger als zehn Sekunden. TIPS wurde entwickelt, um europaweit die Durchführung von Echtzeitzahlungen voranzutreiben. Es basiert auf dem SEPA-Überweisungssystem für Sofortzahlungen (SCT Inst), das bereits von mehr als 2 000 Zahlungsdienstleistern in 16 Ländern für europaweite Echtzeitzahlungen genutzt wird, und wurde als Erweiterung von TARGET2 konzipiert; dadurch kann TIPS auf einem bereits bestehenden großen europaweiten Teilnehmerkreis aufbauen.
Seit dem Start von TIPS im November 2018 können Überweisungen zwischen Privatpersonen bzw. Unternehmen in weniger als zehn Sekunden durchgeführt werden
TIPS profitiert vom vorhandenen Netz von TARGET2-Teilnehmern und adressierbaren BICs (Business Identifier Codes) und hat somit das Potenzial, eine große Reichweite bzw. einen hohen Nutzungsgrad zu erreichen. Dank flexibler Zugangsmöglichkeiten können die Nutzer auf unterschiedliche Weise mit TIPS Nachrichten austauschen.
4.2 Gewährleistung sicherer und effizienter Finanzmarktinfrastrukturen in Zeiten des digitalen Wandels
Nicht nur der voranschreitende europäische Integrationsprozess, auch der fundamentale digitale Wandel im Finanzsektor und in der Gesellschaft insgesamt prägen die aktuellen Entwicklungen im Bereich Finanzmarktinfrastrukturen und Zahlungsverkehr. In seiner Rolle als Katalysator stellt sich das Eurosystem dieser doppelten Herausforderung durch die Förderung von Integration und Innovation. Darüber hinaus sorgt es im Rahmen seiner Überwachungsfunktion für die Stärkung der Sicherheit und Effizienz der Marktinfrastrukturen und des Zahlungsverkehrs.
Im Zahlungsverkehr treibt das Eurosystem den Integrations- und Innovationsprozess stetig voran. Eine Bewertung der Migration zu SEPA (Single Euro Payments Area) zeigte, dass die Standardisierung von Euro-Überweisungen und -Lastschriften erfolgreich umgesetzt wurde und die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr positiv sind. Allerdings ist das Problem der „IBAN-Diskriminierung“, d. h. der Ablehnung von Kontonummern aus dem EU-Ausland durch Lastschriftgläubiger, noch nicht zur Gänze gelöst. Ferner müssen weitere Schritte zur Entwicklung elektronischer Lösungen für SEPA-Lastschriftmandate gesetzt werden, und auch bei den SEPA-Kartenzahlungen besteht noch Handlungsbedarf. Die EZB hält die Betreiber und Entwickler europäischer Kartensysteme an, Interoperabilität und Reichweite zu verbessern; letztlich soll europaweit an jedem Terminal mit jeder Karte bezahlt werden können.
Unter Federführung des Euro Retail Payments Board (ERPB), einem hochrangigen Forum unter Vorsitz der EZB zur Förderung der Entwicklung eines integrierten, innovativen und kompetitiven Marktes für Massenzahlungen in Euro in der EU, wurden die Arbeiten zur Kartenstandardisierung fortgesetzt. Weitere Schwerpunkte des ERPB bestanden in der Förderung von Innovationen im Bereich Echtzeit-Massenzahlungen, Mobiltelefonzahlungen zwischen Einzelpersonen und der Barrierefreiheit von Massenzahlungssystemen.
Das ERPB beschloss ferner gemeinsame technische, operative und betriebswirtschaftliche Anforderungen zur Gewährleistung effizienter europaweiter Zahlungsauslösedienste. Dabei handelt es sich um Online-Anbieter, die auf das Zahlungskonto eines Users zugreifen, um in dessen Auftrag und mit dessen Einwilligung und Authentifizierung eine Zahlung auszulösen. In Bezug auf die elektronische Rechnungsstellung lag der Schwerpunkt der ERPB-Aktivitäten auf der Festlegung einer auf ISO 20022 basierenden Zahlungsaufforderungsnachricht und der weiteren Harmonisierung elektronischer Rechnungserstellungs- und Zahlungslösungen.
Im Wertpapierbereich setzte das Eurosystem sein Engagement für T2S und die Harmonisierung im Nachhandel fort und passte seinen Überwachungsrahmen an, um dem Abschluss der T2S-Migration Rechnung zu tragen. Bereits 85 % der T2S-Märkte erfüllen die T2S-Harmonisierungsstandards, allerdings besteht auf Marktebene noch Handlungsbedarf im Hinblick auf den Erfüllungsgrad der T2S-Corporate Actions Standards.
Auf Grundlage der ISO 20022-Nachrichten für das Sicherheitenmanagement legte die EZB gemeinsam mit den wichtigsten Akteuren am europäischen Finanzmarkt eine erste Reihe harmonisierter Geschäftsprozesse und -abläufe vor. Konkret wurden 2018 ein Bericht über die Harmonisierung des Sicherheitenmanagements durch Dritte und ein Bericht über die Harmonisierung von Kapitalmaßnahmen von Unternehmen veröffentlicht; die EZB zählt bei der Umsetzung der in diesen Berichten dargelegten Harmonisierungsvorschläge auf die Unterstützung durch Marktteilnehmer. Ziel ist dabei insbesondere, die Entwicklung des neuen Eurosystem Collateral Management System (ECMS) zu fördern.
Forschungsarbeiten zur potenziellen Nutzung der Distributed-Ledger-Technologie für Finanzmarktinfrastrukturen
Im Bereich FinTech wurden die Forschungsarbeiten über die Implikationen der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) für die europäischen Finanzmarktinfrastrukturen vertieft und ausgeweitet. Das gemeinsame Forschungsprogramm der EZB und der Bank of Japan zur Beurteilung des möglichen Einsatzes von DLT in Finanzmarktinfrastrukturen wurde im Berichtsjahr mit dem Abschluss der Phase 2 von Project Stella fortgeführt. Dabei wurde ein innovativer Ansatz analysiert, mit dessen Hilfe Interoperabilität zwischen Ledgers ohne Verbindungen zueinander oder ohne die Notwendigkeit für institutionelle Regelungen erzielt werden kann.
Das Eurosystem formuliert die Ziele seiner Überwachungstätigkeit mit Blick auf die Gewährleistung von Sicherheit und Effizienz in einschlägigen Verordnungen, Standards, Leitlinien und Empfehlungen. Es erfüllt seine Überwachungsaufgaben durch die Erhebung relevanter Informationen, deren Analyse in Bezug auf die Überwachungsziele und – wo angezeigt – die Veranlassung von Änderungen. Im Berichtsjahr konnte das Eurosystem seine Überwachungsfunktion durch Verbesserungen bei der Meldung schwerwiegender Vorfälle durch Zahlungsdienstleister[46] bzw. Anbieter von Zahlungsverkehrssystemen und Zahlungssystemen weiter stärken.
Im Zusammenhang mit seiner laufenden Überwachungstätigkeit im Hinblick auf Kartenbetrug veröffentlichte das Eurosystem 2018 seinen fünften Bericht über Kartenbetrug. Dieser zeigt eine Trendumkehr in Form eines leichten Rückgangs bei betrügerischen Transaktionen mit im Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) ausgegebenen Karten und eine deutliche Verringerung von Betrugsfällen an Geldausgabeautomaten. Tendenziell steigend ist hingegen der Online-Kartenbetrug, auf den fast drei Viertel aller Kartenbetrugsfälle entfallen, wobei zuletzt allerdings die Betrugsfälle weniger stark zugenommen haben als das sogenannte Distanzgeschäft („Card not present“-Transaktionen) insgesamt.
Im Rahmen der Überwachung von Wertpapierabwicklungssystemen beteiligt sich die EZB gemeinsam mit den anderen Notenbanken des Euroraums gemäß Zentralverwahrerverordnung als die den Euro ausgebende Zentralbank am Zulassungsprozess für Wertpapier-Zentralverwahrer sowie an deren regelmäßiger Überprüfung und Überwachung. Im Berichtsjahr legte das Eurosystem Stellungnahmen zur Zulassung von fünf Zentralverwahrern sowie eine Stellungnahme zur Zulassung eines Zentralverwahrers für bankbezogene Hilfsdienste vor.
Ferner wurde 2018 die erste umfassende Bewertung von T2S seit dessen Inbetriebnahme im Hinblick auf die von CPMI/IOSCO formulierten Prinzipien für Finanzmarktinfrastrukturen auf den Weg gebracht. Durchgeführt wird diese Bewertung vom Eurosystem in Absprache mit den Stellen, die gemeinsam die Vereinbarung zur kooperativen Überwachung von T2S geschlossen haben: Überwachungs- und Aufsichtsinstanzen von Zentralverwahrern, die T2S-Dienste nutzen, Zentralbanken, die Währungen ausgeben, die über T2S abgewickelt werden, und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde.
Verabschiedung eines überarbeiteten Aufsichtsrahmens für zentrale Gegenparteien weiterhin von vordringlicher Bedeutung
Das Eurosystem trug außerdem weiter aktiv zur Arbeit der gemäß der Europäischen Marktinfrastrukturverordnung (EMIR) eingerichteten Aufsichtskollegien für zentrale Gegenparteien bei. Die wachsende Bedeutung der zentralen Gegenparteien erhöht einerseits die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems, andererseits trägt sie zu einer zunehmenden Konzentration des Liquiditätsrisikos bei; dies könnte sich negativ auf den Geldmarkt und das reibungslose Funktionieren der Zahlungsverkehrssysteme auswirken und – vor allem unter außergewöhnlichen Umständen – das Zuschießen von Zentralbankliquidität notwendig machen. Das Eurosystem benötigt einen angemessenen Rahmen, um sowohl innerhalb der EU als auch in Drittstaaten diese Risiken zu überwachen, zu bewerten und gegebenenfalls zu bekämpfen. Dies ist vor allem deshalb besonders wichtig, weil ein beträchtlicher Anteil des Euro-Clearing im Vereinigten Königreich stattfindet. Die Verabschiedung eines überarbeiteten Aufsichtsrahmens für zentrale Gegenparteien ist daher weiterhin von vordringlicher Bedeutung.
5 Maßnahmen zur Unterstützung der Marktfunktionsfähigkeit und für andere Institutionen erbrachte Finanzdienstleistungen
Angesichts wachsender Bedenken hinsichtlich der Anwendbarkeit des EONIA nahm die EZB 2017 die Entwicklung eines neuen Referenzzinssatzes, des €STR in Angriff. Der €STR basiert zur Gänze auf Meldungen im Rahmen der Geldmarktstatistik. Die Methodik zur Berechnung des €STR wurde im Juni 2018 veröffentlicht. Zuvor war im Rahmen zweier öffentlicher Konsultationsverfahren breite Unterstützung für die Methodik bekundet worden, woraufhin die Arbeitsgruppe zu risikofreien Euro-Zinssätzen eine Empfehlung für den €STR als Nachfolgezinssatz für den EONIA abgab. Es ist demnach absehbar, dass der €STR einer der wichtigsten Referenzzinssätze für die Euroraum-Märkte wird.
Die EZB ist für die Verwaltung verschiedener Finanzgeschäfte im Auftrag der EU zuständig und hat zudem im Rahmen der Eurosystem Reserve Management Services eine allgemeine Koordinierungsfunktion inne.
Zur Förderung der Integrität und des effektiven Funktionierens des institutionellen Devisenmarkts wurde ein Verhaltenskodex ausgearbeitet (siehe Kasten 5 am Ende dieses Kapitels).
5.1 €STR, der neue Referenzzinssatz für Tagesgeld an den Geldmärkten des Euroraums
Als Reaktion auf Unsicherheiten entwickelt die EZB einen eigenen Tagesgeldzinssatz: €STR
An den Finanzmärkten des Euroraums kommen seit jeher Referenzzinssätze wie der EONIA zum Einsatz.[47] Der EONIA dient verbreitet als Benchmark für verschiedene Derivate, z. B. Zinsswaps, und wird auch für die Berechnung künftiger Zahlungen bei einer Reihe offener Kontrakte herangezogen. Darüber hinaus wird er vielfach für die Bewertung von Finanzprodukten (zur Abzinsung künftiger Zahlungsströme) genutzt, wodurch er große Bedeutung für das Funktionieren der Märkte erlangte. Benchmarks wie der EONIA sind auch für Zentralbanken von Bedeutung, da sie anzeigen, wie sich die Geldpolitik auf die verschiedenen Marktsegmente auswirkt und wie geldpolitische Impulse auf die restliche Wirtschaft übertragen werden.
EONIA darf künftig nicht mehr verwendet werden – Ersatz dringend benötigt
Da der EONIA die Vorgaben der EU-Benchmark-Verordnung (BMR) nicht erfüllt, wird seine Verwendung in der derzeitigen Form künftig nicht mehr erlaubt sein. Nach Konsultationen mit den EONIA-Panel-Banken gab das European Money Markets Institute (EMMI) in seiner Funktion als Administrator des EONIA im Februar 2018 bekannt, dass die Methodik für die Berechnung des EONIA unverändert bleiben wird. Das bedeutet, dass umgehend ein Ersatz für den EONIA benötigt wird, um das reibungslose Funktionieren aller auf die Verfügbarkeit eines robusten Tagesgeldsatzes angewiesenen Märkte nicht zu gefährden.
Angesichts der Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem EONIA hatte die EZB schon im September 2017 die Entwicklung eines eigenen Tagesgeldsatzes angekündigt. Dieser Tagesgeldsatz mit dem Namen €STR, kurz für Euro Short-Term Rate, wird zur Gänze auf den täglichen Meldungen an das Eurosystem im Rahmen der Geldmarktstatistik (Money Market Statistical Reporting) basieren. Diese Meldungen erfolgen seit Juli 2016 auf Grundlage der Verordnung über Geldmarktstatistiken und wurden dafür konzipiert, das Eurosystem bei der Durchführung der Geldpolitik zu unterstützen. Der Input dazu stammt von den 50 an der Bilanzsumme gemessen größten Banken im Euroraum. An jedem Geschäftstag melden diese bis 7:00 Uhr MEZ ihre gesamten Transaktionen des Vortags am unbesicherten und besicherten Geldmarkt, am Markt für Devisenswaps und am Markt für Tagesgeldsatz-Swaps (OIS-Markt).
Der €STR wird sämtliche Marktanforderungen erfüllen
Die Entwicklung des €STR war für die EZB von Beginn an mit der Prämisse verknüpft, dass der neue Referenzsatz sämtliche für die Marktteilnehmer notwendigen Anforderungen erfüllt. In diesem Sinne folgt die EZB nach Möglichkeit den in den IOSCO-Prinzipien formulierten Best Practices für die Entwicklung von Referenzwerten und ist insgesamt in diesem Prozess um größtmögliche Transparenz bemüht. Wertvoller Input wurde u. a. im Rahmen zweier öffentlicher Konsultationsverfahren gesammelt. Bei dem im November 2017 gestarteten ersten öffentlichen Konsultationsverfahren ging es darum, welche Komponenten bei der Entwicklung des Referenzzinssatzes berücksichtigt werden sollten, und um seine Repräsentativität. Das zweite öffentliche Konsultationsverfahren ab März 2018 beschäftigte sich mit den technischen Details für die Ermittlung des Referenzzinssatzes. Im Juni 2018 wurde die endgültige Methodik für die Berechnung des €STR veröffentlicht.
Mit dem €STR werden Defizite der gegenwärtigen EONIA-Methodik behoben
Der €STR ist so konzipiert, dass er gewisse inhärente Schwächen der derzeitigen EONIA-Methodik nicht aufweist, gleichzeitig aber vergleichsweise einfach ist und den Marktteilnehmern vertraut erscheint. Gleich dem EONIA ist der €STR ein Zinssatz für unbesicherte Gelder, d. h. er zeigt nur die Kosten der Mittelaufnahme an und berücksichtigt keine anderen Faktoren wie etwa Sicherheiten. Außerdem handelt es sich beim €STR ebenfalls um einen Tagesgeldsatz, wodurch er für den Großteil der Transaktionen am unbesicherten Geldmarkt anwendbar ist. Auf der anderen Seite gibt es bedeutende Unterschiede zwischen dem EONIA und dem €STR. Während es sich beim EONIA um einen Interbankensatz handelt, umfassen die Meldedaten für den €STR sowohl Kredite bei anderen Banken als auch Kredite bei anderen Unternehmen der Finanzbranche, wie etwa Pensionsfonds, Versicherungen und Vermögensverwaltern. Damit trägt der neue Referenzzinssatz der Tatsache Rechnung, dass die Bedeutung reiner Interbankenkredite am unbesicherten Wholesale-Geldmarkt im Euroraum abgenommen hat. Darüber hinaus fußt der EONIA auf den Daten einer Gruppe freiwillig teilnehmender Banken, die mit der Zeit kleiner geworden ist, der €STR hingegen beruht auf den statistischen Daten eines viel breiteren und stabilen Melderkreises. Im Vergleich zum EONIA stützt sich der €STR somit auf höhere Volumina: 32 Mrd € im Tagesdurchschnitt (von 16,5 Mrd € bis 44,1 Mrd €), wobei täglich im Schnitt 32 Banken ihre Meldung abgeben. Außerdem ist der €STR weniger volatil und tendenziell weniger idiosynkratisch in seinem Verlauf (siehe Abbildung 22).
Abbildung 22
Pre-€STR und EONIA – zugrunde liegende Volumina und Zinssätze
Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zwischen dem EONIA und dem €STR, deren sich die Marktteilnehmer bewusst sein und auf die sie vorbereitet sein sollten. Erstens divergieren die beiden Referenzzinssätze aufgrund der aus Melderperspektive unterschiedlichen Berechnungsgrundlage (€STR: Kreditaufnahme; EONIA: Kreditvergabe) derzeit um rund 9 Basispunkte. Zweitens kann der €STR erst einen Geschäftstag nach dem Abschlusstag der jeweils relevanten Transaktionen veröffentlicht werden, da der Meldezyklus für die Geldmarktstatistik um 7:00 Uhr am folgenden Geschäftstag endet; im Gegensatz dazu wird der EONIA am selben Geschäftstag veröffentlicht. Das bedeutet, dass Nutzer, die derzeit auf taggleich verfügbare Tagesgeld-Referenzzinssätze zurückgreifen, ihre Systeme und Prozesse entsprechend an den Veröffentlichungszeitpunkt von €STR anpassen müssen.
€STR steht ab Oktober 2019 zur Verfügung
Der €STR wird nach Abschluss umfangreicher System- und Verfahrenstests auf Eurosystem-Ebene ab Oktober 2019 verfügbar sein. In der Zwischenzeit aktualisiert die EZB einmal pro Erfüllungsperiode die Pre-€STR-Datenreihe. Diese Datenreihe soll der Öffentlichkeit einen ersten Eindruck davon vermitteln, wie der €STR in der Praxis aussehen und reagieren wird. Sie enthält tägliche Werte beginnend mit 2017, was dazu beitragen wird, die Verwendung des €STR nach dessen Einführung zu erleichtern.
Im September 2018 empfahl die vom Privatsektor mit Unterstützung der EZB, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, der belgischen Finanzaufsichtsbehörde (FMSA) und der Europäischen Kommission eingerichtete Arbeitsgruppe zu risikofreien Zinssätzen im Euroraum, den EONIA durch den €STR zu ersetzen und den €STR außerdem als Basis für die Entwicklung von Fallback-Lösungen bei Finanzierungsverträgen zu verwenden, die derzeit auf den EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate) Bezug nehmen. Diese Empfehlung folgte einem öffentlichen Konsultationsverfahren zu Referenzzinssätzen (sowohl für das besicherte als auch das unbesicherte Marktsegment), die den EONIA ersetzen könnten. Aus der beträchtlichen Anzahl an Rückmeldungen ließ sich einerseits eine Bestätigung der Analysequalität und andererseits eine eindeutige Vorgabe für den bevorzugten risikofreien Zinssatz ablesen. Der €STR kristallisierte sich vor allem aufgrund seines Bezugs auf das unbesicherte Marktsegment, der Berechnungsmethodik und seiner geringen Volatilität als der am besten geeignete risikofreie Euro-Zinssatz heraus. Zudem sprach die Tatsache, dass der €STR von der EZB – und somit einer EU-Institution – verwaltet werden wird, für den €STR.
Die Empfehlung, den €STR als risikofreien Euro-Zinssatz zu verwenden, ist erst der Beginn des komplexen Verfahrens, im Zuge dessen der EONIA ersetzt wird. Im Dezember 2018 gab die Arbeitsgruppe einen Bericht über die möglichen Umstiegsszenarien heraus. Diese basieren auf den Antworten auf die folgenden vier grundsätzlichen Fragen: a) Sollen der EONIA und der €STR parallel zueinander veröffentlicht werden oder wird nach dem in der Benchmark-Verordnung festgelegten Umstiegsdatum der €STR anstelle des EONIA veröffentlicht? b) Sollen der EONIA und der €STR unabhängig voneinander sein oder wird die EONIA-Methodik nach dem Umstiegsdatum im Sinne einer Abhängigkeit zum €STR weiterentwickelt? c) Kann ein EONIA-€STR-Spread zu einem reibungslosen Umstieg beitragen? d) Können die EONIA-OIS- und die €STR-OIS-Abzinsungskurven gleichzeitig bestehen? In dem Bericht wird empfohlen, dass das EMMI in seiner Funktion als EONIA-Verwalter die derzeit angewendete EONIA-Methodik dahingehend weiterentwickelt, dass nicht mehr die Meldungen der Panel-Banken ausschlaggebend sind, sondern ein fixer Spread gegenüber dem €STR zur Anwendung kommt; diese Methodik soll für eine Übergangsphase bis zum vollständigen Auslaufen des EONIA gelten. Auf diese Weise wäre eine stabile Grundlage für einen kontinuierlichen und reibungslosen Umstieg auf den €STR gegeben.
