1 Überblick
Die Wirtschaft im Euroraum hat sich in der zweiten Jahreshälfte 2023 abgeschwächt. Bremsend wirkten dabei die restriktiveren Finanzierungsbedingungen, ein geringes Vertrauen sowie Einbußen bei der Wettbewerbsfähigkeit. Den derzeitigen Erwartungen nach wird sich die Wirtschaft etwas langsamer erholen als in den von Fachleuten der EZB erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen vom September 2023 angenommen. Kurzfristindikatoren lassen auf eine schwache Wirtschaftstätigkeit im vierten Quartal 2023 schließen. Doch ab Anfang 2024 dürfte das Wachstum wieder anziehen, da die real verfügbaren Einkommen steigen – gestützt durch einen Rückgang der Inflation, ein robustes Lohnwachstum und eine stabile Beschäftigungslage – und auch weil das Exportwachstum dank einer Belebung der Auslandsnachfrage aufholt. Die Auswirkungen der strafferen Geldpolitik der EZB und der ungünstigen Kreditangebotsbedingungen schlagen weiterhin auf die Wirtschaft durch und beeinflussen die kurzfristigen Wachstumsaussichten. Diese dämpfenden Effekte werden den Erwartungen zufolge im späteren Verlauf des Projektionszeitraums nachlassen, und dies dürfte das Wachstum stützen. Insgesamt wird damit gerechnet, dass sich das durchschnittliche Jahreswachstum des realen BIP von 3,4 % im Jahr 2022 auf 0,6 % im Jahr 2023 verlangsamt. 2024 dürfte es sich wieder erholen und auf 0,8 % steigen, bevor es sich 2025 und 2026 bei 1,5 % stabilisiert. Gegenüber den Projektionen vom September 2023 ist der Ausblick für das BIP-Wachstum in den Jahren 2023 und 2024 angesichts der aktuellen Datenveröffentlichungen und der zuletzt schwachen Umfrageergebnisse leicht nach unten korrigiert worden. Der Ausblick für 2025 bleibt unverändert.[1]
Die Inflation ist weiter zurückgegangen. Gründe hierfür waren der rückläufige Preisauftrieb bei Energie, die Auswirkungen der geldpolitischen Straffung sowie das kontinuierliche Nachlassen der Lieferengpässe sowie des Preisdrucks auf den vorgelagerten Stufen. Die HVPI-Inflation ist im November 2023 auf 2,4 % gesunken. Sie dürfte auf kurze Sicht wegen eines noch einmal anziehenden Preisauftriebs bei Energie vorübergehend wieder ansteigen. Der zugrunde liegende Disinflationsprozess dürfte sich jedoch fortsetzen, trotz stark steigender Arbeitskosten. Diese sind in zunehmendem Maße der wichtigste Treiber der HVPI-Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel. Der Arbeitsmarkt wird den Projektionen zufolge trotz einer gewissen Abkühlung angespannt bleiben. Zusammen mit Ausgleichseffekten aufgrund der hohen Inflation in der Vergangenheit sollte dies dafür sorgen, dass die Nominallöhne weiterhin kräftig steigen. Allerdings dürfte sich das Lohnwachstum über den Projektionszeitraum hinweg abschwächen, da der durch den Inflationsausgleich bedingte Aufwärtsdruck allmählich nachlässt. Die Gewinne sind 2022 deutlich gestiegen. Sie dürften aber über den Projektionszeitraum hinweg zurückgehen und einen Puffer für die Weitergabe der Arbeitskosten bilden. Die mittelfristigen Inflationserwartungen bleiben den Einschätzungen zufolge insgesamt auf dem Inflationsziel der EZB von 2 % verankert. Die HVPI-Gesamtinflation dürfte von 5,4 % im Jahr 2023 auf durchschnittlich 2,7 % im Jahr 2024, 2,1 % im Jahr 2025 und 1,9 % im Jahr 2026 zurückgehen. Verglichen mit den Projektionen vom September 2023 ist die HVPI-Inflation für 2023 und 2024 nach unten korrigiert worden. Grund hierfür sind in erster Linie die aktuellen Daten, die niedriger ausgefallen sind als erwartet, und die niedrigeren Annahmen für die Energierohstoffpreise. Die für 2025 projizierte HVPI-Inflation bleibt indessen unverändert.
Tabelle 1
Projektionen für das Wachstum und die Inflation im Euroraum
(Veränderungen gegen Vorjahr in %)
Dezember 2023 | September 2023 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
Reales BIP | 3,4 | 0,6 | 0,8 | 1,5 | 1,5 | 3,4 | 0,7 | 1,0 | 1,5 |
HVPI | 8,4 | 5,4 | 2,7 | 2,1 | 1,9 | 8,4 | 5,6 | 3,2 | 2,1 |
Anmerkung: Die Zahlen für das reale BIP beziehen sich auf die Jahresdurchschnittswerte der saison- und arbeitstäglich bereinigten Daten. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die Daten, darunter auch vierteljährliche Daten, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB heruntergeladen werden.
Die wirtschaftlichen Aussichten sind nach wie vor mit hoher Unsicherheit behaftet. Dies zeigt sich an den Unsicherheitsbändern der Projektionen für Wachstum und Inflation (siehe Abbildung 1, 4 und 7). Der vorliegende Bericht enthält ein Szenario, mit dem die Folgen einer möglichen Eskalation des Nahostkonflikts für die Wirtschaft des Euroraums beurteilt werden (siehe Kasten 3), sowie eine Reihe von Sensitivitätsanalysen im Zusammenhang mit divergierenden Entwicklungen der Energie- und Nahrungsmittelrohstoffpreise (siehe Kasten 4).
2 Realwirtschaft
Die Konjunktur im Euroraum hat sich im dritten Quartal 2023 leicht abgeschwächt (siehe Abbildung). Ein negativer Wachstumsbeitrag ging dabei vom Vorratsabbau aus, dem ein positiver Beitrag der Binnennachfrage gegenüberstand. Im dritten Quartal 2023 betrug das Wachstum im Euroraum ‑0,1 % und lag damit leicht unter dem in den Projektionen vom September 2023 erwarteten Nullwachstum.[2] Die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe ging im dritten Quartal weiter zurück, während sie im Dienstleistungssektor zunahm. Was die Nachfragekomponenten betrifft, so erhöhten sich im dritten Quartal die privaten Konsumausgaben insbesondere für Dienstleistungen, wobei in der Sommersaison kontaktintensive Dienstleistungen eine Rolle gespielt haben dürften, sowie für Gebrauchsgüter. Dagegen ließen Einbußen bei der Wettbewerbsfähigkeit infolge der Wechselkurs- und auch der Energiepreisentwicklungen die Exporte schrumpfen.
Das Wachstum des realen BIP dürfte im vierten Quartal 2023 angesichts der restriktiveren Finanzierungsbedingungen schwach ausfallen und sich ab dem ersten Quartal 2024 – gestützt durch einen Anstieg der Realeinkommen und der Auslandsnachfrage – allmählich erholen. Der Konjunkturaufschwung, der durch das Wiederhochfahren der Wirtschaft nach der Pandemie und das Nachlassen der Lieferengpässe in Gang kam, ebbt ab. Gleichzeitig geht von den restriktiven Finanzierungsbedingungen und der erhöhten Verbraucherunsicherheit weiterhin eine erhebliche bremsende Wirkung aus. Umfrageindikatoren deuten auf eine sehr schwache oder schrumpfende Binnenkonjunktur im vierten Quartal 2023 hin, wobei es verhaltene Anzeichen dafür gibt, dass die Talsohle durchschritten ist. Darüber hinaus dürften der Rückgang der Inflation und die steigenden Löhne bei einer gleichzeitig immer noch angespannten Arbeitsmarktlage die Kaufkraft der privaten Haushalte um die Jahreswende herum stützen. Das Exportwachstum ist nach wie vor verhalten, doch die in den letzten Quartalen verzeichneten Verluste von Exportmarktanteilen dürften teilweise wieder wettgemacht werden. Insgesamt wird die Wirtschaftstätigkeit im vierten Quartal 2023 voraussichtlich gedämpft bleiben, danach aber allmählich anziehen, da das real verfügbare Einkommen und die Auslandsnachfrage weiter steigen und die privaten Konsumausgaben und die Exporte dementsprechend anziehen werden. Das Vertrauen dürfte sich unterdessen erholen, sofern neue negative Schocks ausbleiben.