EONIA-Nutzer müssen Planung für Umstieg in Angriff nehmen
In weiterer Folge ist es von größter Wichtigkeit, dass alle EONIA-Nutzer mit der Planung für den Umstieg auf €STR beginnen. Zahlreiche Maßnahmen können schon vor der ersten Veröffentlichung des €STR ergriffen werden, z. B. a) Bewusstseinsbildung hinsichtlich der Risiken von an den EONIA gebundenen Produkten sowie hinsichtlich der Investition in solche Produkte; b) Vorbereitungen in Form einer Überprüfung des Bestands an Kontrakten und einer Einschätzung der Auswirkungen der Abkehr vom EONIA; c) Budgetieren der Kosten möglicherweise notwendiger Anpassungen interner Systeme und Bewertungsmodelle, vor allem in Bezug auf Clearinghäuser; und d) aktive, direkte Kommunikation mit den Kunden, Teilnahme an relevanten Foren, z. B. Branchen-Arbeitsgruppen und Round Tables, und aktive Teilnahme an öffentlichen Konsultationsverfahren. Der Erfolg des Umstiegs hängt von der Vorbereitung aller Beteiligten ab. Es ist daher unerlässlich, dass sämtliche Nutzer entsprechend informiert werden und Diskussionen und Konsultationsverfahren eine rege Teilnahme verzeichnen.
5.2 Verwaltung von Anleihe- und Darlehensgeschäften
EZB verwaltet MTFA- und EFSM-Operationen
Die EZB ist für die Verwaltung der von der EU im Rahmen der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands (MTFA)[48] und des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM)[49] abgeschlossenen Anleihe- und Darlehensgeschäfte zuständig. Im Berichtsjahr wickelte die EZB Zinszahlungen im Zusammenhang mit MTFA-Krediten ab. Zum 31. Dezember 2018 beliefen sich die gesamten Außenstände im Rahmen der MTFA auf 1,7 Mrd €. Außerdem wickelte die EZB im Berichtsjahr diverse Zahlungen und Zinszahlungen im Zusammenhang mit EFSM-Krediten ab. Die Außenstände im Rahmen des EFSM betrugen zum 31. Dezember 2018 insgesamt 46,8 Mrd €.
EZB wickelt EFSF- und ESM-Zahlungen sowie Zahlungen im Zusammenhang mit Kreditrahmenvereinbarungen ab
Die EZB ist ferner für die Abwicklung bestimmter Zahlungen im Zusammenhang mit Geschäften im Rahmen der Europäischen Finanzstabilitätsfazilität (EFSF)[50] und des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)[51] verantwortlich. Im Berichtsjahr führte sie mehrere Zins- und Gebührenzahlungen im Zusammenhang mit EFSF-Krediten sowie die Abwicklung von Beitragszahlungen der ESM-Mitgliedstaaten und mehrere Zins- und Gebührenzahlungen im Zusammenhang mit ESM-Krediten durch.
Die EZB ist auch dafür zuständig, sämtliche Zahlungen im Zusammenhang mit der Kreditrahmenvereinbarung für Griechenland abzuwickeln.[52] Zum 31. Dezember 2018 beliefen sich die gesamten Außenstände im Rahmen dieser Vereinbarung auf 52,9 Mrd €.
5.3 Dienstleistungen des Eurosystems im Bereich der Währungsreservenverwaltung
Eurosystem leistet Eurosystem Reserve Management Services
Seit 2005 können Kunden des Eurosystems ihre auf Euro lautenden Währungsreserven vom Eurosystem verwalten lassen, wofür auch 2018 ein umfangreiches Spektrum an Finanzdienstleistungen im Rahmen der Eurosystem Reserve Management Services (ERMS) zur Verfügung stand. Eine Reihe von Eurosystem-Zentralbanken (die sogenannten „Dienstleister des Eurosystems“) bieten außerhalb des Euroraums ansässigen Zentralbanken, Währungs- und Regierungsbehörden sowie internationalen Organisationen das gesamte Dienstleistungsspektrum zu harmonisierten Geschäftsbedingungen gemäß marktüblichen Standards an. Im Rahmen einer allgemeinen Koordinierungsfunktion fördert die EZB den reibungslosen Betrieb der ERMS-Dienstleistungen und berichtet an den EZB-Rat.
Die Anzahl der Nutzer des ERMS-Dienstleistungsangebots lag Ende 2018 bei 277 gegenüber 278 im Jahr davor. Der vom Eurosystem im Zusammenhang mit solchen Dienstleistungen verwaltete Vermögensbestand (darunter Barvermögen und Wertpapiere) erhöhte sich im selben Zeitraum um etwa 10 %.
Der rechtliche Rahmen der ERMS wurde 2018 geändert, um einer Reihe operativer Veränderungen Rechnung zu tragen, einige Aspekte klarzustellen und Vorschläge aus der 2017 durchgeführten ERMS-Kundenumfrage aufzugreifen. Zu diesem Zweck – und um einen weiteren Änderungsrechtsakt zu vermeiden – wurden sämtliche Änderungen des ERMS-Rechtsrahmens in der neuen EZB-Leitlinie über die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Verwaltung von Währungsreserven in Euro durch das Eurosystem für Zentralbanken und Länder außerhalb des Euro-Währungsgebiets und internationale Organisationen konsolidiert (Leitlinie EZB/2018/14 (Neufassung)).
Kasten 5
FX Global Code
Der FX Global Code, kurz Global Code, ist ein Verhaltenskodex für den Devisenmarkt, mit dem die Integrität und das effektive Funktionieren des institutionellen Devisenmarktes gefördert werden soll. Der Verhaltenskodex wurde im Mai 2017 als Reaktion auf die Erschütterung des Vertrauens in die Devisenmärkte infolge mehrerer durch Fehlverhalten ausgelöster Skandale veröffentlicht. Dieses Fehlverhalten bestand u. a. in der Manipulation von Devisen-Benchmarks wie den WMR-London-16-Uhr-Fixing-Preisen. Der Global Code ist das Ergebnis einer nie da gewesenen gemeinsamen Anstrengung von Zentralbanken (einschließlich der EZB) und Marktteilnehmern der größten Devisenhandelszentren der Welt unter Federführung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Ziel ist es, mit Hilfe von Prinzipien anstelle von Regelwerken für einen widerstandsfähigen, fairen, liquiden, offenen und ausreichend transparenten weltweiten Devisenmarkt zu sorgen. Die 55 Grundsätze des Global Code beziehen sich in erster Linie auf Transparenz, Fairness und Risikominderung in sechs Schlüsselbereichen: Ethik, Unternehmensführung (Governance), Transaktionsausführung, Informationsweitergabe, Risikomanagement und Compliance sowie Bestätigungs- und Abwicklungsprozesse.
Von den bisherigen Branchencodes unterscheidet sich der Global Code in mehrfacher Hinsicht in Bezug auf die Einhaltungs- und Governance-Strukturen sowie die regelmäßige Überprüfung. Erstens ist er der erste Verhaltenskodex, der gemeinsam von allen am Devisenhandel Beteiligten ausgearbeitet wurde: Zentralbanken, Vertretern der Verkäufer- und Käuferseite, Geldgebern aus dem Nichtbankensektor, Betreibern von E-Trading-Plattformen und anderen Körperschaften, die Makler-, Ausführungs- und Abrechnungsdienste anbieten; der Code ist also auch Ausdruck des flächendeckenden Engagements der wichtigsten Devisenmarktteilnehmer. Zweitens gilt der FX Global Code im Gegensatz zu früheren, von verschiedenen Marktverbänden oder lokalen Devisenausschüssen erstellten Verhaltenskodizes weltweit für den gesamten institutionellen Devisenmarkt. Dazu gehören sowohl die Verkäuferseite (d. h. Banken) und bestimmte Marktinfrastrukturbetreiber sowie die Käuferseite (u. a. Vermögensverwalter und Unternehmen). Drittens folgt der Global Code dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, um eine Ausgewogenheit zwischen der Berücksichtigung nationaler Unterschiede hinsichtlich Marktstrukturen und Regulierung einerseits und der Gewährleistung von Konsistenz im Rahmen einer globalen Initiative andererseits herzustellen. Viertens können sich die beteiligten Institutionen mittels einer eigens dafür konzipierten Verpflichtungserklärung öffentlich zur Einhaltung des Global Code bekennen. Auch dies ist eine Neuerung gegenüber früheren Verhaltenskodizes. Im Sinne einer verbesserten Transparenz werden die Verpflichtungserklärungen der einzelnen Marktteilnehmer in einem öffentlich zugänglichen Verzeichnis (Global Index of Public Registers) zentral erfasst. Fünftens ist der Global Code Eigentum des Global Foreign Exchange Committee (GFXC), einem Forum der Devisenausschüsse der wichtigsten Devisenhandelsplätze, das auch für die Wartung des Codes zuständig ist. Das GFXC untersucht regelmäßig, ob der Global Code aufgrund neuer Informationen oder Marktentwicklungen aktualisiert oder ergänzt werden muss. So wurde der Global Code etwa im Dezember 2017 um eine Klarstellung im Zusammenhang mit dem sogenannten Last-Look-Window ergänzt; damit ist die im elektronischen Handel übliche Praxis gemeint, dass Marktteilnehmer eingegangene Handelsaufträge vor dem Abschluss zum notierten Preis noch einmal prüfen und dann endgültig annehmen oder ablehnen können. Das GFXC leitet außerdem die in größeren zeitlichen Abständen stattfindenden umfassenderen Überprüfungen des Global Code.
Die Zentralbanken im ESZB unterstützen die Anwendung des Global Code in ihren jeweiligen Ländern, die gemeinsam eine wichtige Rolle am globalen Devisenmarkt spielen. Insbesondere erwarten die ESZB-Zentralbanken, dass ihre regulären Geschäftspartner im Devisenhandel die Bestimmungen des Global Code einhalten und die Verpflichtungserklärung unterzeichnen. Die große Mehrheit der EZB-Devisenhandelspartner ist dieser Erwartung bereits nachgekommen. Die Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung ist auch die Voraussetzung für die Aufnahme der Marktteilnehmer in die FX Contact Group der EZB. Diese dient der EZB und Branchenangehörigen des institutionellen Devisenhandels als Diskussionsforum.
Die ESZB-Zentralbanken halten nicht nur die Marktteilnehmer dazu an, den Global Code zu befolgen, sondern gehen mit gutem Beispiel voran, indem sie sich selbst an den Code gebunden haben. So haben sie bereits ihre internen Verfahren einer Überprüfung unterzogen, Lückenanalysen ihrer internen Devisenhandelsaktivitäten im Hinblick auf die anzuwendenden Grundsätze des Global Code durchgeführt, wo nötig interne Abläufe angepasst und regelmäßige Weiterbildungsveranstaltungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Leben gerufen. Die EZB führte diese Maßnahmen ebenfalls durch und veröffentlichte zeitgleich mit 14 weiteren Zentralbanken des ESZB am 29. November 2017 ihre Verpflichtungserklärung. Die übrigen ESZB-Zentralbanken vollzogen diesen Schritt im Laufe des Jahres 2018. Aus Sicht der Notenbanken sind gut funktionierende Finanzmärkte für die Gewährleistung einer reibungslosen Übertragung der geldpolitischen Impulse auf die Realwirtschaft – wovon letztlich alle Bürgerinnen und Bürger profitieren sollten – von großer Bedeutung.
Weltweit hat sich bereits eine beträchtliche Anzahl von Marktteilnehmern öffentlich zur Einhaltung des Global Code bekannt. Mit Stand Oktober 2018 haben mehr als 400 Institutionen die Verpflichtungserklärung unterzeichnet. Mehr als die Hälfte davon sind Banken, ca. 10 % sind Zentralbanken und knapp 10 % sind Vermögensverwalter (siehe Abbildung A). Die Zentralbanken des ESZB werden ihre Kommunikationsaktivitäten in koordinierter Weise fortsetzen, um unter Marktteilnehmern und -verbänden das Wissen um den Global Code und seine Einhaltung auf breiter Ebene sowie die Gewährleistung robuster Devisenmärkte zu fördern. In diesem Sinne leitet die EZB eine GFXC-Arbeitsgruppe mit dem Ziel, Möglichkeiten zu finden, die es Unternehmen auf der Käuferseite leichter machen, sich mit dem Global Code auseinanderzusetzen bzw. ihn einzuhalten.
Abbildung A
Verpflichtungserklärungen nach Marktteilnehmern
6 Mehr Banknoten, weniger Fälschungen
Die EZB und die NZBen des Euroraums sind für die Ausgabe von Euro-Banknoten innerhalb des Euroraums und für die Wahrung des Vertrauens in die Gemeinschaftswährung verantwortlich. Seit der Einführung des Euro-Bargelds im Jahr 2002 ist der mengen- und wertmäßige Euro-Banknotenumlauf kontinuierlich gestiegen – in den letzten Jahren sogar rascher als das Wirtschaftswachstum. Durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren, wie etwa die verbesserten Sicherheitsmerkmale der neuen Europa-Serie, die Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden sowie Kommunikations- und Schulungsmaßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene, ist die Anzahl der Fälschungen weiter zurückgegangen und hat nunmehr ein sehr niedriges Niveau erreicht. Am 28. Mai 2019 wird die Einführung der neuen 100-€- und 200-€-Banknoten mit ihren neuen, innovativen Sicherheitsmerkmalen die Europa-Serie vervollständigen.
6.1 Banknotenumlauf weiterhin steigend
Anzahl und Gesamtwert der im Umlauf befindlichen Euro-Banknoten steigen kontinuierlich an
Im Jahr 2018 erhöhte sich der Euro-Banknotenumlauf mengen- bzw. wertmäßig um etwa 5,6 % bzw. 5,2 %. Zum Jahresende waren 22,6 Milliarden Euro-Banknoten mit einem Gesamtwert von 1 231 Mrd € im Umlauf (siehe Abbildung 23 und 24). Mit 6,9 % verzeichnete die 100-€-Banknote 2018 die höchste Jahreszuwachsrate. Ende 2018 betrug der Gesamtwert der im Umlauf befindlichen 100-€-Banknoten 280 Mrd € und entsprach somit dem Gesamtwert sämtlicher im Mai 2002 im Umlauf befindlichen Euro-Banknoten aller Stückelungen. Der jährliche Zuwachs bei der 50-€-Banknote blieb mit 6,3 % dynamisch.
Abbildung 23
Mengen- und wertmäßiger Euro-Banknotenumlauf
Abbildung 24
Wertmäßiger Euro-Banknotenumlauf nach Stückelung
Ein Drittel der Euro-Banknoten (gemessen am Wert) wird außerhalb des Euroraums gehalten
Auf Länder außerhalb des Euroraums entfällt schätzungsweise rund ein Drittel des wertmäßigen Euro-Banknotenumlaufs. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Banknoten höherer Stückelungen, die in erster Linie in den Nachbarländern des Euroraums gehalten und zur Wertaufbewahrung sowie zur Abwicklung von Transaktionen an internationalen Märkten genutzt werden.
Für die Herstellung der Euro-Banknoten sind die NZBen des Euroraums gemeinsam zuständig; im Jahr 2018 wurden sie mit der Produktion von insgesamt etwa 4 Milliarden Banknoten betraut.
Der gesamte Euro-Münzumlauf erhöhte sich im Berichtsjahr um 3,7 % auf 130,7 Milliarden Stück (Jahresendstand). Der Gesamtwert des Münzumlaufs betrug 29,0 Mrd € und war somit um 3,6 % höher als Ende 2017.
Im Jahr 2018 prüften die NZBen des Euroraums rund 31 Milliarden Banknoten auf Echtheit und Umlauffähigkeit; etwa 5 Milliarden Stück wurden für nicht umlauffähig befunden und dementsprechend aus dem Verkehr gezogen. Zudem setzte das Eurosystem seine Bemühungen fort, gemeinsam mit den Herstellern von Banknotenbearbeitungsgeräten sicherzustellen, dass deren Produkte den Standards der EZB für die Überprüfung von Euro-Banknoten auf Echtheit und Umlauffähigkeit vor der Wiederausgabe entsprechen. Im Berichtsjahr wurden rund 37 Milliarden Euro-Banknoten von Kreditinstituten und anderen professionellen Bargeldakteuren mit Banknotenbearbeitungsgeräten auf Echtheit und Umlauffähigkeit geprüft. Informationen über die Umfrage des Eurosystems zu den Bargelddienstleistungen von Kreditinstituten und zur Akzeptanz von Barzahlungen im Handel finden sich in Kasten 6.
Kasten 6
Umfrage des Eurosystems zu den Bargelddienstleistungen von Kreditinstituten und zur Akzeptanz von Barzahlungen im Handel
Obwohl elektronische Zahlungen immer häufiger genutzt werden, stieg die Nachfrage nach Bargeld im Jahr 2018 weiter an. In aktuellen Diskussionen zur Rolle von Bargeld wird vielfach angeführt, dass Bargeld teuer ist und die Kreditinstitute ihre Bargelddienstleistungen immer stärker einschränken. In Anknüpfung an eine 2016 durchgeführte EZB-Studie zur Verwendung von Bargeld durch private Haushalte erhoben die EZB und die 19 Eurosystem-Zentralbanken 2018 in einer Umfrage bei 87 Kreditinstituten, 55 Geldbearbeitungs- und Werttransportunternehmen und 157 Geschäften (z. B. Fach- und Einzelhandel, Restaurants), wie Bargeld von den unterschiedlichen Beteiligten am Bargeldkreislauf (siehe Schaubild A) wahrgenommen wird und wie die Bargeldinfrastruktur effizienter gestaltet werden könnte. Die Umfragedaten wurden durch Interviews mit den jeweiligen Bargeldakteuren erhoben. Das bedeutet, dass die Umfrageergebnisse qualitativer Natur und die in der Folge angeführten Zahlen mit Vorsicht zu interpretieren sind.
Schaubild A
Der Bargeldzyklus im Euroraum
Bargelddienstleistungen von Kreditinstituten
Während sämtliche befragten Kreditinstitute ihre Bargelddienstleistungen für Kunden als ressourcen- und kostenintensiv bezeichneten, bewerteten 75 % der Befragten diese Dienstleistungen als „wichtig“ bzw. „sehr wichtig“ und nur 5 % als „unwichtig“ (20 % standen der Frage neutral gegenüber). Der Kostendruck, dem die Banken ausgesetzt sind, ist weiterhin der wichtigste Grund für die Automatisierung von Cash-Management-Abläufen und den Ausbau von Selbstbedienungs-Banking (SB-Banking). Das schrittweise Ersetzen herkömmlicher Geldautomaten durch Mehrzweckgeräte, insbesondere durch kombinierte Ein- und Auszahlungsautomaten, wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen; technische Innovationen in der Branche unterstützen diesen Trend. Der Umfrage zufolge erfolgen derzeit rund 75 % aller Euro-Banknotenabhebungen von Kunden über SB-Banking, während kundenseitige Banknoteneinzahlungen zu gleichen Teilen am Bankschalter bzw. über Automaten erfolgen (siehe Abbildung A).
Abbildung A
Automatisierungsgrad von Banknotenein- und -auszahlungen bei Banken
Aus Gründen der Kosteneffizienz analysieren Kreditinstitute die wirtschaftliche Tragfähigkeit von Standorten für Geldautomaten mit großer Sorgfalt und verlegen nicht ausreichend genutzte Geräte an andere Standorte bzw. legen sie still. Auch Faktoren wie Bankenfusionen oder Kooperationsmodelle zwischen Banken, die den Kunden die gebührenfreie Nutzung von Geldautomaten anderer Institute ermöglichen, tragen zu einer Reduzierung des Geldautomatennetzes bei. Ein Rückgang der Geldautomatendichte lässt sich derzeit in den Niederlanden, Frankreich und Portugal beobachten. In Italien, Griechenland und Zypern hingegen werden die Geldautomatennetze weiter ausgebaut. Abbildung B bietet einen Überblick über die mittelfristigen Pläne der Banken für die Dichte ihres Geldautomatennetzes und zeigt, dass sich die derzeit divergierenden Trends in den nächsten Jahren fortsetzen könnten. Eine effiziente Methode der Bargeldversorgung im kleineren Stil ist das Cashback-Verfahren, d. h. die Möglichkeit, im Einzelhandel im Zuge von Kartenzahlungen für Güter oder Dienstleistungen Bargeld abzuheben. Diese Möglichkeit der Bargeldabhebung, quasi ein Zusatzservice für Einzelhandelskunden, besteht derzeit in 11 Ländern des Euroraums, wenn auch teilweise nur in sehr eingeschränktem Ausmaß.
Abbildung B
Pläne der Banken im Euroraum zur Entwicklung des Geldautomatennetzes
Der Transport von Bargeld zwischen Einzelhändlern, gewerblichen Bargeldbearbeitern und NZBen sowie interne Cash-Management-Abläufe werden, insbesondere für Münzgeld, weitgehend an Bargeldbearbeitungsunternehmen ausgelagert. Abbildung C bietet einen Überblick über die Auslagerung der wichtigsten Geldbearbeitungsaktivitäten. Erhebliche Verschiebungen sind in naher Zukunft nicht zu erwarten, was darauf hindeutet, dass die Banken bereits jetzt über effiziente Bargeldbearbeitungsprozesse verfügen.
Abbildung C
Grad der Auslagerung bargeldbezogener Dienstleistungen seitens der Banken
Im Bereich der Münzbearbeitung wurde die Möglichkeit einer weiteren Effizienzsteigerung geortet, da hier die Logistik als aufwändig und die Leistung von Münzbearbeitungsmaschinen gegenüber jener von Banknotenbearbeitungsmaschinen als weniger zufriedenstellend eingestuft wurde. Den Angaben der Kreditinstitute zufolge ließe sich die Effizienz der Bargeldbearbeitung erhöhen, wenn ihnen bei der verpflichtenden Überprüfung von Münzen größere Flexibilität eingeräumt und die Verwendung von 1-Cent- und 2-Cent-Münzen eingestellt würde. Außerdem wäre dem Einzelhandel laut Aussagen der Kreditinstitute insbesondere im Hinblick auf die Bereitstellung von Münzgeld mit einer dezentraleren Bargeldversorgung seitens der NZBen und Münzausgabestellen geholfen.