Auf mittlere Sicht dürfte sich das BIP-Wachstum gestützt durch steigende Realeinkommen und eine Belebung der Auslandsnachfrage stabilisieren und Werte erreichen, die weitgehend dem vor der Pandemie verzeichneten Durchschnitt entsprechen. Das Wachstum des realen BIP wird den Erwartungen zufolge 2024 und 2025 anziehen und sich 2026 stabilisieren (siehe Tabelle 2). Obwohl der zuletzt verzeichnete Rückenwind abflaut, dürfte das Wachstum durch den infolge des nachlassenden Energieschocks abklingenden Inflationsdruck und das robuste Einkommenswachstum angetrieben werden. Diese Faktoren sorgen vor dem Hintergrund der robusten Arbeitsmärkte für eine kräftige Erholung der privaten Konsumausgaben. Allerdings wird sich die Rücknahme der seit 2022 geltenden energie- und inflationsbezogenen finanzpolitischen Ausgleichsmaßnahmen in den Jahren 2024 bis 2026 leicht negativ auf das Wachstum auswirken.
Die restriktiven Finanzierungsbedingungen dürften sich zwar weiterhin negativ das Wachstum auswirken, dieser Effekt sollte aber über den Projektionszeitraum hinweg allmählich nachlassen. Die seit Dezember 2021 ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen schlagen weiterhin auf die Realwirtschaft durch und beeinflussen die Wachstumsaussichten insbesondere für die Jahre 2023 und 2024.[3] Außerdem haben sich die Kreditangebotsbedingungen laut der jüngsten Umfrage der EZB zum Kreditgeschäft im Euroraum seit Jahresbeginn erheblich verschärft, und das Kreditwachstum hat sich deutlich verlangsamt. Den Annahmen zufolge werden sich die negativen Kreditangebotseffekte vor allem auf die Unternehmens- und Wohnungsbauinvestitionen und in geringerem Maße auch auf die privaten Konsumausgaben auswirken. Der genaue Zeitpunkt und das Ausmaß der Auswirkungen der Geldpolitik und der Kreditangebotsbedingungen auf die Realwirtschaft sind mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Ausgehend von den Markterwartungen hinsichtlich der künftigen Zinsentwicklung (siehe Kasten 1) dürften sich die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum nach 2024 jedoch allmählich abschwächen. Der projizierte Anstieg des BIP-Wachstums auf mittlere Sicht hängt somit teilweise mit dem Nachlassen dieser dämpfenden Effekte zusammen.
Im Vergleich zu den Projektionen vom September 2023 ist das Wachstum des realen BIP für 2023 um 0,1 Prozentpunkte und für 2024 um 0,2 Prozentpunkte nach unten korrigiert worden. Für 2025 wurde keine Korrektur vorgenommen. Die Korrekturen spiegeln die schwächeren Daten für das dritte Quartal 2023 und sich verschlechternde Umfrageindikatoren wider. Die zuletzt negativeren Ergebnisse und die zukunftsgerichteten Indikatoren für die Ausfuhren deuten auf Abwärtskorrekturen beim Außenhandel für die Jahre 2023 bis 2025 hin. Diesen stehen zum Teil geringfügige Aufwärtskorrekturen bei der Binnennachfrage gegenüber.
Tabelle 2
Projektionen für das reale BIP, die Arbeitsmärkte und den Handel
(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)
Dezember 2023 | September 2023 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
Reales BIP | 3,4 | 0,6 | 0,8 | 1,5 | 1,5 | 3,4 | 0,7 | 1,0 | 1,5 |
Private Konsumausgaben | 4,2 | 0,5 | 1,4 | 1,6 | 1,4 | 4,1 | 0,3 | 1,6 | 1,6 |
Konsumausgaben des Staates | 1,5 | 0,1 | 1,1 | 1,3 | 1,2 | 1,5 | -0,1 | 1,1 | 1,4 |
Bruttoanlageinvestitionen | 2,8 | 1,3 | 0,4 | 1,8 | 2,1 | 2,9 | 1,7 | -0,4 | 1,4 |
Ausfuhren1) | 7,4 | -0,4 | 1,1 | 2,9 | 3,0 | 7,3 | 1,3 | 2,5 | 3,1 |
Einfuhren1) | 8,1 | -0,9 | 1,7 | 3,1 | 3,0 | 8,1 | 0,3 | 2,5 | 3,1 |
Beschäftigung | 2,3 | 1,4 | 0,4 | 0,4 | 0,4 | 2,3 | 1,2 | 0,2 | 0,2 |
Arbeitslosenquote | 6,7 | 6,5 | 6,6 | 6,5 | 6,4 | 6,7 | 6,5 | 6,7 | 6,7 |
Leistungsbilanzsaldo | -0,7 | 1,2 | 1,0 | 1,0 | 1,1 | -0,8 | 1,1 | 1,4 | 1,6 |
Anmerkung: Die Zahlen für das reale BIP und seine Komponenten beziehen sich auf saison- und arbeitstäglich bereinigte Daten. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die Daten, darunter auch Quartalswerte, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB abgerufen werden.
1) Einschließlich des Handels der Länder des Euroraums untereinander.
Was die Komponenten des realen BIP betrifft, so dürften sich die realen privaten Konsumausgaben allmählich erholen und das Wirtschaftswachstum unterstützen, da die Unsicherheit und die Inflation zurückgehen und die Realeinkommen sowie das Vertrauen steigen. In der ersten Jahreshälfte stagnierten die privaten Konsumausgaben aufgrund eines rückläufigen Warenkonsums, während die Ausgaben für verbrauchernahe Dienstleistungen stabil blieben. In der zweiten Jahreshälfte sind die privaten Konsumausgaben den Schätzungen zufolge gestiegen, was auf den Rückgang der Inflation, die anhaltenden Effekte des Wiederhochfahrens der Wirtschaft nach der Pandemie sowie eine leichte Erholung des Vertrauens im November zurückzuführen sein dürfte. Über die kurze Frist hinaus dürften die Konsumausgaben trotz der nachlassenden Effekte des Wiederhochfahrens weiter steigen und das Wirtschaftswachstum stützen, da die Inflation und die Unsicherheit weiter zurückgehen und die Realeinkommen steigen dürften, wenn es nicht zu weiteren negativen Schocks kommt. Das Wachstum der Konsumausgaben der privaten Haushalte dürfte 2026 robust bleiben und dadurch Auftrieb erhalten, dass sowohl die Arbeits- als auch die Nichtarbeitseinkommen steigen und die bisherigen Vorsichtsgründe allmählich wegfallen. Verglichen mit den Projektionen vom September 2023 ist das Wachstum der privaten Konsumausgaben für 2023 um 0,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert worden, da Daten für die erste Jahreshälfte nach oben korrigiert wurden. Für 2024 ist das Wachstum jedoch wegen der kurzfristigen verstärkten Ersparnisbildung um 0,2 Prozentpunkte nach unten korrigiert worden. Für 2025 wurde keine Korrektur vorgenommen.