Akzeptanz von Barzahlungen im Handel
Angesichts der großen Bandbreite an Einzelhandelsunternehmen gestaltete es sich schwierig, repräsentative qualitative Ergebnisse aus der Umfrage abzuleiten. Da verschieden große Unternehmen aus unterschiedlichen Sektoren befragt wurden, bietet die Umfrage dennoch einen guten Einblick in die Ansichten der Einzelhändler im Euroraum. Im Allgemeinen nannten die Einzelhändler die zuverlässige Abwicklung von Zahlungsverkehrstransaktionen sowie die diesbezüglichen Kundenpräferenzen als wichtigste Kriterien zur Beurteilung von Zahlungsinstrumenten. Von sekundärer Bedeutung waren die Transaktionsgeschwindigkeit und die bei Zahlungen anfallenden Gesamtkosten, gefolgt von Sicherheitsaspekten. An diesen Kriterien gemessen schnitt Bargeld gut ab – insbesondere bei kleineren Einzelhandelsunternehmen, deren interne Bargeldbearbeitungskosten generell niedriger sind als die Gebühren für elektronische Zahlungen, sowie in Ländern mit niedrigen (oder keinen) Bankgebühren für Bargelddienstleistungen (siehe Abbildung D).
Abbildung D
Kriterien des Einzelhandels für die Akzeptanz unterschiedlicher Zahlungsmittel
Die befragten Einzelhändler brachten diverse Vorschläge zur Effizienzsteigerung im Bargeldkreislauf ein, darunter niedrigere Bankgebühren für Bargeldeinlagen, die raschere (sofortige) Gutschrift von Bargeldeinlagen auf Bankkonten sowie die verstärkte Bestückung der Geldausgabeautomaten mit 5-€-Banknoten. Letzteres würde ihren Wechselgeldbedarf verringern. Darüber hinaus äußerte der Handel den Wunsch nach einem stärkeren Wettbewerb in der gewerblichen Bargeldbearbeitung. In einigen Mitgliedstaaten wurde auch eine stärkere Beteiligung der NZBen an der Münzversorgung, einschließlich des direkten Zugangs zu den Münzdienstleistungen der Notenbank, gefordert. Ein weiterer häufig genannter Vorschlag bestand in der Abschaffung der 1-Cent- und 2-Cent-Münzen (in Kombination mit Regeln für die Rundung des zu zahlenden Gesamtbetrags auf den nächstliegenden 5-Cent-Betrag) als kostensenkende Maßnahme.
Die Umfrageergebnisse legen nahe, dass die große Mehrheit der Kreditinstitute plant, bei gleichzeitigem Ausbau des SB-Banking auch weiterhin eine angemessene Palette an Bargelddienstleistungen anzubieten. Da mehr als ein Drittel der befragten Kreditinstitute angab, ihr Geldautomatennetz reduzieren zu wollen, werden die EZB und die Eurosystem-Zentralbanken den Bargeldkreislauf und die Bargelddienstleistungen der Banken in Zukunft allerdings noch aufmerksamer beobachten. Obwohl die Umfrageergebnisse keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Akzeptanz von Bargeld im Einzelhandel geben, ist es wichtig, dass das Bargeld auch künftig ein gleichberechtigtes Zahlungsmittel bleibt und dass weder seine wichtige Rolle im Zahlungsverkehr noch seine Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel infrage gestellt werden.
6.2 Weiterhin niedriges und rückläufiges Fälschungsaufkommen bei Euro-Banknoten
Die Gesamtanzahl der Euro-Banknotenfälschungen ging im Jahr 2018 zurück: Rund 563 000 gefälschte Euro-Banknoten wurden aus dem Verkehr gezogen. Dieser Rückgang beruht auf dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren, wie etwa den verbesserten Sicherheitsmerkmalen der neuen Europa-Serie, der Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden sowie Kommunikations- und Schulungsmaßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene. Gemessen an der Anzahl der im Umlauf befindlichen echten Euro-Banknoten ist der Anteil der Fälschungen weiterhin rückläufig und sehr gering. Abbildung 25 zeigt die langfristige Entwicklung der Gesamtmenge der aus dem Umlauf sichergestellten Banknotenfälschungen. Bevorzugtes Ziel der Fälscher sind die 20-€- und die 50-€-Banknote, auf die im Berichtsjahr in Summe über 80 % aller sichergestellten Fälschungen entfielen. Der Anteil der gefälschten 20-€-Banknoten ging im Jahr 2018 weiter zurück.
Abbildung 25
Anzahl der Euro-Banknotenfälschungen je Million im Umlauf befindlicher echter Euro-Banknoten
EZB rät Öffentlichkeit zur Wachsamkeit und empfiehlt FÜHLEN-SEHEN-KIPPEN zur Banknotenprüfung
Obwohl die Qualität der aus dem Umlauf sichergestellten Fälschungen zurückgegangen ist, rät die EZB der Öffentlichkeit auch weiterhin zur Wachsamkeit im Hinblick auf möglichen Betrug und empfiehlt, Euro-Banknoten nach dem Prinzip FÜHLEN-SEHEN-KIPPEN zu prüfen und sich nicht nur auf ein einziges Sicherheitsmerkmal zu verlassen. Außerdem bietet die EZB innerhalb wie auch außerhalb Europas regelmäßig Schulungen für professionelle Bargeldakteure an und unterstützt den Kampf des Eurosystems gegen Geldfälschungen, indem sie aktuelle Informationsmaterialien zur Verfügung stellt. Auch in der Zusammenarbeit mit Europol, Interpol und der Europäischen Kommission verfolgt die EZB dieses Ziel.
6.3 Vorstellung der 100-€- und 200-€-Banknoten mit verbesserten Sicherheitsmerkmalen
Am 17. September 2018 wurden die neuen, mit verbesserten Sicherheitsmerkmalen ausgestatteten 100-€- und 200-€-Banknoten vorgestellt. Sie sind nach den 5-€-, 10-€-, 20-€- und 50-€-Banknoten die letzten beiden Stückelungen der Europa-Serie und werden am 28. Mai 2019 in Umlauf gebracht. Damit sind die mehrjährige Vorbereitungsphase und die diesbezügliche Zusammenarbeit im Eurosystem abgeschlossen.
Die zweite Euro-Banknotenserie ist vollständig
Gemäß Beschluss des EZB-Rats wurde in die Europa-Serie keine 500-€-Banknote aufgenommen. Mit dieser Entscheidung wurde Bedenken Rechnung getragen, dass diese Stückelung illegalen Aktivitäten Vorschub leisten könnte. Angesichts der internationalen Rolle des Euro und des weit verbreiteten Vertrauens in die Euro-Banknoten wird die 500-€-Banknote gesetzliches Zahlungsmittel bleiben und kann somit auch weiterhin für Zahlungen und zur Wertaufbewahrung genutzt werden. Die Euro-Banknoten werden dauerhaft ihren Wert behalten, da jede Euro-Banknote auf unbefristete Zeit bei jeder NZB des Euroraums umgetauscht werden kann.
Im Rahmen einer von der EZB und den NZBen des Euroraums durchgeführten Informationskampagne werden die breite Öffentlichkeit und professionelle Bargeldakteure auf die Einführung der neuen 100-€- und 200-€-Banknoten vorbereitet. Wie die übrigen Stückelungen lassen sich auch die neuen Banknoten nach dem Prinzip „FÜHLEN-SEHEN-KIPPEN“ einfach überprüfen; darüber hinaus weisen die beiden Banknoten mit hohem Nennwert neue, innovative Sicherheitsmerkmale auf. Der wertmäßige Anteil der 100-€-Banknote am Banknotenumlauf liegt nach dem der 50-€-Banknote an zweiter Stelle; gemessen an der Stückzahl der im Umlauf befindlichen Banknoten liegt die 100-€-Banknote an dritter Stelle (nach der 50-€- und der 20-€-Banknote und vor der 5-€- und der 10-€-Banknote). Das Eurosystem unterstützt Hersteller und Besitzer von Banknotenbearbeitungs- und -prüfgeräten bei den zur Umstellung auf die neuen Banknoten notwendigen Vorbereitungen. So werden Gerätetests ermöglicht und noch nicht ausgegebene Banknoten der Europa-Serie von den NZBen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt; außerdem wird ein Verzeichnis erfolgreich getesteter Geräte zur Echtheitsprüfung und Bearbeitung von Banknoten veröffentlicht.
7 Statistik
Die EZB konzipiert, erhebt, erstellt und veröffentlicht – mit Unterstützung der NZBen sowie der nationalen zuständigen Behörden (bei mit dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) zusammenhängenden Aufgaben) – eine breite Palette von Statistiken, die eine wichtige Basis für die Geldpolitik des Euroraums, die Aufsichtsfunktionen der EZB, verschiedene andere Aufgaben des ESZB sowie für die Aufgaben des ESRB darstellen. Diese Statistiken werden auch von öffentlichen Stellen, Finanzmarktteilnehmern, den Medien und der Bevölkerung genutzt und tragen so zur Erfüllung des Transparenzziels der EZB bei. Das ESZB hat seine Kooperation mit dem Europäischen Statistiksystem weiter vertieft, vor allem im Hinblick auf die Überlegungen und Initiativen zur Ermittlung von Globalisierungsaktivitäten, insbesondere jener der multinationalen Unternehmen. Die regelmäßigen Statistiken des ESZB zum Euroraum konnten auch im Berichtsjahr reibungslos und termingerecht bereitgestellt werden. Außerdem wurden beträchtliche Anstrengungen unternommen, um neuen Anforderungen für hochwertige Statistiken mit höherer Granularität auf der Länder-, Sektor- und Instrumentenebene nachzukommen.
7.1 Neue und verbesserte Euroraum-Statistiken
Klarer Trend zu granularen Daten für rasche und flexible Analysen
Hinsichtlich der Erhebung von Bankdaten verfolgen das ESZB und dessen Ausschuss für Statistik die Strategie, eine größtmögliche länder- und sektorübergreifende Standardisierung und Harmonisierung des bestehenden ESZB-Statistikangebots zu erzielen. Dazu werden klare, harmonisierte Konzepte, Definitionen und Anforderungen sowie möglichst standardisierte Daten erforderlich sein; diese Maßnahmen würden die automatische Datenverarbeitung unterstützen und die Datenqualität verbessern. Maßgeblich für die strategische Ausrichtung ist des Weiteren der Trend zur Erhebung von Daten mit erhöhter Granularität, weil dadurch neue Datenanforderungen flexibler und zeitnäher erfüllt werden können und die Notwendigkeit von Ad-hoc-Anfragen zurückgeht. Hauptziele sind dabei die Effizienzsteigerung im Meldewesen und die Verringerung der Berichtslast der Banken.
Ein Element dieser Strategie ist der Aufbau eines ESZB-weit integrierten Berichtswesens (IReF), d. h. die Zusammenführung der statistischen Berichtspflichten der Banken und die Abdeckung des gesamten diesbezüglichen Datenbedarfs des ESZB auf einer einheitlichen Erhebungsebene. Der IReF würde auch die Transformationsregeln umfassen, die anzuwenden sind, um ausgehend von dieser einheitlichen Erhebungsebene jene monetären und finanziellen Aggregate zu generieren, die zur Erfüllung der spezifischen Anforderungen von Fall zu Fall notwendig sind. Ein weiteres Element der Strategie – das Banks’ Integrated Reporting Dictionary (BIRD) – soll die Meldepflichtigen dabei unterstützen, die in ihren internen Systemen gespeicherten Informationen effizient zu organisieren. Entsprechende Umwandlungsregeln, die auf BIRD aufbauen, sollen den Banken bei der Erfüllung ihrer Berichtspflichten behilflich sein. Sobald der IReF in Kraft ist, werden den Banken in allen Ländern des Euroraums dieselben Transformationsregeln zur Verfügung stehen. Der Ansatz des ESZB zur Kooperation mit dem Bankensektor wird in Kasten 7 erläutert.
Kasten 7
Kooperativer Ansatz für ESZB-Statistiken
Als Grundlage für die geldpolitischen Entscheidungen und die makro- und mikroprudenzielle Aufsicht benötigen die Entscheidungsträger des ESZB qualitativ hochwertige Statistiken. Diese werden zum Großteil vom Bankensektor selbst zur Verfügung gestellt. Daher ist es wichtig, dass die Banken über ihre Meldepflichten gut Bescheid wissen und dadurch sicherstellen, dass sie dem ESZB qualitativ hochwertige Daten melden.
Umgekehrt lässt sich die Datenqualität durch eine Harmonisierung der statistischen Berichtspflichten und das Vermeiden von Mehrfachabfragen verbessern. Ausgehend von diesen Überlegungen beschloss der Ausschuss für Statistik des ESZB, mit dem Bankensektor in einen Dialog zu treten, um so einen Meinungsaustausch zu neuen und laufenden Initiativen im Bereich der ESZB-Statistiken zu ermöglichen. Die Auftaktsitzung fand am 16. März 2018 statt; künftig sollen jährliche Treffen bei der EZB erfolgen. Den Transparenzleitlinien entsprechend werden die Tagesordnung, das Sitzungsprotokoll und die Folien der Präsentationen auf der Website der EZB veröffentlicht.
Auf der Sitzung am 16. März tauschten sich die Teilnehmenden zunächst über die mittelfristigen Aussichten für die Harmonisierung der Berichtspflichten im Rahmen des integrierten Berichtswesens (Integrated Reporting Framework – IReF) aus. Die Vertreter des Bankensektors unterstützten diese Initiative und bekundeten ihr Interesse daran, die Berichtspflichten nicht nur in Bezug auf die ESZB-Statistiken, sondern auch hinsichtlich jener Daten zu harmonisieren, die für aufsichtliche Zwecke oder zur Erfüllung spezifischer nationaler bzw. nicht mit dem ESZB zusammenhängender Anforderungen erhoben werden. Der Bankensektor unterstützte auch ausdrücklich den Aufbau des Banks’ Integrated Reporting Dictionary (BIRD), aus dem ersichtlich ist, welche Daten zur Erstellung der für das ESZB erforderlichen Meldungen aus den internen IT-Systemen der Banken zu extrahieren sind und welche aufsichtlichen Meldeanforderungen gelten. Diese Initiative trägt dazu bei, die Qualität der gemeldeten Daten zu erhöhen. Das ESZB hat weitere Geschäftsbanken eingeladen, sich der BIRD-Initiative anzuschließen, um deren kontinuierliche Weiterentwicklung zu gewährleisten. Schließlich stellt die EZB der Bankenbranche im Downloadbereich der Website UNSERE STATISTIKEN ausgewählte Statistiken zum praktischen Download zur Verfügung.
Der Dialog zwischen dem Bankensektor und dem ESZB wurde auch nach der Sitzung weiter fortgeführt. Als Ergebnis des laufenden Meinungsaustauschs hat die Europäische Bankenvereinigung kürzlich Grundsätze für ein integriertes Meldewesen veröffentlicht, in denen sie ihre Unterstützung für IReF und BIRD bekräftigt.
Im Zuge der Umsetzung dieser Strategie lieferte die Generaldirektion Statistik der EZB 2018 umfassende granulare Datensätze, um damit eingehende und flexible Analysen auf Basis multipler Kriterien zu ermöglichen. Ein herausragendes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Erhebung granularer Kredit- und Kreditrisikodaten im Rahmen von AnaCredit, die 2018 erstmals erfolgte. AnaCredit ist eine Initiative zur Erhebung detaillierter, zeitnaher und harmonisierter Daten auf Einzelkreditebene zur Kreditvergabe der Banken an Unternehmen oder andere Rechtsträger, wobei die Datennutzung entsprechenden Vertraulichkeitsvorschriften unterliegt. Das zugrunde liegende Datenmodell unterstützt die zügige Ableitung unzähliger Kombinationen von granularen Daten und bietet so den Anwendern in verschiedenen Bereichen des Zentralbankwesens und der Bankenaufsicht größere Flexibilität in der Analyse bei gleichzeitiger Steigerung der Analysequalität und ermöglicht Vergleiche mit aggregierten Statistiken im Rahmen der Datenqualitätssicherung. Sobald sämtliche NZBen des Euroraums ihr Meldewesen komplett auf AnaCredit umgestellt haben, werden im Rahmen von AnaCredit voraussichtlich jeden Monat Daten zu rund 50 Millionen Geschäften erhoben werden.
Auch die Arbeitsgruppe zur Wertpapierbestandsstatistik (SHSG) konnte bedeutende Fortschritte erzielen. Der Datensatz zur Wertpapierbestandsstatistik enthält hoch granulare Daten, die sich sogar bis auf die Ebene der einzelnen Mitglieder bestimmter Bankengruppen (Investoren) bzw. bis auf Einzelwertpapierebene (Bestände) aufschlüsseln lassen. Unter anderem können so Risiken und Übertragungseffekte an den Finanzmärkten korrekt und flexibel identifiziert werden. Die Datenerhebung zum Wertpapierbestand einzelner Bankengruppen auf Einzelwertpapierbasis wurde um eine größere Anzahl an Bankengruppen und Attributen erweitert. Seit dem dritten Quartal 2018 deckt das verbesserte Meldewesen nun sämtliche direkt von der EZB beaufsichtigten Bankengruppen ab. Darüber hinaus werden die neuen Attribute AnaCredit-konform gemeldet, sodass Daten zu Krediten und Wertpapieren auf harmonisierte Weise kombiniert und gemeinsam analysiert werden können. Die granularen Datensätze von AnaCredit wie auch der Wertpapierbestandsstatistik stützen sich auf ein Registersystem, das vollständige, genaue und zeitnahe Informationen zu institutionellen Einheiten (Datenregister über Institute und verbundene Unternehmen – RIAD) sowie zu Finanzinstrumenten (zentralisierte Wertpapierdatenbank – CSDB) enthält; beide Datensätze konnten im Jahr 2018 erheblich verbessert werden.
So wurden etwa die Kapazitäten von RIAD, dem gemeinsam genutzten Datensatz an Referenzdaten zu rechtlichen und anderen statistischen institutionellen Einheiten, im Laufe des Berichtsjahrs wie vorgesehen erweitert, wodurch sich der Nutzen für die Geschäftsabläufe innerhalb des Eurosystems und die Durchführung der Aufgaben des ESZB und des SSM erhöht. Außerdem veröffentlichte die EZB im Juni 2018 die Leitlinie zum Datenregister über Institute und verbundene Unternehmen (Leitlinie EZB/2018/16), die die Koordinierung der Aufgaben der NZBen im Hinblick auf die Meldung von Referenzdaten an RIAD verbessert. Im Berichtsjahr initiierte die EZB eine Änderung der Verordnung über Geldmarktstatistiken (Verordnung EZB/2014/48). Die geänderte Verordnung wird die Erfassung von Transaktionen mit sämtlichen finanziellen Geschäftspartnern sicherstellen, die Verwendung der Kennung der juristischen Person (Legal Entity Identifier – LEI) forcieren sowie die Verpflichtungen der Berichtspflichtigen zur Einhaltungen hoher Standards zum Schutz der Datenintegrität straffen. Nach Abschluss zweier öffentlicher Konsultationsverfahren gab die EZB am 28. Juni 2018 die Methodik zur Berechnung des Zinssatzes für kurzfristige Euro-Einlagen (Euro Short-Term Rate – €STR) bekannt (siehe Kapitel 5 Abschnitt 1). Der €STR soll ab Oktober 2019 veröffentlicht werden. In der Zwischenzeit veröffentlicht die EZB sogenannte Pre-€STR-Werte, anhand derer die Marktteilnehmer die Tauglichkeit des neuen Zinssatzes vorab überprüfen können; so können die rechtzeitige Anpassung der operativen Abläufe sowie ein reibungsloser Übergang gewährleistet werden. Pre-€STR-Werte umfassen tägliche historische Zeitreihendaten ab 15. März 2017.
Laufende Optimierung der Makrostatistiken im Sinne der Datenzweckmäßigkeit
Um die Anforderungen der Nutzer angesichts des rapiden globalen Wandels weiterhin optimal zu erfüllen, werden auch die Makrostatistiken der EZB ständig weiterentwickelt. Am 17. Februar 2018 wurde eine neue Verordnung der EZB über die statistischen Berichtspflichten der Altersvorsorgeeinrichtungen (Verordnung EZB/2018/2) veröffentlicht. Sie dient der Erhöhung der Transparenz und der Verbesserung der Vergleichbarkeit von Daten in diesem rasch wachsenden Bereich der Finanzbranche. Die Verordnung wird die Mängel der derzeitigen, nicht harmonisierten und unvollständigen vierteljährlichen Statistik zu den Altersvorsorgeeinrichtungen, die seit Juni 2011 veröffentlicht wird, beheben und dabei insbesondere die eingeschränkte Datenlage verbessern, die sich aus dem bisherigen Fehlen von Transaktionsdaten in ausreichender Qualität ergab.
Im Berichtsjahr wurde die Leitlinie der EZB über die monetären und die Finanzstatistiken geändert (Leitlinie EZB/2018/17). Sie sieht nun die Übermittlung weiterer Daten an die EZB vor, soweit diese Daten den NZBen zur Verfügung stehen. Dazu gehören monatliche Daten zur Bereinigung von MFI-Krediten um Kreditverkäufe und -verbriefungen, Angaben zu fiktiven Cash-Pooling-Aktivitäten, die jeweils aktuellen MFI-Positionen gegenüber dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss, eine Aufschlüsselung von Kapital und Rücklagen der MFIs in Unterkategorien sowie Daten zur Ermittlung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren innerhalb der Investmentfondsstatistik.
Geändert wurde ferner die Leitlinie der EZB über die außenwirtschaftlichen Statistiken (Leitlinie EZB/2018/19), zum einen im Hinblick auf den aktuellen Analysebedarf im Bereich der Geldpolitik und der Finanzstabilität, zum anderen im Hinblick auf eine bessere Integration der beiden Blöcke der Außenwirtschaftsstatistik (Zahlungsbilanz und Auslandsvermögensstatus) und der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (einschließlich der Sektorkonten). Im Wesentlichen kann so das Datenangebot um zusätzliche, noch detailliertere geografische und sektorspezifische Daten erweitert werden. Die betreffenden Daten sind ab März 2021 zu melden.