Die real verfügbaren Einkommen dürften sich 2023 erholt haben und im Zeitraum 2024-2026 angesichts einer sinkenden Inflation und eines robusten Lohnwachstums rascher steigen. Das kräftige Wachstum der Arbeits- und Nichtarbeitseinkommen sowie die sinkende Inflation dürften dafür sorgen, dass sich die real verfügbaren Einkommen 2023 nach einem leichten Rückgang im Jahr 2022 erholen. Neben dem starken Lohnwachstum dürften die Nichtarbeitseinkommen die Kaufkraft der privaten Haushalte auf kurze Sicht stützen. Nettotransferleistungen dürften über den gesamten Projektionszeitraum hinweg einen weitgehend neutralen Beitrag zum Wachstum des verfügbaren Realeinkommens und der Konsumausgaben leisten.
Die Sparquote der privaten Haushalte dürfte im Vergleich zum Vorpandemieniveau über den Projektionszeitraum hinweg erhöht bleiben. Die Sparquote hat sich in der ersten Jahreshälfte 2023 erhöht und dürfte noch einige Zeit hoch bleiben. Gründe hierfür sind das kräftige Wachstum der Nichtarbeitseinkommen in der ersten Jahreshälfte (unter anderem aufgrund der hohen Sparneigung bei dieser Einkommensart), die nach wie vor erhöhte Unsicherheit sowie die starken Sparanreize aufgrund der steigenden Zinsen. Die Sparquote der privaten Haushalte sollte aufgrund der ab 2025 nachlassenden Unsicherheit aber leicht zurückgehen. Sie dürfte jedoch deutlich über ihrem vor der Pandemie verzeichneten Niveau bleiben, da höhere Zinsen dem Wunsch der privaten Haushalte gegenüberstehen, ihr Sparverhalten nach der Pandemie wieder zu normalisieren. Es wird nicht davon ausgegangen, dass das Wachstum der Konsumausgaben vom Bestand an überschüssigen Ersparnissen gestützt wird. Diese konzentrieren sich nämlich auf wohlhabende Haushalte und sind überwiegend in illiquiden Vermögenswerten angelegt. Zudem haben sich die hohen Inflationsraten dämpfend auf deren realen Wert ausgewirkt. Die Sparquote ist gegenüber den Projektionen vom September 2023 nach oben korrigiert worden. Dies ist in erster Linie auf die Korrektur historischer Daten, das zu erwartende vorsichtigere Verhalten der privaten Haushalte und stärkere Sparanreize aufgrund hoher Zinsen und den erschwerten Zugang zu Krediten zurückzuführen.
Kasten 1
Technische Annahmen im Hinblick auf Zinssätze, Rohstoffpreise und Wechselkurse
Im Vergleich zu den Projektionen vom September 2023 sind in den technischen Annahmen niedrigere kurzfristige Zinssätze im Euroraum, niedrigere Energiepreise und eine Abwertung des Euro berücksichtigt. Die technischen Annahmen zu den Zinssätzen und Rohstoffpreisen beruhen auf den Markterwartungen; Redaktionsschluss war der 23. November 2023. Die Kurzfristzinsen werden am Dreimonats-EURIBOR gemessen, und die Markterwartungen sind von den Zinssätzen für Terminkontrakte abgeleitet. Für die langfristigen Zinssätze wird als Näherungswert auf die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen zurückgegriffen.[4] Die Annahmen zu den Kurzfristzinsen sind über den Projektionszeitraum nach unten korrigiert worden, während die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen weitgehend unverändert bleiben.