Die neuen granularen Datensätze sind für die makroökonomische Statistik in vielerlei Hinsicht ein Gewinn. Die Verknüpfung von Makrodaten und granularen Daten könnte die Qualität der Statistiken verbessern, neue statistische Produkte ermöglichen und die Analyseflexibilität erhöhen. In diesem Zusammenhang setzte die EZB ihr Projekt zur Verknüpfung von Mikrodaten (aus der Haushaltsbefragung zu Finanzen und Konsum – HFCS) und Makrodaten (aus den Sektorkonten) zum Vermögen und zu den Verbindlichkeiten der privaten Haushalte weiter fort. Dabei geht es um die Nutzbarmachung makroökonomischer Daten zur Vermögensverteilung und Verschuldungsstruktur des Haushaltssektors, wodurch neue wertvolle Informationen für die volkswirtschaftliche Analyse gewonnen werden können.
Die gemeinsame Analyse zeitnaher, über verschiedene Marktsegmente hinweg integrierter Mikrodaten eröffnet die Möglichkeit, komplexere, unvorhergesehene und sich rasch ändernde Verhaltensmuster an den Märkten zeitnah zu untersuchen. Um derartige Fortschritte zu ermöglichen, hat die EZB ihre engagierten Bemühungen um die globale Datenstandardisierung verstärkt und ihre diesbezügliche Führungsrolle weiter ausgebaut. Initiativen in diesem Zusammenhang sind etwa das globale System zur Kennung der juristischen Person (Global Legal Entity Identifier System), das bereits – allerdings noch nicht flächendeckend – in Betrieb ist, sowie die Entwicklung entsprechender ISO-Standards. Schließlich wird auch der laufende Einsatz für die Datenstandardisierung an den Märkten zur Verbesserung der Qualität des erhobenen Datenmaterials beitragen und zugleich die Betriebskosten und operationellen Risiken für alle Beteiligten senken.
7.2 Erhöhte Transparenz und bessere Kommunikation
Im Jahr 2018 unternahm die EZB weitere Schritte zur Erhöhung der Transparenz. So wurde das Statistikangebot für externe professionelle Nutzer und die breite Öffentlichkeit leichter zugänglich gemacht und benutzerfreundlicher und interaktiver gestaltet. Im Sinne der „Mobile First“-Initiative der EZB wurde das Web-Format der statistischen Pressemitteilungen verbessert, um den Datenzugriff zu erleichtern und das Teilen der Daten über die sozialen Medien zu ermöglichen. Das Statistikportal der EZB, das Statistical Data Warehouse, wurde 2018 weiter optimiert. Das Datenangebot insgesamt wurde mit einer zusätzlichen Website (UNSERE STATISTIKEN) mit neu aufbereiteten Euroraum-Daten und vergleichbaren nationalen Statistiken erweitert. Professionelle Nutzer wie etwa Journalistinnen und Journalisten können diese Darstellungen in der EU-Sprache ihrer Wahl in ihre Newsfeeds oder Websites übernehmen.
Auch die Statistiken der Bankenaufsicht wurden angesichts der Veränderungen am Markt und im regulatorischen Umfeld weiterentwickelt, um den Anforderungen und Rückmeldungen der Nutzer gerecht zu werden. Die EZB erhebt und veröffentlicht vierteljährlich Statistiken der Bankenaufsicht zu direkt von der EZB beaufsichtigten Instituten. Diese Daten umfassen Informationen zu Bilanzstruktur, Ertragslage, Eigenkapitalausstattung, Verschuldungsquote, Finanzierung und Liquidität. Seit dem dritten Quartal 2018 werden auch Forderungen gegenüber dem öffentlichen Sektor, Aufschlüsselungen von Vermögenswerten nach der Zeitwerthierarchie sowie auf internen Ratings basierende Kreditrisikoparameter erfasst. Darüber hinaus veröffentlichte die EZB im Jahr 2018 – zusätzlich zu den drei Eigenmittel- und Verschuldungsquoten für 118 bedeutende Institute – erstmals bankspezifische Daten im Rahmen der Säule 3 zu risikogewichteten Aktiva, aufgeschlüsselt nach Risikokategorie und Berechnungsmethode, für von der EZB beaufsichtigte global systemrelevante Institute (G-SRIs) und andere systemrelevante Institute (A-SRIs) (75 Institute). Dieser neue Transparenzgrad ermöglicht den Beteiligten aussagekräftige Vergleiche der bankenaufsichtlichen Referenzgrößen. Im Jahr 2018 verbesserte die EZB ihre Kommunikation mit dem Bankensektor im Hinblick auf den Qualitätssicherungsprozess für aufsichtliche Daten und lud Vertreter des Bankensektors zu einer Diskussion über die Entwicklung zusätzlicher Qualitätsprüfungen für SSM-Daten. Um diesbezüglich Transparenz zu wahren, wurde auf den Websites der EZB und der nationalen zuständigen Behörden eine erste Liste dieser Qualitätsprüfungen veröffentlicht.
Die EZB fungierte im Berichtsjahr auch als Mitveranstalterin der alle zwei Jahre stattfindenden Conference of European Statistics Stakeholders, die 2018 in Bamberg, Deutschland, abgehalten wurde und Akteuren aus dem Bereich der europäischen Statistiken, also Vertretern aus Wissenschaft und Forschung, Statistikerstellern und gesellschaftlichen Interessensgruppen, die Möglichkeit zur Vernetzung und zur Diskussion statistischer Methoden bot. Zum 20-jährigen Jubiläum der ESZB-Statistiken veranstaltete die EZB eine Konferenz mit dem Titel Ninth ECB Statistics Conference – 20 years of ESCB statistics: What’s next? (siehe Kasten 8).
Kasten 8
20 Jahre ESZB-Statistiken: Wie geht es weiter?
Der Statistikbereich des ESZB hat sich in den letzten 20 Jahren erheblich weiterentwickelt, nicht zuletzt im Zuge des Ausbaus des Aufgabenbereichs der EZB im Zusammenhang mit der Einrichtung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) im Jahr 2010 und des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) im Jahr 2013. Unter Facts count – 20 years of ESCB statistics sind die wichtigsten Entwicklungsschritte anschaulich dokumentiert. Bedeutende Meilensteine waren etwa der Ausbau des Datenangebots infolge der sukzessiven Erweiterung des Euroraums, die Bereitstellung von Verteilungsinformationen anstatt reiner Datenaggregate, die Nutzung von Erhebungen für mehrere Zwecke bzw. die Erhebung von Daten höherer Granularität sowie die laufende Modernisierung der statistischen Infrastruktur (Referenzdatenbanken und Standards), die eine entsprechende Datenintegration möglich macht.
Drei Grundprinzipien sind jedoch im Laufe der Jahre unverändert geblieben und werden auch in Zukunft von kritischer Bedeutung sein.
Erstens: Die Daten müssen eine hohe Qualität aufweisen. Politische Entscheidungen werden auf der Grundlage von statistischen Daten gefällt; die EZB hält an diesem Prinzip fest, um das öffentliche Vertrauen in Statistiken, Institutionen und politische Beschlüsse, die auf Basis dokumentierter Statistiken getroffen werden, aufrechtzuerhalten.
Zweitens: Kooperation ist und bleibt ein Schlüsselelement der statistischen Arbeit. Sowohl die interne Zusammenarbeit innerhalb des Eurosystems und des SSM als auch die externe Kooperation mit dem Bankensektor, dem Europäischen Statistiksystem und auf internationaler Ebene ist zur Erreichung unserer Ziele unabdingbar.
Drittens: ESZB-Statistiken müssen relevant sein. Das ESZB musste schon in der Vergangenheit mit den neuesten Entwicklungen Schritt halten, und in einer sich immer rascher verändernden Welt wird dies auch künftig erforderlich sein. Durch neue Technologien wird es möglich sein, enorme Datenmengen auf unterschiedliche Weise zu verarbeiten und zu nutzen. In Zukunft werden noch größere Datenmengen verfügbar werden und die statistische Arbeit wird von den neuen Entwicklungen in den Bereichen Datenwissenschaft, maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz profitieren.
Das strategische Ziel für die Zukunft ist auf die Integration unterschiedlicher Datenquellen ausgerichtet, um zu gewährleisten, dass ein umfassendes und konsistentes Bild des Finanzsystems erstellt werden kann. Dies wird Standardisierungsbemühungen auf europäischer und globaler Ebene erfordern, die die EZB auch in den nächsten Jahren weiter fördern wird. In diesem Zusammenhang ist die kürzlich erfolgte Aufnahme der EZB in das International Network for Exchanging Experience on Statistical Handling of Granular Data (INEXDA) zu sehen. In diesem Rahmen wird es möglich sein, Erfahrungen über bewährte Praktiken mit anderen Zentralbanken und internationalen Organisationen auszutauschen und die neuen Herausforderungen bei der Verarbeitung von Mikrodaten zu meistern.
Schließlich spielt mit der wachsenden Komplexität der Finanzstatistiken auch die Kommunikation mit der Öffentlichkeit eine immer größere Rolle (siehe Kapitel 7 Abschnitt 2).
Zum 20-jährigen Jubiläum der ESZB-Statistiken veranstaltete die EZB am 11. Juli 2018 in Frankfurt eine Konferenz mit dem Titel Ninth ECB Statistics Conference – 20 years of ESCB statistics: What’s next?. Anlässlich der Veranstaltung diskutierten Statistiker, politische Entscheidungsträger und Vertreter der Wissenschaft über den Anstieg des Arbeitsumfangs im Bereich Statistik im Lauf der Jahre und äußerten ihre Ansichten über die Zukunft der ESZB-Statistiken.
8 Forschungsschwerpunkte der EZB
Durch die regelmäßige Überprüfung und Anpassung ihrer Forschungsschwerpunkte schafft die EZB eine solide Analysegrundlage für die Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit den in der EZB anstehenden Entscheidungen. Zur Förderung der ESZB-weiten Zusammenarbeit tragen die laufenden Aktivitäten von drei Forschungsclustern und zwei Forschungsnetzwerken bei. In einem von negativen Leitzinsen geprägten Umfeld standen die Transmission der geldpolitischen Sondermaßnahmen und das Wechselspiel von Geldpolitik, Finanzstabilität und Realwirtschaft 2018 weiterhin im Mittelpunkt des volkswirtschaftlichen Forschungsinteresses. So wurde im Rahmen von Studien untersucht, inwiefern die Sondermaßnahmen dazu beitragen, die wirtschaftlichen Folgen negativer finanzieller Schocks auszugleichen, indem sie die Unsicherheit an den Märkten verringern und den Zugang zu Bankfinanzierung für kleine und mittlere Unternehmen verbessern. Nachdem das makroprudenzielle Regelwerk nun in Kraft ist, wurde eine neue Forschungsgruppe eingesetzt, die die Wechselwirkung zwischen geldpolitischen und makroprudenziellen Maßnahmen sowie deren optimale Koordinierung untersuchen soll. Weitere Forschungsschwerpunkte waren der Einfluss finanzieller Faktoren auf das Verhalten von Unternehmen und privaten Haushalten im Euroraum, die Preis- und Lohnsetzungsdynamik sowie die Ausgestaltung institutioneller und politischer Vereinbarungen zur Stärkung der WWU. Sowohl im aktualisierten euroraumweiten makroökonomischen Strukturmodell als auch bei der Weiterentwicklung von Mehrländermodellen zur Erstellung von Prognosen und geldpolitischen Analysen findet die Rolle finanzieller Friktionen bei der Übertragung geldpolitischer und wirtschaftlicher Schocks besondere Berücksichtigung.[53]
8.1 Aktivitäten der ESZB-Forschungscluster und des PRISMA-Projekts
Zur Vertiefung der Zusammenarbeit der volkswirtschaftlichen Forschung im ESZB beschlossen die Leiterinnen und Leiter der ESZB-Forschungsabteilungen im Jahr 2016, drei neue Forschungscluster zu schaffen, die die Forschungsarbeit in den wichtigsten Bereichen durch Workshops und gemeinsame Forschungsprojekte koordinieren sollen (siehe Schaubild 2).
Schaubild 2
ESZB-Forschungscluster
Bessere Koordination der Forschung durch laufende Aktivitäten der drei ESZB-Forschungscluster
Im Berichtsjahr wurden im Rahmen der Forschungscluster eine Reihe von Workshops organisiert, um Fragen wie die optimale Gestaltung der Geldpolitik angesichts von Unsicherheit, Finanzmarktunvollkommenheiten und internationalen Ansteckungseffekten zu erörtern. So wurden bei einem Workshop zum Thema Finanzstabilität die Auswirkungen der Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen an die Banken auf deren Verhalten sowie auf die Geldmärkte diskutiert. Eine weitere Forschungsreihe untersuchte die mikroökonomischen Bestimmungsfaktoren des Produktivitätswachstums, und zwar insbesondere finanzielle Friktionen, Kreditfehlallokationen und die Produktionsaufteilung. Die vorläufigen Ergebnisse zeigten, dass zum Verständnis der Dynamik des aggregierten Produktivitätswachstums die Rolle der kleinen Unternehmen berücksichtigt werden sollte.
HFCN setzt Arbeit an dritter Umfragewelle fort
Als eines der Forschungsnetzwerke des Eurosystems/ESZB setzte das Household Finance and Consumption Network (HFCN) seine Arbeit an der dritten Welle der Haushaltsbefragung zu Finanzen und Konsum (HFCS) fort, deren Ergebnisse 2019 veröffentlicht werden sollen. Im Rahmen des HFCN wird u. a. erforscht, welche Implikationen die Heterogenität der privaten Haushalte für die geldpolitische Transmission hat. So konnten die in diesem Netzwerk tätigen Forscherinnen und Forscher quantifizieren, in welchem Ausmaß die Geldpolitik den Konsum einzelner privater Haushalte in Abhängigkeit von ihrem Erwerbsstatus und der Struktur ihrer Portfolios beeinflusst. Die Erkenntnis, dass sich geldpolitische Maßnahmen verhältnismäßig stärker auf die Beschäftigung in den unteren Bereichen der Einkommensverteilung auswirken, deutet darauf hin, dass der expansive geldpolitische Kurs im Euroraum einen Rückgang der Ungleichheit bei den Einkommen und beim Konsum bewirkt hat. Auch die Analyse der Auswirkungen von Unsicherheit auf die Entscheidungen der privaten Haushalte, zu deren finanzieller Fragilität sowie zur Messung des oberen Randes der Vermögensverteilung brachte neue Erkenntnisse. Darüber hinaus werden die erhobenen Daten auch von externen Forscherinnen und Forschern intensiv genutzt.
Neues Forschungsnetzwerk untersucht Preissetzung im Einzelhandel anhand von Mikrodaten
Im Berichtsjahr wurde ein neues ESZB-Forschungsnetzwerk (PRISMA) eingerichtet, das im Auftrag des EZB-Rats anhand von Mikropreis-Datensätzen das Preissetzungsverhalten auf Firmenebene sowie im Einzelhandelssektor allgemein untersuchen wird. Die Forschungsarbeiten von PRISMA werden sich mit dem Verhältnis zwischen dem Preissetzungsverhalten und der aggregierten Inflationsdynamik befassen. Insbesondere soll erforscht werden, ob es in der Phase niedriger Inflationsraten zu Änderungen im Preissetzungsverhalten gekommen ist und ob dieses auf den geldpolitischen Kurs, die Konjunkturlage und die Art von aggregierten Schocks, denen die Wirtschaft ausgesetzt ist, reagiert.
Im Zusammenhang mit der Schaffung des makroprudenziellen Regelwerks wurde auch eine neue Forschungsgruppe eingesetzt, die die Wechselwirkung zwischen geldpolitischen und makroprudenziellen Maßnahmen untersuchen soll. Einen Analyseschwerpunkt bilden hier etwa die unterschiedlichen Übertragungseffekte zwischen den beiden Bereichen, einschließlich der Auswirkungen der Geldpolitik auf die Finanzstabilität und des Effekts der makroprudenziellen Maßnahmen auf die Realwirtschaft. Angesichts dieser Wechselwirkungen liegt ein zweiter Schwerpunkt auf der optimalen Koordination von Maßnahmen in beiden Bereichen.
8.2 Konferenzen und Veröffentlichungen
Zentralbankforum in Sintra und ARC fördern Dialog mit Wissenschaft und Politik
Um den intensiven Dialog mit Wirtschaftsexperten aus der Wissenschaft und von politischen Institutionen aufrechtzuerhalten, organisierte die EZB im Berichtsjahr eine Reihe hochrangiger forschungsbezogener Veranstaltungen, wie etwa das Zentralbankforum der EZB in Sintra und die dritte jährliche Forschungskonferenz (ARC) der EZB. Das Zentralbankforum befasste sich vorrangig mit Ursache und Wirkung der niedrigen Inflationsdynamik, wie sie in der Erholungsphase nach der Krise in vielen entwickelten Volkswirtschaften zu beobachten war, und in diesem Zusammenhang mit Preis- und Lohnsetzung und der Rolle der Inflationserwartungen. Die ARC 2018 präsentierte innovative Forschungsarbeiten zu Themen wie der Rolle der Anlagemärkte bei der Signalisierung des geldpolitischen Kurses, den Hypothekenmärkten, zur Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit an den Finanz- und Gütermärkten sowie zur Globalisierung. Weitere wichtige Konferenzen beschäftigten sich mit Strukturreformen im Euroraum, Welthandel, Arbeitsmärkten und Digitalisierung sowie mit geldpolitischen und makroprudenziellen Maßnahmen.[54]
Veröffentlichung zahlreicher EZB-Forschungsergebnisse in wissenschaftlichen Zeitschriften oder Working Papers
Zu vielen Forschungsaktivitäten der EZB wurden auch Beiträge in wissenschaftlichen Fachzeitschriften oder Working Papers publiziert. 2018 veröffentlichten Forscherinnen und -Forscher der EZB 98 Beiträge in der Working-Paper-Reihe der EZB. Darüber hinaus erschienen im Berichtsjahr eine Reihe eher politikorientierter analytischer Studien in der Occasional-Paper-Reihe, der Statistics-Paper-Reihe und der Discussion-Paper-Reihe der EZB. Bei der Vermittlung ihrer Forschungsergebnisse an ein breiteres Publikum – z. B. in Form von 12 Artikeln im Research Bulletin[55] – konnte die EZB aus dieser Fülle an qualitativ hochwertigen Forschungsarbeiten schöpfen.
9 Rechtliche Aktivitäten und Verpflichtungen
Dieses Kapitel setzt sich mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen EZB auseinander und befasst sich mit Stellungnahmen der EZB und Verstößen gegen die Pflicht zur Konsultation der EZB zu Gesetzesvorhaben in ihrem Zuständigkeitsbereich sowie der Überwachung der Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung und des Verbots des bevorrechtigten Zugangs.
9.1 Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen EZB
Schadensersatzklage gegen die EZB betreffend Umschuldung Griechenlands im Jahr 2012 vom Gericht der Europäischen Union abgewiesen
Im März 2018 wies das Gericht der Europäischen Union (in der Folge das „Gericht“) die von einer privatrechtlich organisierten Rentnervereinigung (ESTAMEDE) gegen die EZB eingebrachte Schadensersatzklage im Hinblick auf Pensionskassenansprüche ihrer Mitglieder (Rechtssache T-124/17) ab. In der Klage war geltend gemacht worden, dass im Zusammenhang mit dem Abschlag auf bestimmte griechische Schuldtitel im Rahmen einer teilweisen Umschuldung Griechenlands im Jahr 2012 der Pensionskasse für Ingenieure und Bauunternehmer mit Konzession für öffentliche Aufträge und ihren Mitgliedern (d. h., nicht der Rentnervereinigung selbst) ein Schaden entstanden sei. Im Antrag wurden der EZB verschiedene Verstöße gegen das Recht und die Grundsätze der Union zugeschrieben – einschließlich Verstößen gegen die durch die EU-Grundrechtecharta geschützten Grundrechte wie das Recht auf Eigentum. Das Gericht wies die Klage mit seinem Beschluss als offensichtlich unzulässig ab, ohne die Begründetheit der Klage zu prüfen, womit jegliche Haftung seitens der EZB für den geforderten Schadensersatz ausgeschlossen ist. Dem Gericht zufolge war die klagende Partei nicht klagebefugt, und die Klageschrift erfüllte die Formerfordernisse für die Zulässigkeit nicht.
Schadensersatzklagen gegen die EZB betreffend Abwicklungsmaßnahmen in Zypern im Jahr 2013 abgewiesen
Das Gericht wies ebenso die Schadensersatzklagen ab, die Einleger, Anteilseigner und Anleiheinhaber der zyprischen Banken, die 2013 Gegenstand von Abwicklungsmaßnahmen waren, unter anderem gegen die EZB angestrengt hatten (Rechtssachen T-680/13 und T-786/14). Die im Juli 2018 ergangenen Urteile folgten der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (in der Folge der „Gerichtshof“) in zwei ähnlich gelagerten Berufungsfällen (den Fällen Mallis[56] und Ledra[57]). Die Kläger hatten vorgebracht, dass die EZB und andere Beklagte die Abwicklungsmaßnahmen unter anderem durch ihre Teilnahme an den Treffen der Euro-Gruppe, ihre Rolle bei den Verhandlungen und der Annahme des Memorandum of Understanding (MoU) mit Zypern und die Beschlüsse des EZB-Rates in Zusammenhang mit der Notfall-Liquiditätshilfe veranlasst hätten. Das Gericht erkannte keinen Verstoß seitens der EZB oder der anderen Beklagten gegen das Recht auf Eigentum, den Vertrauensgrundsatz oder den Grundsatz der Gleichbehandlung. Die beiden Urteile wurden vor dem Gerichtshof angefochten.