Tabelle
Technische Annahmen
Dezember 2023 | September 2023 | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
Dreimonats-EURIBOR | 3,4 | 3,6 | 2,8 | 2,7 | 0,3 | 3,4 | 3,7 | 3,1 |
Renditen zehnjähriger Staatsanleihen | 3,2 | 3,2 | 3,3 | 3,4 | 1,8 | 3,1 | 3,3 | 3,4 |
Ölpreis (in USD/Barrel) | 84,0 | 80,1 | 76,5 | 73,6 | 103,7 | 82,7 | 81,8 | 77,9 |
Erdgaspreise (in EUR/MWh) | 42 | 47 | 44 | 37 | 123 | 43 | 54 | 47 |
Großhandelspreise für Strom (in EUR/MWh) | 105 | 117 | 111 | 98 | 258 | 115 | 143 | 123 |
Preise für Rohstoffe ohne Energie | -13,2 | -2,3 | 2,4 | 1,7 | 6,6 | -13,6 | -3,1 | 3,2 |
Preise der im EU-EHS gehandelten Emissionszertifikate | 84,0 | 78,4 | 82,0 | 85,2 | 80,9 | 87,9 | 92,3 | 96,5 |
EUR/USD-Wechselkurs | 1,08 | 1,08 | 1,08 | 1,08 | 1,05 | 1,09 | 1,09 | 1,09 |
Nominaler effektiver Wechselkurs des Euro | 121,9 | 123,5 | 123,5 | 123,5 | 116,8 | 123,0 | 124,9 | 124,9 |
Anmerkung: Die Daten stehen auf der EZB-Website in der Macroeconomic Projection Database zum Download zur Verfügung.
Die technischen Annahmen für die Energierohstoffpreise sind gegenüber den Projektionen vom September 2023 nach unten korrigiert worden.[5] Nach einer Phase höherer Ölpreise im September und Oktober und angesichts der Verlängerung der Produktionsdrosselung der OPEC+-Staaten bis Ende 2023 sowie der Risiken für die Lieferungen aus dem Nahen Osten aufgrund des Konflikts in der Region hat die rückläufige Nachfrage in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften infolge von makroökonomischen Unsicherheiten zu niedrigeren Ölpreisen geführt. Insgesamt hat sich die Öl-Terminkurve seit den Projektionen vom September 2023 nach unten verschoben (um 2,1 % für 2024 und 1,7 % für 2025) und ist weiterhin abwärtsgerichtet. Es wird davon ausgegangen, dass die Erdölpreise von 84 USD je Barrel im Jahr 2023 auf 73,6 USD je Barrel im Jahr 2026 sinken werden. Die Gaspreise sind stärker nach unten korrigiert worden. Die Auswirkungen, die der niedrige Gasverbrauch zu Beginn der Heizperiode in Europa und die vollständig gefüllten Gasspeicher auf die Preise hatten, haben die angebotsseitigen Risiken ausgeglichen, die sich aus der Schließung eines Gasfelds in Israel nach den Terroranschlägen und dem Leck einer Gaspipeline zwischen Finnland und Estland ergeben. Insgesamt hat sich die Gas-Terminkurve seit den Projektionen vom September nach unten verschoben (um 12,6 % für 2024 und 6,9 % für 2025). Auch die Terminpreise für Strom sind für 2023 um 18,3 % und für 2025 um 10,1 % nach unten korrigiert worden. Was die CO2-Emissionszertifikate im EU-Emissionshandelssystem (EHS) betrifft, so liegen die Terminpreise nun im Durchschnitt rund 11 % unterhalb des Pfads, der im September 2023 projiziert worden war. Jedoch wird davon ausgegangen, dass die EHS-Preise ab dem vierten Quartal 2023 bis zum vierten Quartal 2026 um rund 8 EUR pro Tonne steigen werden.
Die Annahmen zu den Rohstoffpreisen ohne Energie sind gegenüber den Projektionen vom September 2023 für 2024 nach oben und für 2025 nach unten korrigiert worden. Hintergrund sind die uneinheitlichen Entwicklungen bei den internationalen Metall- und Nahrungsmittelpreisen. Die Metallpreise haben vor allem aufgrund positiver Wirtschaftsmeldungen aus China angezogen. Die Aufwärtskorrektur der weltweiten Nahrungsmittelrohstoffpreise für 2024 und die Abwärtskorrektur für 2025 spiegeln unterschiedliche Entwicklungen bei einzelnen Nahrungsmittelrohstoffen wider. Die Preise für Kakao und Zucker sind aufgrund der Ernteschäden, die durch die anhaltenden Auswirkungen von El Niño verursacht wurden, gestiegen. Unterdessen sind die Preise für Weizen und Mais nach einer Phase sehr hohen weltweiten Angebots, insbesondere aus Russland, deutlich gesunken.