Aus dem Vorabentscheidungsersuchen folgt, dass nichts gegen die Rechtsgültigkeit des PSPP spricht
Im Dezember 2018 urteilte der Gerichtshof, dass die Prüfung der vom deutschen Bundesverfassungsgericht zur Vorabentscheidung in der Rechtssache C-493/17 (Weiss) vorgelegten Fragen nichts ergeben hat, was die Rechtsgültigkeit des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten (PSPP) der EZB infrage stellen würde. Zunächst handelt es sich bei dem PSPP um eine geldpolitische Angelegenheit und es wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geachtet. So kann der spezifische Sinn und Zweck des PSPP mit dem vorrangigen Ziel der Geldpolitik der Union verknüpft werden und in Bezug auf dessen quantitative Konkretisierung – die mittelfristige Gewährleistung von Inflationsraten von unter, aber nahe 2 % – ist weder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler noch eine Überschreitung des durch die Verträge abgesteckten Rahmens festzustellen. Zudem hat die EZB die verschiedenen beteiligten Interessen so abgewogen, dass aus der PSPP-Umsetzung keine Nachteile erwachsen, die in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den verfolgten Zielen stehen würden. Hinsichtlich der Risiken, mit denen sich die Zentralbanken des Eurosystems angesichts des beträchtlichen Umfangs der Wertpapierankäufe im Rahmen des PSPP konfrontiert sehen könnten, hat sich die EZB gegen eine allgemeine Verlustteilungsregel entschieden. Zum anderen ist das PSPP mit dem Verbot der monetären Finanzierung vereinbar. Aus der Überlegung, dass gesamtwirtschaftlich betrachtet absehbar ist, dass ein erheblicher Teil der Anleihekäufe an den Sekundärmärkten erfolgen wird, kann kein privater Marktteilnehmer mit Sicherheit ableiten, dass er de facto als Intermediär des Eurosystems für den Direkterwerb öffentlich-rechtlicher Anleihen der Mitgliedstaaten agiert. Darüber hinaus mindert diese gesamtwirtschaftliche Logik nicht den Anreiz für die Mitgliedstaaten, eine solide Haushaltspolitik zu verfolgen, schließlich unterliegt das PSPP einer Befristung und entsprechenden Auflagen und wird eine derartige anreizmindernde Wirkung durch eine Reihe von Bestimmungen minimiert. Der Gerichtshof stellte zudem fest, dass das Verbot der monetären Finanzierung weder dem Halten von Anleihen bis zum Ende ihrer Laufzeit noch dem Ankauf von Anleihen mit negativer Endfälligkeitsrendite entgegensteht. Auf der Grundlage dieser Vorabentscheidung wird das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerden entscheiden, die indirekt das PSPP infrage stellen.
9.2 Stellungnahmen der EZB und Verstöße gegen die Konsultationspflicht
Die EZB ist gemäß Artikel 127 Absatz 4 und Artikel 282 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu allen in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Vorschlägen für Rechtsakte der EU und Entwürfen für Gesetzesvorhaben auf nationaler Ebene zu hören. Sämtliche Stellungnahmen der EZB sind auf der EZB-Website abrufbar. Sofern sie Vorschläge für Rechtsakte der EU betreffen, werden die Stellungnahmen der EZB auch im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Im Jahr 2018 verabschiedete die EZB 16 Stellungnahmen zu Vorschlägen für Rechtsakte der Union sowie 42 Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben auf nationaler Ebene, die in ihren Zuständigkeitsbereich fielen.
Stellungnahmen der EZB zu Vorschlägen für EU-Rechtsakte
In Bezug auf Gesetzesvorhaben auf EU-Ebene verabschiedete die EZB eine Reihe von Stellungnahmen zu Angelegenheiten der Makro- und Mikroaufsicht, betreffend die Reform des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken,[58] der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde[59] und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde,[60] die Eigenkapitalanforderungen für notleidende Risikopositionen und gedeckte Schuldverschreibungen,[61] die Aufsicht über Wertpapierfirmen[62] und die Stärkung der Rolle der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde bei der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung.[63] Weitere Stellungnahmen der EZB zu Gesetzesvorhaben der Union betrafen Gesetzesvorhaben mit Auswirkungen auf die Finanzmärkte, betreffend die Reform der Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen,[64] die Richtlinie über Kreditdienstleister, Kreditkäufer und die Verwertung von Sicherheiten,[65] die Entgelte für grenzüberschreitende Zahlungen und Währungsumrechnungen[66] und das auf die Drittwirkung von Forderungsübertragungen anzuwendende Recht.[67] Darüber hinaus gab die EZB Stellungnahmen zum Regelwerk für die Wirtschafts- und Währungsunion ab, nämlich zur Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte in den Mitgliedstaaten[68] und zur vorgeschlagenen Schaffung einer Europäischen Investitionsstabilisierungsfunktion[69] sowie zur Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds.[70] Darüber hinaus bezog die EZB Stellung zu europäischen Unternehmensstatistiken[71] und zu dem EU-Ausbildungsprogramm zum Schutz gegen Geldfälschung, „Pericles IV“.[72]
Stellungnahmen der EZB zu nationalen Gesetzesvorhaben betreffend Notenbankaufgaben
In Bezug auf nationale Gesetzesvorhaben betreffend die jeweilige Notenbank verabschiedete die EZB Stellungnahmen zur Governance und finanziellen Unabhängigkeit der Zentralbank von Zypern[73] und zur institutionellen Unabhängigkeit der Българска народна банка (Bulgarische Nationalbank),[74] zur Kontrolle der Hrvatska narodna banka durch den kroatischen Rechnungshof,[75] zur Haftungsregelung bezüglich der Board-Mitglieder und Angestellten der Banca Naţională a României[76] und zum Mindestreserve-Soll der Magyar Nemzeti Bank.[77] Weitere Stellungnahmen betrafen Notenbankzuständigkeiten in verschiedensten Bereichen wie der Überwachung der Compliance bei Interbankenentgelten für kartengebundene Zahlungsvorgänge,[78] Sicherheitsfragen im Zusammenhang mit dem Schutz kritischer Marktinfrastrukturen[79] und der Sicherheit von Netz- und Informationssystemen im Finanzsektor,[80] Verbriefungstätigkeiten,[81] Fragen der Emission gedeckter Schuldverschreibungen[82] und der Umschuldung von Schweizer-Franken-Krediten in Euro-Kredite,[83] Fragen des Bankgeschäfts mit Finanzmarktinstrumenten[84] und der Informationspflicht der Banken (Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte),[85] der Befugnis zur Prüfung falscher oder irreführender Angaben durch Kredit- und Finanzinstitute und entsprechender Maßnahmen[86] und der Regulierung bestimmter Sparkonten,[87] der interinstitutionellen Zusammenarbeit bei der Rückführung von Geldern aus bestimmten Steueroasen[88] sowie der Führung eines zentralen Registers für Bankkonten und Finanztransaktionen[89] und einer nationalen Datenbank für Versicherungsforderungen.[90] Schließlich war ein wiederkehrendes Thema auch die Prüfung neuer Notenbankbefugnisse vor dem Hintergrund des Verbots der monetären Finanzierung nach Artikel 123 des Vertrags im Hinblick auf die Finanzierung staatlicher Aufgaben mit Zentralbankgeld.
Die EZB bezog außerdem Stellung zu nationalen Gesetzesvorhaben im Bereich Makro- und Mikroaufsicht über Kredit- und Finanzinstitute, konkret betreffend den Aufbau einer engen Zusammenarbeit zwischen der EZB und der Българска народна банка (Bulgarische Nationalbank),[91] die Reform der italienischen Volks- und Genossenschaftsbanken,[92] makroprudenzielle Instrumente für den spanischen Bankensektor,[93] das makroprudenzielle Mandat der Zentralbank und die Banksteuerung in Bulgarien[94] sowie den Einsatz makroprudenzieller Instrumente in Luxemburg (in Reaktion auf negative Entwicklungen im Wohnimmobiliensektor und im Zusammenhang mit Reziprozitätsbestimmungen).[95] Weitere Stellungnahmen behandelten die Einführung eines Interbanken-Finanzierungssatzes in Ungarn,[96] Tilgungsbestimmungen für Immobilienkredite in Schweden,[97] die Direktorengehälter bei systemrelevanten Kreditinstituten in den Niederlanden,[98] die Übermittlung von Verwaltungsdaten zu statistischen Zwecken in Deutschland,[99] die Reorganisation der polnischen Finanzdienstleistungsbehörde[100] sowie die Finanzierung der maltesischen Finanzdienstleistungsbehörde und entsprechende Governancefragen.[101]
Weitere Stellungnahmen der EZB zu nationalen Gesetzesvorhaben im Kredit- und Finanzbereich befassten sich mit den Umschuldungsbestimmungen für Hypothekarkredite bei Zahlungsrückstand und der Regulierung der Geschäftstätigkeit von Kreditkäufern in Irland,[102] mit den Bestimmungen für gedeckte Schuldverschreibungen in der Tschechischen Republik und der Slowakei,[103] mit den Verbriefungsbestimmungen in Zypern,[104] mit den Bestimmungen für die Umschuldung von Schweizer-Franken-Krediten in Euro-Kredite in Slowenien[105] sowie mit der Verzinsung bestimmter regulierter Sparkonten in Frankreich[106] und den Auflagen für Notfallvorkehrungen im finnischen Finanzsektor.[107]
Stellungnahmen der EZB zu den Auswirkungen nationaler Gesetzgebung zur IT- und Cybersicherheit auf kritische Marktinfrastrukturen und die Bankenaufsicht
Angesichts der wachsenden Bedeutung von Cybersecurity passten eine Reihe von Mitgliedstaaten 2018 ihre Bestimmungen zur IT- und Cybersicherheit an. Zu den Auswirkungen dieser Bestimmungen auf kritische Marktinfrastrukturen und die Bankenaufsicht nahm die EZB ebenfalls Stellung.[108] Schließlich bezog die EZB auch Stellung zu neuen Rundungsregeln für auf Euro lautende Zahlungen in Belgien.[109]
Eindeutige, erhebliche bzw. wiederholte Verstöße gegen die Konsultationspflicht bei EU-Rechtsvorschriften
Im Berichtsjahr war ein Verstoß gegen die Pflicht zur Konsultation der EZB zu Gesetzesvorhaben der Union zu verzeichnen, und zwar im Zusammenhang mit einem Verordnungsentwurf des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf die Drittwirkung von Forderungsübertragungen anzuwendende Recht. Die EZB zeigte daraufhin Probleme bei Anwendung der geplanten Bestimmungen in einer auf eigene Initiative abgegebenen Stellungnahme auf.[110] Dieser Verstoß gegen die Verpflichtung zur Konsultation der EZB ist als „eindeutig und erheblich“ zu werten. Die beiden Verstöße gegen die Konsultationspflicht aus dem Jahr 2017, zusammen mit dem 2018 verzeichneten Verstoß, fallen in die Kategorie „eindeutig und wiederholt“.
Verstöße gegen die Konsultationspflicht bei nationalen Gesetzesvorhaben
Im Jahr 2018 wurde ein horizontales Problem hinsichtlich der nationalen Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union festgestellt. Angesichts des von einzelnen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie genutzten Ermessensspielraums prüft die EZB derzeit, in welchem Ausmaß ihre Beratungsfunktion bezüglich des Zentralbankwesens, der Zahlungs- und Verrechnungssysteme bzw. der Rolle der EZB im Bereich der Bankenaufsicht damit wesentlich beeinträchtigt wurde. Bislang hat die EZB mit Blick auf diese Frage einer nationalen Behörde ein Schreiben wegen fehlender Konsultation übersandt (Zypern). Ferner haben es die rumänischen Behörden unterlassen, die EZB zu einer staatlichen Notverordnung zur Einführung einer Bankensteuer zu konsultieren.
9.3 Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung und des bevorrechtigten Zugangs
Gemäß Artikel 271 Buchstabe d des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist die EZB mit der Aufgabe betraut, die Einhaltung der in Artikel 123 und 124 des AEUV sowie in den Verordnungen (EG) Nr. 3603/93 und 3604/93 des Rates festgelegten Verbote durch die nationalen Zentralbanken (NZBen) der EU-Mitgliedstaaten und durch die EZB selbst zu überwachen. Nach Artikel 123 ist es der EZB und den NZBen untersagt, Regierungsstellen sowie Organen bzw. Einrichtungen der EU Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten einzuräumen oder von solchen Institutionen begebene Schuldtitel am Primärmarkt zu erwerben. Gemäß Artikel 124 sind Maßnahmen, die nicht aus aufsichtsrechtlichen Gründen getroffen werden und die Regierungsstellen sowie Organen bzw. Einrichtungen der EU einen bevorrechtigten Zugang zu Finanzinstituten verschaffen, verboten. Über die Einhaltung dieser Bestimmungen durch die Mitgliedstaaten wacht neben dem EZB-Rat auch die Europäische Kommission.
Die EZB überwacht ferner die durch die Zentralbanken der EU-Mitgliedstaaten am Sekundärmarkt getätigten Käufe von Schuldtiteln der öffentlichen Hand – also Käufe inländischer Staatspapiere sowie Käufe von Schuldtiteln, die von anderen Mitgliedstaaten oder von Organen bzw. Einrichtungen der EU begeben wurden. Laut den Erwägungsgründen der Verordnung (EG) Nr. 3603/93 des Rates darf der Erwerb von Schuldtiteln der öffentlichen Hand am Sekundärmarkt nicht zur Umgehung der Zielsetzung von Artikel 123 des AEUV genutzt werden. Solche Käufe dürfen also nicht zu einer indirekten monetären Finanzierung des öffentlichen Sektors führen.
Die für 2018 durchgeführten Prüfungen bestätigten, dass die Bestimmungen von Artikel 123 und 124 des AEUV und der diesbezüglichen Ratsverordnungen im Allgemeinen eingehalten wurden.
Festzustellen war auch, dass die meisten NZBen in der EU im Berichtsjahr die geltenden Obergrenzen für die Verzinsung von Einlagen der öffentlichen Hand in vollem Umfang einhielten. Allerdings müssen einzelne NZBen sicherstellen, dass die Verzinsung von Einlagen der öffentlichen Hand nicht über der Obergrenze liegt.
Im Jahresbericht 2016 hatte die EZB festgestellt, dass die Errichtung und Finanzierung der Vermögensverwaltungsgesellschaft MARK Zrt. durch die ungarische Zentralbank (Magyar Nemzeti Bank – MNB) eine Verletzung des Verbots der monetären Finanzierung darstellt, die es zu korrigieren galt. Der Fall wurde inzwischen nach vollständiger Umsetzung der notwendigen Korrekturmaßnahmen durch die NMB abgeschlossen.
Schon seit 2014 hatte die EZB in ihren Jahresberichten Bedenken im Hinblick auf einige von der MNB 2014 und 2015 initiierte Programme geäußert, die sie seither laufend überwacht. Die Magyar Nemzeti Bank ergriff 2018 weitere Maßnahmen, um die Bedenken der EZB möglichst auszuräumen, und beendete ein Programm zum Ankauf ungarischer Kunstwerke und Kulturgüter. Angesichts der Palette an Programmen und ihres Umfangs wird die EZB diese Aktivitäten dennoch auch künftig genau überwachen, um sicherzustellen, dass sie dem Verbot der monetären Finanzierung und des bevorrechtigten Zugangs entsprechen. Darüber hinaus wird die EZB weiterhin die Beteiligung der MNB an der Budapester Börse überwachen, da die im November 2015 begründete Mehrheitsbeteiligung der MNB an der Budapester Börse nach wie vor Anlass zu Bedenken hinsichtlich der monetären Finanzierung geben könnte.
Die irische Zentralbank konnte 2018 den Bestand an Vermögenswerten im Zusammenhang mit der Irish Bank Resolution Corporation (IBRC) durch Veräußerung langfristiger, variabel verzinster Anleihen reduzieren und so dem erforderlichen vollständigen Abbau dieser Vermögenswerte einen großen Schritt näherkommen. Ein ambitionierterer Zeitplan für die Veräußerung dieser Vermögenswerte würde die nach wie vor schwerwiegenden Bedenken hinsichtlich der monetären Finanzierung rascher zerstreuen.
10 Schlüsselthemen auf der europäischen und globalen Agenda
Die EZB stand auch im Jahr 2018 in einem engen Dialog mit europäischen Gremien und Institutionen, insbesondere mit dem Europäischen Rat, dem ECOFIN-Rat, der Euro-Gruppe, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission. Auf der Tagesordnung der Sitzungen des Europäischen Rats, der Euro-Gruppe und des ECOFIN-Rats, an denen der EZB-Präsident und weitere Direktoriumsmitglieder teilnahmen, standen unter anderem die Wirtschaftsaussichten, die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) sowie Themen im Zusammenhang mit dem finanz- und wirtschaftspolitischen Steuerungsrahmen der EU.
10.1 Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion
Die EZB brachte sich 2018 in ihren Zuständigkeitsbereichen mit ihrer Expertise in die Debatte zur Stärkung der WWU ein. Die Diskussionen in EU-Gremien drehten sich dabei um drei Hauptthemen: Vollendung der Bankenunion, Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und die Ausgestaltung eines makroökonomischen Stabilisierungsinstruments für den Euroraum. Wichtige Beiträge zu dieser Debatte waren u. a. ein von der Europäischen Kommission im Mai 2017 veröffentlichtes Reflexionspapier sowie damit zusammenhängende Vorschläge und das im Juni 2018 in der Erklärung von Meseberg festgehaltene Übereinkommen Deutschlands und Frankreichs.
Schrittweise Vollendung der Bankenunion
Im Berichtsjahr wurde an der Finalisierung eines neuen Regelwerks aus Richtlinien und Verordnungen für die Bankenunion[111] gearbeitet, das u. a. eine Höchstverschuldungsquote festlegt, die Banken davon abhalten soll, ihren Verschuldungsgrad exzessiv auszuweiten. Darüber hinaus sieht das Regelwerk eine stärkere Risikosensitivität der Kapitalanforderungen an Banken vor, die mit Wertpapieren und Derivaten handeln, sowie erhöhte Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazitäten bei global systemrelevanten Banken. Außerdem wurden für die künftige Kreditvergabe neue Anforderungen hinsichtlich der Mindestdeckung notleidender Risikopositionen in Bankbilanzen vereinbart. Beim Euro-Gipfel vom Juni und vom Dezember wurde beschlossen, dass der gemeinsame Absicherungsmechanismus für den Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) für Banken in Abwicklung auf dem ESM aufbauen soll. In Hinblick auf das zu schaffende europäische Einlagensicherungssystem EDIS befand die europäische Führungsspitze zuletzt, dass noch mehr technische Vorarbeiten erforderlich seien. Eine zu diesem Zweck eingesetzte hochrangige Arbeitsgruppe wird im Juni 2019 einen Bericht präsentieren. Im Einklang mit dem 2016 festgelegten Zeitplan wurde im Berichtsjahr die Ausarbeitung eines Fahrplans für die Aufnahme politischer Verhandlungen zu EDIS in Angriff genommen. Darüber hinaus unterstützte die europäische Bankenaufsicht die Banken des Euroraums auch 2018 erfolgreich dabei, ihren Verschuldungsgrad zu reduzieren und die Bestände an notleidenden Krediten zu verringern und somit ihre Bilanzen zu stärken. Auch im Bereich der europäischen Kapitalmarktunion wurden im Einklang mit dem Aktionsplan für die Kapitalmarktunion aus dem Jahr 2015 Fortschritte verzeichnet.
Vor dem Hintergrund der diskutierten Reform des ESM befürwortete die EZB in einer Stellungnahme die Initiative, den ESM im EU-Recht zu verankern. Insbesondere sollten laut EZB die Instrumente der vorsorglichen Finanzhilfe verbessert und mit angemessenen Auflagen verknüpft werden. Ferner sind schnellere und glaubwürdige Beschlussfassungsverfahren zu schaffen, die sich auf eine hochwertige und unabhängige technische Fachkompetenz stützen.
Die technischen Arbeiten zur Ausgestaltung und zum Zeitplan für die Umsetzung eines fiskalischen Stabilisierungsinstruments wurden fortgesetzt, ebenso wie die Vorbereitung anderer potenzieller Haushaltsinstrumente für den Euroraum. Die EZB begrüßte diese Schritte, die im Einklang mit dem Bericht der fünf Präsidenten aus dem Jahr 2015 erfolgten, und betonte, dass jedes fiskalische Instrument die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stützen sollte, vor allem in Phasen euroraumweiter Rezession. Gleichzeitig dürfen Anreize für eine solide Wirtschafts- und Haushaltspolitik auf einzelstaatlicher Ebene nicht unterminiert werden. Die EZB veröffentlichte auch eine Stellungnahme zu einem Vorschlag der Europäischen Kommission zur Schaffung einer Europäischen Investitionsstabilisierungsfunktion (EISF). Auf Grundlage der Ergebnisse des Euro-Gipfels vom Dezember wurde die Euro-Gruppe im Zusammenhang mit dem mehrjährigen Finanzrahmen angewiesen, an einem Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit für das Euro-Währungsgebiet und – auf freiwilliger Basis – für die Mitgliedstaaten des WKM II zu arbeiten. Weitere Ergebnisse der Beratungen in EU-Gremien beinhalteten einen Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über staatsanleihebesicherte Wertpapiere (SBBS).
Zentrale Themen: Reform des ESM und Stabilisierungsfunktion
Um die Umsetzung von Strukturreformen im Zuge des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens (2021-2027) voranzutreiben, präsentierte die Europäische Kommission einen Vorschlag für ein Programm mit dieser Zielsetzung (Structural Reform Support Programme – SRSP). Auch stimmte die EU einer Erhöhung der finanziellen Ausstattung des bereits bestehenden SRSP zu, wodurch die zur Verfügung stehenden Gesamtmittel für den Zeitraum 2017-2020 auf 222,8 Mio € anstiegen.
Im Zuge der Debatte zur Vertiefung der WWU betonte die EZB wiederholt die vorrangige Bedeutung der umfassenden Anwendung der Haushaltsregeln und einer effektiveren Abstimmung wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Denn nur auf dieser Grundlage kann die Resilienz des Euroraums gestärkt und das nötige Vertrauen geschaffen werden, das die Mitgliedstaaten brauchen, um die Integration weiter voranzubringen. Die diesbezüglichen Fortschritte waren bislang wenig zufriedenstellend.
10.2 Erfüllung der Rechenschaftspflicht
Die Rechenschaftspflicht der EZB ist ein notwendiges Gegengewicht zu ihrer Unabhängigkeit. Als unabhängige Institution hat die EZB die Freiheit, die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente so einzusetzen, wie sie es zur Erfüllung ihrer Aufgaben und ihres Mandats für notwendig erachtet. Ihre Unabhängigkeit wie auch ihr klares Mandat wurden mit der Ratifizierung der EU-Verträge demokratisch beschlossen. Entsprechend hat die EZB ihre Entscheidungen auch gegenüber der europäischen Bevölkerung zu verantworten. Darüber hinaus unterliegt die EZB auch der Überprüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Union. So ist auf mehreren Ebenen sichergestellt, dass Unabhängigkeit nicht in Willkür mündet und dass die EZB in Übereinstimmung mit ihrem Mandat handelt.
EZB hat Rechenschaftspflicht gegenüber Europäischem Parlament
Gemäß den EU-Verträgen muss die EZB ihr Handeln vorrangig gegenüber dem Europäischen Parlament – als der demokratisch gewählten Vertretung der EU-Bürgerinnen und -Bürger – verantworten. So trat der Präsident der EZB auch 2018 im Rahmen der regelmäßigen Anhörungen viermal vor den Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments.[112] Darüber hinaus wohnte der Präsident der Plenardebatte des Parlaments zum EZB-Jahresbericht bei, und die EZB veröffentlichte ihr Feedback zu den Anregungen des Europäischen Parlaments in seiner Entschließung zum Jahresbericht der Europäischen Zentralbank 2016.[113] Die Rechenschaftspflicht der EZB umfasst neben der regelmäßigen Berichterstattung auch die Beantwortung von schriftlichen Anfragen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments. 2018 wurden 36 Schreiben mit derartigen Anfragen an den Präsidenten der EZB gerichtet; die Antworten wurden online veröffentlicht.[114] Die meisten Fragen im Berichtsjahr betrafen die Umsetzung der geldpolitischen Sondermaßnahmen der EZB, die Wirtschaftslage und die Finanzierungsbedingungen sowie EZB- und EU-relevante institutionelle Themen. Auch über ihre Tätigkeit im Rahmen der Bankenaufsicht muss die EZB dem Europäischen Parlament und dem EU-Rat Rechenschaft ablegen.[115]
EZB aktiv an Debatte zu Zentralbankunabhängigkeit und Rechenschaftspflicht beteiligt
Die EZB brachte sich auch im Berichtsjahr aktiv in die seit einigen Jahren geführten Diskussionen zu Zentralbankunabhängigkeit und Rechenschaftspflicht ein. Neben mehreren Reden der Direktoriumsmitglieder zu diesen Themen[116] wurde 2018 auch ein Aufsatz im Wirtschaftsbericht veröffentlicht, der die Entwicklung der Rechenschaftspflicht der EZB in der Praxis beleuchtet.[117] Der Beitrag liefert unter anderem neue quantitative und qualitative Belege dafür, wie sich die Interaktion zwischen der EZB und dem Europäischen Parlament während der Krise in Bezug auf Häufigkeit, Format und Inhalt intensiviert und weiterentwickelt hat.
Laut Eurobarometer-Umfrage[118] 2018 ist der Euro beliebter als je zuvor: 75 % der 340 Millionen Bürgerinnen und Bürger des Euroraums befürworten die Gemeinschaftswährung – nie waren die Umfragewerte seit der Euro-Einführung besser.
10.3 Implikationen des Brexits
Finanzstabilitätsrisiko rund um Brexit im FSR November 2018 analysiert
In die Brexit-Verhandlungen ist die EZB zwar nicht offiziell eingebunden, sie hat aber im Rahmen ihres geldpolitischen Mandats die diesbezüglichen Entwicklungen mitverfolgt und laufend analysiert. So wurden die möglichen Implikationen des Brexits für die Finanzstabilität im Euroraum im Financial Stability Review vom November 2018 erörtert. Demnach hält sich das vom Brexit ausgehende Risiko für die Finanzstabilität im Euroraum insgesamt in Grenzen, nicht zuletzt weil dem privaten Sektor eine Reihe von Optionen zur Risikobegrenzung offenstehen. Die Herstellung eines neuen Gleichgewichts nach dem Brexit wird einmalige Anpassungskosten verursachen und könnte ohne entsprechende Weichenstellungen in einzelnen Marktsegmenten zu Reibungspunkten führen. Das Risiko, dass die Realwirtschaft im Euroraum mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU den Zugang zu Finanzdienstleistungen verliert, scheint jedoch überschaubar. Auch im Hinblick auf die Kapitalausstattung des Bankensektors im Euroraum dürfte das generelle Risiko als gering einzuschätzen sein. Allerdings könnte ein ungeregelter Brexit zu heftigeren und weitreichenderen Preiskorrekturen am Markt als 2018 führen und einen abrupten Anstieg der Risikoprämien und Volatilitätswerte nach sich ziehen.
Im April 2018 richteten die EZB und die Bank of England eine gemeinsame Arbeitsgruppe ein, die sich vorwiegend mit Fragen des Risikomanagements im Finanzdienstleistungsbereich für die Zeit unmittelbar vor und nach dem 30. März 2019 beschäftigt. Die Arbeitsgruppe legte der Europäischen Kommission und dem britischen Finanzministerium im Oktober 2018 einen aktuellen Bericht vor.
Der Präsident der EZB betonte im Zuge seiner Anhörung im Februar 2018 im Europäischen Parlament, wie wichtig es ist, den Ausbau weiterer Eckpfeiler der EU-Finanzgesetzgebung – wie EMIR 2 – deutlich vor dem Brexit-Termin voranzubringen, um für alle möglichen Austrittsszenarien gerüstet zu sein, gegebenenfalls auch für ein No-Deal-Szenario.
Im Rahmen der europäischen Bankenaufsicht legten die EZB und die nationalen Aufsichtsbehörden den Fokus zum einen auf die Kommunikation der aufsichtlichen Erwartungshaltung zu Brexit-relevanten Themen und die Umsetzung der diesbezüglichen Maßnahmen. Zum anderen widmeten sie sich vor allem der Prüfung der Brexit-Pläne und Konzessionsansuchen internationaler Banken, die bisher im Vereinigten Königreich angesiedelte Bereiche in Euro-Länder verlegen, sowie der Prüfung der Brexit-Pläne von im Euroraum tätigen Banken mit einem starken Auslandsengagement im Vereinigten Königreich. Weitere Erläuterungen dazu finden sich im EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit 2018.
Bei Redaktionsschluss für diesen Bericht stand der Abschluss des Austrittsabkommens noch aus.
10.4 Internationale Beziehungen
G 20
Handel, Finanzierungsbedingungen und künftige Gestaltung des weltweiten Finanzsystems als zentrale Themen
Vor dem Hintergrund eines zwar fortgesetzten Wachstums, das aber mit zunehmenden Abwärtsrisiken für die globale Wirtschaftsentwicklung einhergeht, haben die Finanzminister und Zentralbankpräsidenten der G 20 im Berichtsjahr über die Auswirkungen der angespannten Handelsbeziehungen für die Weltwirtschaft beraten; sie betonten dabei die Notwendigkeit von mehr Dialog- und Handlungsbereitschaft, um die Risiken abzumildern. Die G-20-Mitglieder erörterten auch die Auswirkungen der verschärften globalen Finanzierungsbedingungen – insbesondere auf die Schwellenländer. Die Gruppe setzte ihre auf ein starkes, nachhaltiges, inklusives und ausgeglichenes globales Wachstum abzielenden Monitoring-Bemühungen fort und überprüfte die Fortschritte hin zum gemeinsamen Wachstumsziel von 2 % bis zum Jahr 2018. Die in diesem Zusammenhang umgesetzten Maßnahmen haben den Weg für ein Weltwirtschaftswachstum von mehr als 2 % bereitet, das allerdings später erreicht werden dürfte als ursprünglich erwartet. Die Finanzminister und Zentralbankpräsidenten bekräftigten ihr Bekenntnis zu stabilen Wechselkursen und zur Umsetzung von Reformen im Finanzsektor. Zu den vorrangigen Themen während des argentinischen G-20-Vorsitzes zählten die Förderung der Infrastrukturfinanzierung und die Zukunft der Arbeit. Zudem setzten die G 20 ihre Bemühungen zu Fragen der internationalen Besteuerung fort und diskutierten die Vorteile und potenziellen Risiken in Zusammenhang mit technologischen Innovationen wie Krypto-Werten. Auch bekannten sich die G 20 erneut zu einer weiteren Stärkung der internationalen Finanzarchitektur und des globalen finanziellen Sicherheitsnetzes, in dessen Zentrum ein starker, quotenbasierter und finanziell adäquat ausgestatteter IWF stehen muss. In diesem Rahmen veröffentlichte die G 20 Eminent Persons Group on Global Financial Governance ihren Bericht Making the Global Financial System Work for All.
IWF und internationale Finanzarchitektur
Die EZB gestaltete weiterhin den Diskurs über das internationale Währungs- und Finanzsystem im IWF und in anderen Foren aktiv mit und machte sich aus Zentralbankperspektive für eine gemeinsame europäische Position stark.[119] Der IWF diskutierte bzw. initiierte maßgebliche Überprüfungen im Bereich seines Überwachungs- und Kreditvergaberegelwerks. Im Februar 2018 legte der IWF wichtige Klarstellungen zu seinen Strategien im Zusammenhang mit der Programmausgestaltung in Währungsunionen vor. Eine Zwischenüberprüfung der Überwachungstätigkeit des IWF wurde im April 2018 abgeschlossen; im Dezember 2018 veröffentlichte das Unabhängige Evaluierungsbüro des Fonds Empfehlungen zur Finanzüberwachung durch den IWF. Zudem leitete der IWF eine Überprüfung seiner Kreditprogramme und der diesbezüglichen Auflagen ein – ebenso wie eine Überprüfung des Regelwerks zur Beurteilung der Schuldentragfähigkeit von Ländern mit Marktzugang. Außerdem hat der IWF während des Jahres 2018 seine Vorarbeiten zur 15. Quotenüberprüfung fortgesetzt.
FSAP 2018 erstmals für den Euroraum durchgeführt
Im Juli 2018 schloss der IWF sein erstes Programm zur Bewertung des Finanzsektors (FSAP) im Euroraum – eine umfassende Analyse, an der mehrere europäische Institutionen einschließlich der EZB in ihrer Rolle als Zentralbank und Aufsichtsbehörde beteiligt waren. Der IWF betonte, dass sich die Bankenaufsicht im Euro-Währungsgebiet seit der Schaffung des SSM beträchtlich verbessert habe. Zudem sind die großen Banken im Euroraum krisenfester geworden, allerdings bleiben einige Anfälligkeiten im Zusammenhang mit Kredit- und Marktrisiken bestehen. Die Analyse wird auch in die FSAP-Überprüfungen auf Ebene der einzelnen Euro-Länder einfließen und diese voranbringen. Die Artikel-IV-Konsultationen mit den Ländern des Euroraums, die der IWF ebenfalls im Juli 2018 abschloss, ergaben ein weiterhin robustes Wachstum im Euro-Währungsgebiet – wenngleich in geringerem Tempo. In einigen Mitgliedstaaten bleiben darüber hinaus die Schaffung ausreichender Sicherheitspuffer und die Umsetzung von Strukturreformen von zentraler Bedeutung. Beim Jahrestreffen in Bali im Oktober 2018 lancierte der IWF die „Bali Fintech Agenda“, die die Möglichkeiten und Risiken durch die Entwicklungen im FinTech-Bereich sondiert und sich auf die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf den Finanzsektor konzentriert.
Internationale Zentralbankkooperation
EZB offen für weltweiten Erfahrungsaustausch
Die wichtige Rolle der EZB für die Weltwirtschaft und als europäische Institution spiegelt sich auch im ausgeprägten Interesse von Zentralbanken aus Drittstaaten am Erfahrungsaustausch wider, dem die EZB – im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen – auch im Berichtsjahr positiv gegenüberstand.
So vergrößerte sie die geografische Reichweite ihrer Kooperationen durch den Abschluss eines Memorandum of Understanding (MoU) mit der South African Reserve Bank. Zudem wurden die Beziehungen zu wichtigen Zentralbanken in Asien und Lateinamerika auf der Grundlage bereits bestehender bilateraler MoUs vertieft. Darüber hinaus baute die EZB ihre Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen aus, um ihren Radius zu erweitern. Auf Eurosystem-Ebene fand im Berichtsjahr ein Treffen zwischen ranghohen Vertreterinnen und Vertretern des Eurosystems und lateinamerikanischer Zentralbanken statt.
Als EU-Institution führte die EZB auch 2018 gezielte Diskussionen mit Zentralbanken von Ländern mit EU-Beitrittsperspektive. Diese wurden in möglichst enger Zusammenarbeit mit NZBen der EU-Mitgliedstaaten organisiert. Die wichtigste Plattform ist dabei eine regionale Workshop-Reihe. Zudem trägt die EZB zu gezielten Kooperationsmaßnahmen unter Federführung von EU-NZBen zugunsten von Zentralbanken in Drittländern bei.
11 Bessere Kommunikation
Die Zentralbankkommunikation wurde in den letzten Jahren zunehmend zu einem Kernelement, wenn nicht sogar zu einem eigenständigen Instrument der Geldpolitik, weiterentwickelt. Dank der klaren Vermittlung ihrer Absichten und Strategien – vor allem gegenüber den Finanzmärkten und Expertinnen und Experten – ist es der EZB gelungen, die Wirksamkeit ihrer Politik zu erhöhen. Im Berichtsjahr unternahm die EZB verstärkt Anstrengungen, auch Menschen abseits ihres klassischen Zielpublikums zu erreichen. Mit dem Einsatz neuer Plattformen und Formate will man auf die Bevölkerung zugehen und mit einer breiten Öffentlichkeit in einen Dialog treten. Anders als bei der Kommunikation mit den Märkten und Expertinnen und Experten geht es hier oft um grundlegende Fragen: Was tut die EZB? Zu welchem Zweck? Und inwiefern ist dies für den Einzelnen und die Einzelne von Bedeutung? In diesem Bemühen, ein größeres Publikum anzusprechen und mit ihm in einen echten Austausch zu treten, beabsichtigt die EZB, das Wissen in der Bevölkerung um ihre Rolle und Politik zu verbessern und das Vertrauen in die EZB als Institution zu stärken.
Die junge Generation im Blickpunkt
Besonderes Augenmerk widmet die EZB im Rahmen ihrer Kommunikationsarbeit Jugendlichen und jungen Erwachsenen. „Back to School“ heißt etwa das Programm der EZB, in dessen Rahmen EZB-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter Schulen – vor allem ihre eigenen ehemaligen – besuchen, um mit Schülerinnen und Schülern über Europa und den Euro zu diskutieren, auf Sorgen und Bedenken einzugehen und von ihren persönlichen Erfahrungen aus der Arbeit bei einer EU-Institution zu erzählen. Im Berichtsjahr nahmen 77 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese Gelegenheit wahr, sich an ihren ehemaligen Schulen zu engagieren, um der europäischen Jugend die EU und den Euro näherzubringen.
„Back to School“ – EZB informiert an Schulen
Im Rahmen des Youth Dialogue beantwortet die EZB Fragen junger Menschen
Zusätzlich dazu baute die EZB 2018 ihr Programm Youth Dialogue weiter aus. Dabei handelt es sich um innovative Plattformen, die Studierenden sowie Berufseinsteigerinnen und -einsteigern die Möglichkeit bietet, sich mit hochrangigen EZB-Entscheidungsträgern auszutauschen. In Zusammenarbeit mit der Plattform „Debating Europe“ wurde so im Januar ein Youth Dialogue mit EZB-Präsident Mario Draghi abgehalten. Unter dem Hashtag #AskDraghi konnten junge Europäerinnen und Europäer ihre Fragen direkt an die EZB richten. Zu den Topthemen zählten dabei die Jugendarbeitslosigkeit und die sogenannten Kryptowährungen. Mehr als 280 Fragen aus ganz Europa gingen ein. Die fünf am häufigsten gestellten Fragen wurden von Präsident Draghi in einem Interview beantwortet; dieses wurde auf der EZB-Website veröffentlicht und stieß auf ein breites Medienecho.
Viele Aspekte der Zentralbankpolitik sind komplex und für ein fachfremdes Publikum oft schwer verständlich. Darum ist die EZB entschlossen, die Informationen, die sie vermittelt, zugänglicher und ansprechender zu gestalten. Zu diesem Zweck geht sie in ihrer Kommunikationsarbeit neue und innovative Wege. So wurden etwa beim Zentralbankforum der EZB in Sintra (Portugal) Neuerungen umgesetzt, um bei einem jüngeren Publikum das Interesse an den relevanten und informativen Diskussionen bei dieser Veranstaltung zu wecken. Der YouTuber und PhD-Absolvent Simon Clark berichtete auf Einladung der EZB auf seinen Social-Media-Kanälen von der Young Economists’ Session. In offenen Gesprächen mit Ökonominnen und Ökonomen und mit dem einen oder anderen Blick hinter die Kulissen beleuchtete er diese Veranstaltung aus unkonventioneller Perspektive und trug dazu bei, Inhalte in einer für junge Leute verständlichen und attraktiven Form zu vermitteln. Das YouTube-Video wurde bereits mehr als 30 000 Mal angeklickt.
EZB verstärkt Präsenz in digitalen Medien
Die Präsenz in digitalen Medien ist für die EZB unerlässlich, wenn es darum geht, Informationen dort zu platzieren, wo sie heute – vor allem von jungen Menschen – gesucht und konsumiert werden. Seit November 2018 ist die EZB mit einem eigenen Account auf Instagram präsent. Mithilfe von Bildern und Videos sollen hier vor allem die Menschen in der EZB und Impressionen aus ihrem Arbeitsalltag präsentiert werden. Der Instagram-Account soll aber auch zur Wissensvermittlung genutzt werden, um visuell ansprechend aufbereitete Inhalte über Social-Media-Kanäle zu verbreiten. Auf Twitter folgen der EZB bereits mehr als 457 000 Menschen. Darüber hinaus hat die EZB ihr Online-Informationsangebot auf insgesamt mehr als 160 000 Seiten (viele davon in 23 Sprachen) erweitert. Unter anderem wurde anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der gemeinsamen Währung in Zusammenarbeit mit anderen EU-Institutionen die Informationsplattform #EUROat20 geschaffen.
Zu den Bemühungen, die breitere Bevölkerung anzusprechen, zählt auch der Vor-Ort-Dialog über die Bedeutung der EZB-Politik für die Menschen und Unternehmen im gesamten Euroraum. EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré besuchte im Oktober 2018 die französische Region Eure-et-Loir, um dort in Schulen und Fabriken, aber auch gegenüber Vertreterinnen und Vertretern der Politik die jüngsten Zinsentscheidungen der EZB zu erklären, sich Kritik zu stellen und sich über Anliegen und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger zu informieren.
Im Kontakt mit der Bevölkerung und der Wirtschaft: Besuch von Benoît Cœuré bei Vorwerk Semco in Cloyes (Frankreich) am 3. Oktober 2018
Auch das Besucherzentrum der EZB erfreute sich in seinem ersten vollen Betriebsjahr großer Beliebtheit. Interessierte können dort direkt im EZB-Hauptgebäude in Frankfurt mehr über die Aufgaben, Geschichte und Mission der EZB erfahren und auch mit Vertreterinnen oder Vertretern der EZB ins Gespräch kommen – ein Angebot, das 2018 bereits 20 743 Besucherinnen und Besucher nutzten.
12 Good Governance, Organisationskultur, Cyberresilienz und Ökobilanz
Die Festigung ihres Rufes als Institution von Weltrang und die aktive Förderung und Motivation ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zwei strategische Prioritäten der EZB. 2018 waren diese Prioritäten maßgebend für die Anstrengungen der EZB in folgenden Bereichen: a) Optimierung der Organisationskultur durch vermehrte Diversität und Inklusion und durch höchste Integrität und Transparenz sowie die noch effektivere Wahrnehmung der Rechenschaftspflichten gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern der EU; b) Stärkung der Resilienz gegen technologische Bedrohungen durch bessere Sicherheitsvorkehrungen der EZB und des Finanzsystems gegen Cyberangriffe; c) Gewährleistung einer positiven Umweltbilanz durch die fortlaufende Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks der EZB.
12.1 Erfolg durch Diversität und Inklusion
Die EZB ist der Überzeugung, dass Diversität und Inklusion außerordentliche Leistungen fördern: Vielfalt im Team ermöglicht eine größere Bandbreite an Sichtweisen, was die Entscheidungsfindung verbessert und zu ausgewogeneren Ergebnissen führt. Die Förderung von Teams mit hoher Diversität und einer von Inklusion geprägten Verhaltenskultur ist unabdingbar für die EZB, um bestmögliche Ergebnisse für ihr Personal und für die EU erzielen zu können. Aus diesem Grund sind Diversität, Respekt, ein ethisches Arbeitsumfeld sowie das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter strategische Ziele für die EZB.
Diversität und Inklusion als organisatorische Erfolgsfaktoren
Auch 2018 setzte die EZB auf Diversität und Inklusion als Erfolgsfaktoren einer modernen Organisationsentwicklung. Kernpunkte sind hier Respekt, Fairness, Inklusion und Chancengleichheit für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Religion, sexueller Orientierung, ethnischer Herkunft, Alter, kultureller Zugehörigkeit, Behinderung oder Sonstigem. In der EZB gibt es eine Reihe von Diversitätsnetzwerken, die eng mit der Personalabteilung zusammenarbeiten und sich mit allen Aspekten von Diversität beschäftigen. Auf der Ebene des ESZB/SSM pflegt die EZB den Austausch mit den nationalen Zentralbanken und den nationalen Aufsichtsbehörden über Best Practices auf dem Gebiet der Diversität und Inklusion. Ein Beispiel war das dritte Jahrestreffen des ESZB- und SSM-Diversity-Netzwerks im Oktober 2018 in Rom.
2018 zählten zu den vielfältigen Tätigkeiten der EZB in diesem Bereich das Hissen der Regenbogenflagge am Internationalen Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie (IDAHOT), die Durchführung von Schulungen für EZB-Führungskräfte zum Thema inklusives Führen, das Begehen des Internationalen Tages für die Beseitigung der Rassendiskriminierung sowie die Organisation spezieller Themenvorträge zu LGBT+ und zur Gleichstellung von Frauen und Männern.
Die EZB arbeitet weiter an der Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen. Um eine ausgewogenere Geschlechterverteilung zu erzielen, hat das EZB-Direktorium Zielvorgaben für Ende 2019 festgelegt und diese mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog ergänzt, damit sie auch tatsächlich erreicht werden können. Diese Maßnahmen umfassen z. B. ein Weiterbildungsprogramm zur Förderung von Frauen in Führungspositionen, ein vielfältiges Angebot an flexiblen Arbeitszeitregelungen, einen verstärkten Fokus auf inklusives Führen auf Managementebene sowie Diversity-Beauftragte, die sich für die Erhöhung des Frauenanteils in ihrem Geschäftsbereich einsetzen.
Ende 2018 waren 29 % aller Führungskräfte Frauen; die Zielvorgabe für Ende 2019 liegt bei 35 %. In den oberen Führungsebenen belief sich der Frauenanteil auf 22 %; die Zielvorgabe für Ende 2019 liegt bei 28 % (siehe Tabelle 2). Frauen machen 44 % der Gesamtbelegschaft aus.
Tabelle 2
Frauenanteil bei der EZB – Status quo und Zielvorgaben
EZB will mehr Bewerbungen von Frauen
Angesichts der nach wie vor bestehenden Herausforderungen verabschiedete das EZB-Direktorium 2018 weitere Maßnahmen, um den Frauenanteil zu erhöhen. So soll in jedem Geschäftsbereich mindestens ein Mitglied der oberen Führungsebene und mindestens ein Drittel sämtlicher Führungskräfte weiblich sein. Zudem sollen durch Änderungen im Einstellungsverfahren der EZB vermehrt Frauen angesprochen werden. Dazu gehört die vermehrte Einschaltung von Personalvermittlungsfirmen mit dem Auftrag, aktiv potenzielle Kandidatinnen für die EZB ausfindig zu machen. Außerdem können Stellen nun neu ausgeschrieben werden, wenn sich nicht ausreichend Frauen beworben haben. Darüber hinaus sollen in den Auswahlgremien künftig vermehrt Frauen aus allen Bereichen der EZB vertreten sein, um etwaiger Voreingenommenheit entgegenzuwirken und um sicherzustellen, dass Entscheidungen zugunsten einer ausgewogeneren Geschlechterverteilung getroffen werden.
12.2 Verbesserte Integritäts- und Governance-Standards
Die EZB strebt zusammen mit ihrem Ethikausschuss und ihrem Prüfungsausschuss höchstmögliche Integritäts- und Governance-Standards an.
Einheitlicher Verhaltenskodex – umfassende und moderne Ethik-Regeln
Auf Empfehlung des Prüfungsausschusses beauftragte der EZB-Rat den Ethikausschuss mit der Ausarbeitung eines einheitlichen Verhaltenskodex (Single Code of Conduct) für hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der EZB. Mit dem neuen Kodex wird ein umfassender, moderner Ethik-Rahmen für Mitglieder des EZB-Rats, des Direktoriums und des Aufsichtsgremiums eingeführt. Zudem weitet der einheitliche Verhaltenskodex die Leitlinien, die für die externe Kommunikation der Direktoriumsmitglieder gelten, explizit auf die Mitglieder des EZB-Rats und des Aufsichtsgremiums aus. Die Mitglieder des Erweiterten Rats und anderer hochrangiger EZB-Gremien, beispielsweise des Prüfungsausschusses, des Ethikausschusses und des Administrativen Überprüfungsausschusses, verpflichten sich ebenfalls, die wichtigsten allgemeinen Grundsätze einzuhalten. Der neue Kodex beruht auf den Grundprinzipien und -werten der EZB, wobei der besonderen Stellung der EZB als Zentralbank, Bankenaufsichtsbehörde und EU-Institution angemessen Rechnung getragen wird. Er berücksichtigt überdies Vorschläge von EZB-Stakeholdern zu Integritätsstandards, Rechenschaftspflicht und Transparenz.
In Bezug auf das übrige EZB-Personal wurde entsprechend einer Empfehlung des externen Rechnungsprüfers der EZB die jährliche Prüfung der Einhaltung der Regeln zu privaten Finanzgeschäften, die jeweils stichprobenartig vorgenommen wird, durch eine Ad-hoc-Compliance-Prüfung ergänzt, die sich entweder auf eine bestimmte Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder eine spezifische Art von Transaktionen bezieht.
2018 beurteilte der Prüfungsausschuss der EZB zentrale Aspekte der Corporate Governance der EZB – sowohl im Zentralbankbereich als auch in der Bankenaufsicht – und des Eurosystems. Schwerpunkte waren das einwandfreie Funktionieren der Finanzrisikosteuerung des Eurosystems, die Fortschritte bei gemeinsamen Maßnahmenplänen zur Bekämpfung von Cyberrisiken sowie organisatorische Initiativen zur Steigerung der Effizienz des SSM.
Im Rahmen ihrer Verpflichtung zu Offenheit und Transparenz beschloss die EZB, ein öffentliches Dokumentenverzeichnis aufzubauen, das laufend ergänzt wird. Dadurch soll der breiten Öffentlichkeit und den Märkten ein benutzerfreundlicher, klar strukturierter und einfacher Zugang zu Dokumenten über die Maßnahmen, Aktivitäten und Beschlüsse der EZB ermöglicht werden.
12.3 Cyberresilienz
Ein reibungsloses Funktionieren des Finanzsystems, einschließlich der Zentralbanken und der EZB selbst, ist ohne Informationsaustausch nicht möglich. Daher sind der Schutz der Integrität und Vertraulichkeit von Daten und die Gewährleistung der Verfügbarkeit von IT-Systemen von elementarer Bedeutung. Mit der immer stärkeren Vernetzung und Komplexität der IT-Landschaft und den wachsenden Datenmengen auf digitalen Plattformen und in verschiedenen Netzwerken ist auch die Gefahr von Cyberangriffen und potenziellen IT-Sicherheitsvorfällen größer geworden.[120] Cyberattacken auf Finanzinstitute und auf die von ihnen beigezogenen Dienstleistungsunternehmen sind Grund zu ernsthafter Sorge: Sie ziehen sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher als auch Unternehmen in Mitleidenschaft, könnten Systemrisiken verursachen und beeinträchtigen womöglich die Finanzstabilität und sogar das Wirtschaftswachstum.
Die EZB hat ihre eigene Abwehrfähigkeit im IT-Bereich verbessert, indem sie einen geeigneten Steuerungsrahmen entwickelt und Sicherheitsmaßnahmen verstärkt hat. Dabei setzt sie auf technologische Hilfsmittel (u. a. bei Konzipierung, Entwicklung und Betrieb), Prozesse, Schulungen und Tests. Darüber hinaus engagiert sich die EZB zusammen mit Partnern aus dem Finanzsystem für die Förderung systemweiter Cyberresilienz – d. h. die Fähigkeit, Cyberbedrohungen und andere relevante Veränderungen im Umfeld frühzeitig zu erkennen und sich darauf einzustellen sowie IT-Sicherheitsvorfällen standzuhalten, sie einzugrenzen und sich gegebenenfalls rasch davon zu erholen.
Die EZB hat einen Steuerungsrahmen für digitale Sicherheit und Cyberresilienz entwickelt. Dieser beschreibt die Steuerungsstrukturen und organisatorischen Vorkehrungen für die digitale Sicherheit und Cyberresilienz der EZB und legt klare Funktionen und Verantwortlichkeiten fest. Als operationelles Risiko fallen Cyberrisiken unter den allgemeinen Steuerungsrahmen für operationelle Risiken. Der Steuerungsrahmen für digitale Sicherheit und Cyberresilienz ergänzt die bestehenden Regelungen der EZB für ihren Umgang mit nichtfinanziellen Risiken. Er sorgt für ein besseres Verständnis von und ein größeres Bewusstsein für digitale Sicherheit, Cyberrisiken und Cyberresilienz. Die Fähigkeit der EZB, auf einen Cyberangriff zu reagieren und sich davon zu erholen, wird 2019 weiter gestärkt, indem die Pläne zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs weiter optimiert und die bestehenden Vorfall- und Krisenmanagementmechanismen getestet werden.
Sicherheitsmaßnahmen beinhalten die Erhebung und Analyse von Bedrohungsinformationen, die Umsetzung von Abwehrmaßnahmen und die Verbesserung der Risikoerkennung und der Reaktionsfähigkeit. Vorfallsmeldungen, Kooperation und Informationsaustausch sind für einen wirksamen Schutz unabdingbar. Innerhalb der EZB erleichtert der neue Lenkungsausschuss für Cybersicherheit (CSSC) den Informationsaustausch, die Abstimmung der Richtlinien und die praktische Zusammenarbeit mit dem Ziel, die Cyberresilienz der EZB und des europäischen Finanzsektors zu stärken. Die EZB fördert den Informationsaustausch ESZB-intern und unterstützt das Netzwerk für den Informationsaustausch zum operationellen Sicherheitslagebild (Operational Security Situational Awareness – OSSA), dem 33 Mitgliedsinstitutionen weltweit angehören.
Angesichts der ständigen Weiterentwicklung von Cyberangriffen müssen alle Belegschaftsmitglieder laufend über neue Bedrohungen der IT-Sicherheit und mögliche Gegenmaßnahmen informiert werden. Für die EZB ist es von entscheidender Bedeutung, dass ihr Personal für Fragen der IT-Sicherheit hochsensibilisiert ist. Nur so lassen sich sowohl Nutzer als auch Informationswerte schützen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EZB werden gezielt geschult, um ihre Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der IT-Sicherheit zu verbessern. 2019 wird ein verpflichtender Online-Kurs eingeführt. Darüber hinaus werden das Verhalten der EZB-Beschäftigten und die IT-Systeme und -Prozesse regelmäßigen Tests unterzogen.
Förderung der Cyberresilienz des gesamten Finanzsystems
Die EZB setzt auch aus aufsichtsrechtlicher Perspektive im Zusammenhang mit dem operationellen Risiko von Finanzmarktinfrastrukturen (FMIs) einen Schwerpunkt auf Cyberresilienz. Hier strebt die EZB die Umsetzung einschlägiger Standards innerhalb des Euroraums und die Harmonisierung auf internationaler Ebene an. Im Einklang damit hat das Eurosystem eine Cyberresilienz-Strategie für FMIs ausgearbeitet und darin eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz einzelner FMIs, der Resilienz des Finanzsektors als Ganzes und der strategischen Abstimmung zwischen Regulierungsbehörden und FMIs festgelegt.
Um sicherzustellen, dass die Cyberresilienz-Leitlinien des Ausschusses für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen (CPMI) und der Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) – Guidance on cyber resilience for financial market infrastructures – konsistent umgesetzt werden, hat das Eurosystem die Erwartungshaltung der Aufsicht hinsichtlich Cyberresilienz für FMIs formuliert (Cyber resilience oversight expectations for financial market infrastructures). Das Hauptanliegen des Eurosystems war es in diesem Zusammenhang:
- den FMIs konkrete Schritte vorzugeben, wie die Leitlinien in der Praxis umzusetzen sind, um sicherzustellen, dass die FMIs in der Lage sind, Verbesserungen herbeizuführen und ihre Cyberresilienz über einen längeren Zeitraum hinweg zu erhöhen;
- der Aufsicht eine Orientierungshilfe an die Hand zu geben, nach welchen Erwartungen die FMIs in ihrem Zuständigkeitsbereich zu beurteilen sind;
- die Grundlage für einen fundierten Dialog zwischen den FMIs und ihren jeweiligen Überwachungsinstanzen zu schaffen.
Im Mai 2018 veröffentlichte die EZB das vom Eurosystem entwickelte europäische Rahmenwerk für ethisches Hacking auf Basis von Bedrohungsinformationen (TIBER-EU), das die Betreiber von FMIs bei der Stärkung ihrer Cyberresilienz unterstützen soll. Dabei handelt es sich um das erste gemeinsame Rahmenwerk auf europäischer Ebene für eine kontrollierte, individuell zugeschnittene und erkenntnisgestützte Überprüfung der Cyberresilienz. Mit sogenannten Red-Team-Tests sollen kritische Produktionssysteme live getestet werden, wobei Taktiken, Techniken und Verfahren simuliert werden, die in echten Angriffen verwendet werden. Ziel ist die EU-weite Standardisierung bzw. gegenseitige Anerkennung von IT-Sicherheitstests, um zu vermeiden, dass FMIs in jedem EU-Mitgliedstaat separaten Tests unterzogen werden.
Um die betriebliche Systemstabilität des Finanzsektors zu stärken, führt das Eurosystem im Rahmen seiner Überwachungsfunktion marktweite Krisenkommunikationsübungen durch. 2018 organisierte das Eurosystem unter dem Namen „UNITAS“ eine theoretische Krisenkommunikationsübung. Die Teilnehmenden, u. a. die wichtigsten Zahlungsverkehrssysteme, Zentralverwahrer, zentralen Gegenparteien, Dienstleistungsunternehmen, Marktinfrastrukturen und Zentralbanken aus dem Euroraum, wurden mit dem Szenario eines Cyberangriffs auf die Datenintegrität von FMIs konfrontiert. Diese Übung wurde in Form einer moderierten Diskussion zwischen den Marktteilnehmern abgehalten, wodurch diesen ermöglicht wurde, Beobachtungen und Schlussfolgerungen zum Szenario auszutauschen und mögliche Ansatzpunkte für gemeinsame Anstrengungen zur Stärkung der Cyberresilienz des gesamten Sektors zu finden.
In Anerkennung des Bedarfs eines europaweiten Forums für Marktteilnehmer, zuständige Behörden und Expertinnen und Experten für IT-Sicherheit setzte das Eurosystem ein Euro Cyber Resilience Board für gesamteuropäische Finanzmarktinfrastrukturen (ECRB) ein. Ziel dabei ist, unter Einhaltung internationaler Standards die Cyberresilienz von FMIs und den wichtigsten von ihnen genutzten Diensten sowie des gesamten EU-Finanzsektors zu verbessern, und zwar durch gegenseitige Vertrauensbildung und Zusammenarbeit sowie durch gemeinsame Initiativen – sowohl innerhalb der Märkte als auch zwischen den Marktakteuren und den Behörden.
Überwachung der IT-Risiken von Banken
Cyberresilienz und betriebliche Systemstabilität sind Teil der Beaufsichtigung der IT-Risiken von Banken durch die EZB. Cyberrisiken bedürfen besonderer Beachtung, da die Banken zunehmend vernetzt und stärker IT-abhängig sind, aber auch da Schwachstellen immer schneller von skrupellosen Angreifern erkannt und ausgenutzt werden können.
2018 setzte die EZB die EBA-Leitlinien für die Risikobewertung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) – EBA/GL/2017/05 – um. Entsprechend werden nun alle von ihr beaufsichtigten bedeutenden Kreditinstitute im Euroraum konsistent und umfassend in Bezug auf IT-Risiken beurteilt. Das Ergebnis waren konkrete Folgemaßnahmen bei einzelnen Banken sowie thematische Erkenntnisse, die ein breiter angelegtes Vorgehen erfordern. Ganz allgemein hat die EZB die Banken nachdrücklich aufgefordert, weiterhin gegenüber sämtlichen Arten von IT-Risiken wachsam zu sein und ihre Aktivitäten nicht nur auf ausgewählte Risikobereiche zu beschränken.
Die EZB hat auch wesentlich zu den EBA-Leitlinien für das Risikomanagement im Bereich IKT und Sicherheit beigetragen, die im Dezember 2018 im Rahmen der öffentlichen Konsultation herausgegeben wurden. Mit diesen Leitlinien sollen die Anforderungen an das Risikomanagement von Banken im IT-Bereich europaweit harmonisiert und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle geschaffen werden. Zudem beinhaltet die Überwachung von IT-Risiken durch die EZB nach wie vor die laufende Beaufsichtigung durch gemeinsame Aufsichtsteams, offensive und zielgerichtete Vor-Ort-Prüfungen mit Blick auf konkrete IT-Risikoziele sowie kontinuierliche Informationen über Cyberangriffe im Rahmen des Meldesystems der EZB für IT-Sicherheitsvorfälle.
Zur Stärkung der Cyberresilienz des gesamten Finanzsystems wird auf internationaler und insbesondere auf europäischer Ebene weiterhin eng zusammengearbeitet.
12.4 Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks der EZB
EZB will Umweltbilanz laufend verbessern
Als europäische Institution ist sich die EZB ihrer Verantwortung bewusst, zum Wohle der Gesellschaft und künftiger Generationen einen Beitrag zum Schutz der Umwelt zu leisten und sich den Problemen infolge des Klimawandels zu stellen. Seit erstmaliger Einführung einer Umweltpolitik im Jahr 2007 hat die EZB laufend daran gearbeitet, ihre Ökobilanz zu verbessern und ihren CO2-Fußabdruck zu verringern. Seit 2010 nimmt die EZB am Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung (EMAS) teil, und ihr Umweltmanagementsystem erstreckt sich auf alle drei Gebäude in Frankfurt, in dem EZB-Beschäftigte untergebracht sind: das Hauptgebäude in der Sonnemannstraße, das Japan Center und den Eurotower.
Umweltschutz ist ein wesentlicher Aspekt der Geschäftsstrategie der EZB und prägt ihre alltäglichen Arbeitsabläufe und Verfahren. Mit Unterstützung von mehr als 50 Umweltbeauftragten und vielen engagierten Teams und Einzelpersonen innerhalb der gesamten Institution bemüht sich die EZB um eine fortlaufende Reduzierung ihres ökologischen Fußabdrucks. Die EZB setzt sich für Umweltthemen ein, indem sie ihr Personal dafür sensibilisiert, effizienzsteigernde Maßnahmen umsetzt und zur Erreichung ihrer Umweltziele mit verschiedenen Interessengruppen zusammenarbeitet. Eine solche Maßnahme war z. B. die Einführung eines vielseitig einsetzbaren Tools für die Online-Zusammenarbeit, das Interaktionen mit externen Parteien, die sich an unterschiedlichen Standorten befinden, ermöglicht. Damit lassen sich auch viele Dienstreisen vermeiden, was zu geringeren Emissionen führt. Zudem optimierte die EZB das Beleuchtungskonzept ihres Hauptgebäudes weiter, um die Lichtintensität in bestimmten Abschnitten zu verringern. Ebenso wurden die Beleuchtungszeiten angepasst, um weitere Energieeinsparungen zu erzielen. Außerdem wurden die Einwegbecher in Gemeinschaftsbereichen durch Keramiktassen ersetzt, wodurch deutlich weniger Abfall anfällt.
Viele Aktivitäten zur Stärkung des Umweltbewusstseins
2018 war durch zahlreiche Initiativen der EZB zur Bewusstseinsbildung im Bereich Umweltschutz gekennzeichnet. Die EZB nahm in diesem Jahr an mehreren internationalen Kampagnen teil und beteiligte sich beispielsweise an der WWF-Aktion „Earth Hour“, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Zusammen mit 183 anderen Unternehmen und Organisationen in Frankfurt schaltete die EZB sämtliche nicht unbedingt notwendigen Beleuchtungen aus und ermunterte die Beschäftigten, sich an der Kampagne zu beteiligen und über weitere Umweltschutzmaßnahmen nachzudenken. Eine andere Initiative war die Teilnahme der EZB an der Europäischen Mobilitätswoche zum nunmehr sechsten Mal. Um möglichst viele zu motivieren, umweltfreundlichere Optionen für ihren täglichen Arbeitsweg in die EZB zu nutzen, wurden im Zuge der Mobilitätswoche diverse Aktivitäten organisiert, u. a. Sicherheitschecks für Fahrräder, Teamwettbewerbe sowie ein Mobilitäts- und ein Klimaquiz. Zudem wurde die Belegschaft über umweltfreundliche Mobilität im EZB-Kontext informiert.
Auch die Unterstützung durch externe Dienstleistungsunternehmen ist essenziell für die Verringerung ungünstiger Umwelteffekte, die aus EZB-Aktivitäten erwachsen könnten. Die EZB hat Nachhaltigkeitskriterien bei der Beschaffung eingeführt, beispielsweise bei der Auswahl der Reinigungsfirma. Diese Kriterien haben zum Einsatz vieler umweltfreundlicher Materialien im Arbeitsalltag geführt, z. B. Recyclingpapier in den Waschräumen. Die von der EZB beauftragte Reinigungsfirma setzt nur innovative, ungefährliche und vollständig biologisch abbaubare Reinigungsmittel sowie mechanische Grundreinigungsverfahren ein. Auch die Dosierung wurde optimiert, um den Wasserverbrauch zu verringern und das Wasserrecycling bei der Bodenreinigung zu verbessern.
Zusammenarbeit für mehr Umweltschutz
Um die Wirkung von Umweltschutzmaßnahmen zu erhöhen und um voneinander zu lernen, arbeiten die EZB, die nationalen Zentralbanken und andere europäische Institutionen und Gremien eng zusammen. Sie tauschen sich über bewährte Verfahren aus, diskutieren und erörtern neue Lösungen für Probleme, die alle betreffen, und informieren gemeinsam über ihre Umweltleistung. Auf der gemeinsamen Website EMAS in the European Institutions vermitteln die europäischen Institutionen und Gremien die praktischen Vorteile einer Eintragung in das EMAS-Organisationsverzeichnis und informieren über bewährte Verfahren und Ressourceneinsparungen. Die interinstitutionelle Zusammenarbeit ist somit eine weitere tragende Säule des Bekenntnisses der EZB zum Umweltschutz.
Die EZB veröffentlicht Informationen zu ihrer Umweltbilanz und den entsprechenden Maßnahmen auch auf ihrer Website in der Rubrik Umweltschutz bei der EZB.
Erweiterter Jahresabschluss der EZB 2018
https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/annrep/ecb.annualaccounts2018~cd3eabaa40.de.pdfKonsolidierte Bilanz des Eurosystems zum 31. Dezember 2018
https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/ecb.eurosystembalancesheet2018~5b51d1aefe.de.pdfStatistikteil (nur auf Englisch verfügbar)
https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/annrep/ecb.ar_annex2018_statistical_section~7ddac28291.en.pdf© Europäische Zentralbank 2019
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Alle Rechte vorbehalten. Die Anfertigung von Kopien für Ausbildungszwecke und nichtkommerzielle Zwecke ist mit Quellenangabe gestattet.
Redaktionsschluss für die in dieser Ausgabe enthaltenen Statistiken war am 8. Februar 2019 (außer im Fall der Arbeitslosenquote für Dezember 2018). Redaktionsschluss für die in dieser Ausgabe enthaltenen Statistiken war am 14. März 2019.
Zu Terminologie und Abkürzungen siehe auch das Glossar der EZB (liegt nur auf Englisch vor).
HTML ISBN 978-92-899-3457-2, ISSN 1725-2849, doi:10.2866/878487, QB-AA-19-001-DE-Q
- Im März 2019 teilte der EZB-Rat mit, dass er inzwischen davon ausgeht, dass die EZB-Leitzinsen mindestens über das Ende 2019 und in jedem Fall so lange wie erforderlich auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden, um eine fortgesetzte nachhaltige Annäherung der Inflation an ein Niveau von unter, aber nahe 2 % auf mittlere Sicht sicherzustellen.
- Datenquelle: Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI).
- Zur Altersstruktur der Beschäftigung siehe EZB, Strukturelle Veränderungen des Beschäftigungswachstums im Euro-Währungsgebiet, Kasten 4, Wirtschaftsbericht 8/2018, Dezember 2018.
- Siehe EZB, Arbeitskräfteangebot und Beschäftigungswachstum, Kasten 1, Wirtschaftsbericht 1/2018, Februar 2018.
- Siehe EZB, Arbeitskräfteangebot und Beschäftigungswachstum, Wirtschaftsbericht 1/2018, Februar 2018.
- Der fiskalische Kurs spiegelt die Richtung und das Ausmaß des Fiskalimpulses auf die Volkswirtschaft ohne die automatische Reaktion der öffentlichen Finanzen auf den Konjunkturzyklus wider. Er wird anhand der Veränderung des konjunkturbereinigten Primärsaldos ohne Anrechnung der staatlichen Unterstützungsleistungen für den Finanzsektor gemessen. Zum Konzept des Fiskalkurses im Euroraum siehe EZB, Der fiskalische Kurs im Euro-Währungsgebiet, Wirtschaftsbericht 4/2016, Juni 2016.
- Siehe Europäische Kommission, The 2018 Ageing Report: Economic and Budgetary Projections for the EU Member States (2016-2070), 25. Mai 2018. Es ist der jüngste Bericht über die Bevölkerungsalterung, der alle drei Jahre von der Arbeitsgruppe „Auswirkungen der Bevölkerungsalterung“ des EU-Ausschusses für Wirtschaftspolitik und der Europäischen Kommission erstellt wird.
- Der für Griechenland projizierte Rückgang der alterungsbedingten Ausgaben ist weitgehend auf die kürzlich beschlossenen Rentenreformen zurückzuführen. Sollten bereits erfolgte Rentenreformen allerdings aufgrund von Gerichtsentscheiden rückgängig gemacht werden, wäre dieser verbesserte Ausblick wieder infrage gestellt.
- Reformen entfalten häufig erst nach einer gewissen Zeit ihre volle Wirkung, doch auch aus der auf einer mehrjährigen Betrachtung basierenden Kommissionsbewertung geht eine Abschwächung der Reformdynamik in den letzten Jahren hervor. Dies könnte an verschiedenen Faktoren liegen, u. a. an Reformmüdigkeit und daran, dass die Reformen nicht mehr als so dringlich wahrgenommen werden. Überdies könnte ein Teil des verbleibenden Reformbedarfs mit besonders großen Herausforderungen verbunden sein.
- Siehe K. Masuch, R. Anderton, R. Setzer und N. Benalal (Hrsg.), Structural policies in the euro area, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 210, Juni 2018.
- Zu einer Analyse dieser drei Messgrößen im Euroraum siehe EZB, Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation im Euro-Währungsgebiet, Wirtschaftsbericht 4/2018, Juni 2018.
- Siehe EZB, Die Bedeutung der Lohnentwicklung für den Inflationsanstieg, Wirtschaftsbericht 5/2018, August 2018.
- Siehe hierzu EZB, Entwicklung der Vergabe von Hypothekendarlehen im Euro-Währungsgebiet, Kasten 5, Wirtschaftsbericht 5/2018, August 2018.
- Ein Limit-Orderbuch ist ein Handelssystem, in dem die von den Marktteilnehmern eingereichten Kauf- und Verkaufsangebote in einer Warteschlange gespeichert und in einer vorgegebenen Reihenfolge ausgeführt werden.
- Der Orderbuch-Liquiditätsindikator beruht auf Daten zu Bid-Ask-Spreads und den angegebenen Mengen aus den Limit-Orderbüchern. Er wird für eine bestimmte Anleihe als Quotient aus der Summe der jeweils fünf besten Notierungen auf der Ask- und Bid-Seite des Orderbuchs und der Summe der entsprechend angebotenen Volumen ermittelt.
- Der ausführungsbasierte Liquiditätsindikator nutzt die sich aus den Notierungen für Transaktionen im Rahmen des PSPP ergebenden Informationen. Für eine gegebene Anleihe wird dieser Indikator als Quotient aus dem Spread zwischen den beiden besten Notierungen am OTC-Markt und der Anleihelaufzeit definiert. Berücksichtigt werden ausschließlich Notierungen, die auch tatsächlich zu einer Transaktion führen.
- Als „Bund Tantrum” wird jene Phase bezeichnet, als die Renditen zehnjähriger deutscher Staatsanleihen innerhalb von etwa sechs Wochen um 82 Basispunkte (von 0,16 % auf 0,98 %) anstiegen.
- Die Wertpapieremissionsstatistik wird von der EZB auf Basis der von den nationalen Zentralbanken im Euroraum gemeldeten Monatsdaten erstellt. Erfasst werden Daten zu Umlauf, Absatz und Tilgungen sowie die Wachstumsraten von Schuldverschreibungen und börsennotierten Aktien. Die Daten werden nach Emissionsland und sektoraler Zugehörigkeit des Emittenten sowie nach Finanzinstrumenten, Ursprungslaufzeit, Verzinsungsart und Emissionswährung aufgeschlüsselt. Die jüngsten Angaben beziehen sich auf November 2018.
- Siehe hierzu EZB, Survey on the Access to Finance of Enterprises in the euro area – April to September 2018, November 2018.
- Dieser Kasten basiert auf: EZB, Die Auswirkungen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors auf die Märkte für Unternehmensanleihen und auf die Finanzierung nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften im Euro-Währungsgebiet, Wirtschaftsbericht 3/2018, Mai 2018.
- Zum ökonometrischen Ansatz siehe EZB, Die Auswirkungen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors auf die Märkte für Unternehmensanleihen und auf die Finanzierung nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften im Euro-Währungsgebiet, Wirtschaftsbericht 3/2018, Mai 2018, Fußnote 61.
- Beispielsweise Bankanleihen, hochverzinsliche Anleihen und Anleihen mit einer Kuponstruktur, die den CSPP-Vorgaben nicht entspricht. Die niedrigeren Renditen bzw. Spreads bei Anleihen, die das Eurosystem erwarb, stellten einen Anreiz für Investoren dar, ihre Portfolios in Werte mit einem ähnlichen Risikoprofil aber höheren Renditeaussichten umzuschichten.
- Siehe B. Grosse-Rueschkamp, S. Steffen, S. und D. Streitz, Cutting out the middleman – The ECB as corporate bond investor, SSRN, Oktober 2017, und O. Arce, R. Gimeno und S. Mayordomo, Making room for the needy: The credit-reallocation effects of the ECB’s corporate QE, Working Papers der Banco de España, Nr. 1743, 2017.
- In der Literatur findet sich ökonometrische Evidenz dafür, dass sich das Kreditvolumen bei Banken mit einem hohen Portfolioanteil von CSPP-fähigen Kreditnehmern stärker ausgeweitet hat als bei Banken mit einem geringeren Anteil; siehe Grosse-Rueschkamp, Steffen und Streitz, ebd. Einen ökonometrischen Nachweis dafür, dass rund um die Programmankündigung die Ausleihungen an nicht zum CSPP zugelassene Unternehmen in Spanien gestiegen sind, liefern Arce, Gimeno und Mayordomo, ebd.
- Eine ausführliche Erörterung der Wirkung der Wertpapierkäufe im Rahmen des APP auf die Wirtschaft im Euroraum findet sich in EZB, Das Programm des Eurosystems zum Ankauf von Vermögenswerten: eine Bestandsaufnahme nach Beendigung der Nettoankäufe, Wirtschaftsbericht, erscheint in Kürze.
- Das Verbot der monetären Finanzierung ist in Artikel 123 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert. Zu den Einschränkungen für nicht im Zusammenhang mit der Geldpolitik stehende Anlagen siehe die Leitlinie der EZB über Inlandsgeschäfte zur Verwaltung von Aktiva und Passiva durch die nationalen Zentralbanken (EZB/2014/9), die Vereinbarung über Netto-Finanzanlagen (ANFA) vom 19. November 2014 sowie die Vereinbarung über die Gewährung von Notfall-Liquiditätshilfe (ELA) vom 17. Mai 2017.
- Die APP-Bestände werden zu fortgeschriebenen Anschaffungskosten ausgewiesen.
- Zur Entwicklung der APP-Bestände veröffentlicht die EZB wöchentlich aktuelle Zahlen. Zusätzlich veröffentlicht sie Monatsdaten zur Verteilung der Bestände auf Primär- und Sekundärmarktkäufe im Rahmen des ABSPP, des CBPP3 und des CSPP. Die Angaben zu den CSPP-Beständen umfassen die Namen der Emittenten, das jeweilige Fälligkeitsdatum und die Kuponsätze sowie aggregierte Daten zu den CSPP-Beständen nach Länderrisiko, Rating und Sektor. Für die Ankäufe im Zuge des PSPP veröffentlicht die EZB ihre Wertpapierbestände aufgeschlüsselt nach dem Herkunftsland der Emittenten samt Angaben zur gewichteten Durchschnittsfälligkeit (die Bestände an Wertpapieren supranationaler Emittenten werden aggregiert dargestellt).
- Das Eurosystem strebt eine marktneutrale Portfoliostruktur an; d. h., beim Ankauf von Anleihen wird eine Streuung über alle zulässigen Laufzeiten und Länder bzw. Emittenten angepeilt, die der Struktur des Staatsanleihemarktes im Euroraum entspricht.
- Die EZB veröffentlicht die voraussichtlichen monatlichen Tilgungsbeträge im Rahmen des APP jeweils für die nächsten zwölf Monate.
- Zur Wertpapierleihe im Rahmen des CBPP3 und des ABSPP siehe: General APP securities lending framework.
- Die EZB veröffentlicht den Monatsdurchschnitt der Beleihung von PSPP-Wertpapieren aggregiert für das Eurosystem sowie ebenfalls auf aggregierter Basis die im Durchschnitt pro Monat erhaltenen PSPP-Barsicherheiten.
- Siehe EZB, The financial risk management of the Eurosystem’s monetary policy operations, Juli 2015.
- Für Asset-Backed Securities müssen Ratings von mindestens zwei zugelassenen Ratingagenturen vorliegen. Für Asset-Backed Securities, die die Bonitätsstufe 2 nicht erreichen, gelten die folgenden zusätzlichen Auflagen: a) Notleidende Kreditforderungen dürfen weder bei der Emission noch nachträglich als Basiswert herangezogen werden; b) ebenso dürfen weder strukturierte Kredite noch Konsortialkredite noch Kredite an bereits hoch verschuldete Kreditnehmer verbrieft werden; und c) die Bedienung der verbrieften Forderungen muss dauerhaft gesichert sein.
- Im Rahmen des PSPP gelten eine Mindestrestlaufzeit von 1 Jahr und eine maximale Restlaufzeit von 30 Jahren. Beim CSPP beträgt die Mindestrestlaufzeit 6 Monate und die maximale Restlaufzeit 30 Jahre.
- Siehe Artikel 138 3(b) der Leitlinie (EU) 2015/510 der EZB vom 19. Dezember 2014 über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems (ECB/2014/60) (ABl. L 91 vom 2.4.2015, S. 3).
- Am 19. Januar 2017 beschloss der EZB-Rat, dass Käufe mit einer Rückzahlungsrendite unter dem Einlagenzinssatz nur im Rahmen des PSPP zulässig sind, und bekräftigte zugleich, dass im Rahmen des CBPP3, ABSPP und CSPP keine derartigen Transaktionen vorgesehen sind. Siehe Website der EZB.
- Die Obergrenze je Emittent entspricht dem maximalen Anteil am Umlaufvolumen der Anleihen einzelner Emittenten, den das Eurosystem erwerben dürfte.
- Für supranationale Anleihen gilt eine Obergrenze je Wertpapier und Emittent von 50 %.
- Für Asset-Backed Securities und gedeckte Schuldverschreibungen, die seit der Aussetzung des Bonitätsschwellenwerts angekauft werden dürfen, gilt eine Obergrenze von 30 %.
- Siehe EZB, J. Fell, M. Grodzicki, D. Krušec, R. Martin und E. O’Brien, Overcoming non-performing loan market failures with transaction platforms, Financial Stability Review, November 2017.
- Die Aktivierung und Umsetzung makroprudenzieller Maßnahmen auf Basis von EU-Recht obliegt nach wie vor den nationalen Behörden, wobei die EZB über geplante Maßnahmen in Kenntnis zu setzen ist. Die EZB prüft die Vorhaben und kann dagegen Einwand erheben und ist befugt, zur Begrenzung von Finanzstabilitätsrisiken gegebenenfalls strengere Anforderungen festzulegen als von den nationalen Behörden vorgeschrieben (Artikel 5 der SSM-Verordnung und Artikel 13h der Geschäftsordnung der EZB (Beschluss EZB/2014/1)).
- Siehe EZB, ECB floor methodology for setting the capital buffer for an identified Other Systemically Important Institution (O-SII), Macroprudential Bulletin, Ausgabe 3, Juni 2017.
- Siehe EZB-Bankenaufsicht, EZB-Analyse der Stresstests 2018 weist bei bedeutenden Banken des Euro-Währungsgebiets auf eine verbesserte Kapitalbasis hin, 1. Februar 2019.
- Siehe hierzu J. Carmassi, S. Dobkowitz, J. Evrard, L. Parisi, A. Silva und M. Wedow, Completing the Banking Union with a European Deposit Insurance Scheme: who is afraid of cross-subsidisation?, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 208, April 2018.
- Auf Grundlage der EBA-Leitlinie für die Meldung schwerwiegender Vorfälle gemäß der Richtlinie (EU) 2015/2366 (PSD2) (EBA/GL/2017/10).
- Der EONIA ist ein Index, der den durchschnittlichen Zinssatz angibt, zu dem eine Auswahl an freiwillig teilnehmenden Banken (die sogenannten Panel-Banken) Euro-Tagesgeld am unbesicherten Interbankenmarkt verleihen. Er wird täglich auf Basis der Meldungen der Panel-Banken berechnet und vom European Money Markets Institute (EMMI) verwaltet.
- Gemäß Artikel 141 Absatz 2 AEUV, Artikel 17, 21.2, 43.1 und 46.1 der ESZB-Satzung sowie Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 332/2002 des Rates vom 18. Februar 2002.
- Gemäß Artikel 122 Absatz 2 und Artikel 132 Absatz 1 AEUV, Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung sowie Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010.
- Gemäß Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung (in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 5 des EFSF-Rahmenvertrags).
- Gemäß Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung (in Verbindung mit Artikel 5.12.1 der „ESM General Terms for Financial Assistance Facility Agreements“).
- Im Zusammenhang mit der Kreditrahmenvereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets (mit Ausnahme Griechenlands und Deutschlands) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – die im öffentlichen Interesse handelt und den Anweisungen der Bundesrepublik Deutschland unterliegt, die wiederum eine Garantie zugunsten der KfW übernimmt – als Kreditgeber einerseits und der Hellenischen Republik als Kreditnehmerin und der griechischen Zentralbank als deren Vertreterin andererseits sowie gemäß Artikel 17 und 21.2 der ESZB-Satzung und Artikel 2 des Beschlusses EZB/2010/4 vom 10. Mai 2010.
- Nähere Informationen zur Forschungstätigkeit der EZB sowie zu forschungsbezogenen Veranstaltungen, Veröffentlichungen und Netzwerken finden sich auf der Website der EZB.
- Sämtliche im Rahmen des Zentralbankforums in Sintra gehaltenen Vorträge, Diskussionen und Reden sind in einem E-Buch nachzulesen; Videoaufnahmen aller Sessions stehen über den YouTube-Kanal der EZB zur Verfügung.
- Das online publizierte Research Bulletin der EZB dient dazu, wichtige Forschungserkenntnisse einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Die einzelnen Ausgaben dieser Publikation sind auf der Website der EZB abrufbar.
- Verbundene Rechtssachen C-105/15 P bis C-109/15 P.
- Verbundene Rechtssachen C-8/15 P bis C-10/15 P.
- Siehe CON/2018/12.
- Siehe CON/2018/19.
- Siehe CON/2018/26.
- Siehe CON/2018/32 und CON/2018/37.
- Siehe CON/2018/36.
- Siehe CON/2018/55.
- Siehe CON/2018/37.
- Siehe CON/2018/54.
- Siehe CON/2018/38.
- Siehe CON/2018/33.
- Siehe CON/2018/25.
- Siehe CON/2018/51.
- Siehe CON/2018/20.
- Siehe CON/2018/1.
- Siehe CON/2018/35.
- Siehe CON/2018/23.
- Siehe CON/2018/53.
- Siehe CON/2018/17 und CON/2018/45.
- Siehe CON/2018/56.
- Siehe CON/2018/48.
- Siehe CON/2018/10 und CON/2018/11.
- Siehe CON/2018/15.
- Siehe CON/2018/27.
- Siehe CON/2018/16.
- Siehe CON/2018/18.
- Siehe CON/2018/21.
- Siehe CON/2018/2 und CON/2018/3.
- Siehe CON/2018/5.
- Siehe CON/2018/24.
- Siehe CON/2018/28.
- Siehe CON/2018/8.
- Siehe CON/2018/4 und CON/2018/57.
- Siehe CON/2018/43.
- Siehe CON/2018/49.
- Siehe CON/2018/42.
- Siehe CON/2018/58.
- Siehe CON/2018/52.
- Siehe CON/2018/9 und CON/2018/34.
- Siehe CON/2018/7.
- Siehe CON/2018/30.
- Siehe CON/2018/44.
- Siehe CON/2018/40.
- Siehe CON/2018/50.
- Siehe CON/2018/6.
- Siehe CON/2018/31.
- Siehe CON/2018/18 und CON/2018/39.
- Siehe CON/2018/16.
- Siehe CON/2018/21.
- Siehe CON/2018/28.
- Siehe CON/2018/46.
- Siehe CON/2018/15, CON/2018/22, CON/2018/27 und CON/2018/39.
- Siehe CON/2018/41.
- Siehe CON/2018/33.
- Eine detailliertere Darstellung der Fortschritte bei der Banken- und Kapitalmarktunion aus Sicht der EZB findet sich in Kapitel 3 Abschnitt 4.
- Die einleitenden Bemerkungen sind auf der Website der EZB abrufbar.
- Das Feedback zu den Anregungen des Europäischen Parlaments in seiner Entschließung zum EZB-Jahresbericht 2017 erscheint zeitgleich mit dem vorliegenden Jahresbericht.
- Alle Antworten des Präsidenten der EZB auf Anfragen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments sind in einem eigenen Bereich der EZB-Website einsehbar.
- Nähere Informationen dazu finden sich im EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit 2018.
- Siehe vor allem die Rede von EZB-Präsident Mario Draghi bei der Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique am 26. Oktober 2018 zur Zentralbankunabhängigkeit und die Ausführungen von Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré bei der Sveriges riksbank am 25. Mai 2018 zum Thema Zentralbankwesen in komplexen Zeiten. Diese öffentlichen Auftritte folgten auf andere rezente Beispiele, wie die von Direktoriumsmitglied Yves Mersch bei der ECB Legal Conference am 4. September 2017 gehaltene Rede über die Erfahrungswerte der EZB mit Rechenschaftspflicht und Souveränität in der Europäischen Union sowie die Ansprache Benoît Cœurés zu Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht in einer sich ändernden Welt, die er am 28. März 2017 anlässlich der von Transparency International EU durchgeführten Veranstaltung “Two sides of the same coin? Independence and accountability of the European Central Bank” hielt.
- Siehe EZB, Die Rechenschaftspflicht der EZB in der Praxis und ihre Entwicklung während der Finanzkrise, Wirtschaftsbericht 5/2018, August 2018.
- Siehe Frage QA15.1, Standard-Eurobarometer 90, Welle EB90.3, Europäische Kommission, Dezember 2018.
- Die EZB veröffentlichte 2018 zwei Occasional Papers zu IWF-bezogenen Fragen der Task Force für IWF-Fragen des Ausschusses für Internationale Beziehungen. Siehe Task Force für IWF-Fragen des Ausschusses für Internationale Beziehungen, Strengthening the Global Financial Safety Net – Moving relations between the IMF and Regional Financing Arrangements forward, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 207, März 2018, und Task Force für IWF-Fragen des Ausschusses für Internationale Beziehungen, A quantitative analysis of the size of IMF resources, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 213, Oktober 2018.
- Definitionen von „Cyber Incident” (IT- bzw. Netzsicherheitsvorfall) und anderen einschlägigen Begriffen finden sich im Cyber Lexicon des Finanzstabilitätsrats (FSB).