Es wird angenommen, dass die bilateralen Wechselkurse über den Projektionszeitraum hinweg unverändert auf dem durchschnittlichen Niveau bleiben, das in den zehn Arbeitstagen bis zum Redaktionsschluss verzeichnet worden war. Dies impliziert einen EUR/USD-Wechselkurs von 1,08 über den Projektionszeitraum hinweg, der damit um 0,9 % unter dem im September 2023 projizierten Wert liegt. Die Annahme bezüglich des effektiven Wechselkurses des Euro impliziert eine Abwertung um 1,1 % gegenüber den Projektionen vom September 2023.
Die Wohnungsbauinvestitionen dürften 2024 weiter zurückgehen, bevor sie sich angesichts des nachlassenden dämpfenden Effekts der restriktiveren Finanzierungsbedingungen 2025 und 2026 erholen. Sie dürften noch einige Zeit einem Abwärtstrend folgen, bevor sie 2025 wieder ein positives Wachstum verzeichnen. Dies stimmt mit den von kurzfristigen Indikatoren ausgehenden Signalen überein. Hierzu zählen die weiterhin rückläufige Zahl erteilter Baugenehmigungen und das eingetrübte Vertrauen der Bauunternehmen. Die anhaltende Schwäche der Wohnungsbauinvestitionen ist auf die deutlich restriktiveren Finanzierungsbedingungen zurückzuführen, einschließlich der stark gestiegenen Zinsen für Immobilienkredite und der verschärften Kreditvergabebedingungen der Banken. Vor dem Hintergrund der nachlassenden negativen Auswirkungen der restriktiveren Finanzierungsbedingungen und des stärkeren Einkommenswachstum dürften die Wohnungsbauinvestitionen jedoch in den Jahren 2025 und 2026 allmählich wieder anziehen. Die verschärften Kreditvergabebedingungen der Banken dürften das Wachstum der Wohnungsbauinvestitionen (darunter sowohl Angebots- als auch Nachfragefaktoren) in den Jahren 2023 und 2024 stark und auch 2025 noch spürbar beeinträchtigen.
Das Wachstum der Unternehmensinvestitionen dürfte 2024 aufgrund der restriktiven Finanzierungsbedingungen schwach ausfallen und damit der Ausweitung der Nachfrage hinterherhinken. Für 2025 und 2026 wird mit einer Erholung gerechnet. Gründe hierfür sind die nachlassenden negativen Auswirkungen der Finanzierungsbedingungen und die Unterstützung aus dem Programm Next Generation EU (NGEU). Nach einem Anstieg im dritten Quartal dürften die Unternehmensinvestitionen im Schlussquartal 2023 zurückgehen und im ersten Quartal 2024 weitgehend stagnieren. Zurückzuführen ist dies darauf, dass die Investitionstätigkeit durch eine schwache Konjunktur, verschärfte Finanzierungsbedingungen und restriktive Kreditbedingungen belastet wird. Der dämpfende Einfluss der in den Projektionen vom Dezember 2023 enthaltenen restriktiveren Kreditvergabebedingungen der Banken auf die Unternehmensinvestitionen dürfte im Jahr 2023 am stärksten ausgefallen sein. Auch für 2024 und 2025 wird nach wie vor mit einer erheblichen Bremswirkung gerechnet. Das Abklingen dieser negativen Faktoren, die breit angelegte Erholung der Binnen- und Auslandsnachfrage sowie der grüne und der digitale Wandel, unterstützt durch NGEU-Mittel, dürften mittelfristig zu einer Erholung der Unternehmensinvestitionen beitragen.
Kasten 2
Das außenwirtschaftliche Umfeld
Die Weltwirtschaft ist 2023 in moderatem, aber stetigem Tempo gewachsen. Gestützt wurde das Wachstum durch robuste Arbeitsmärkte und kräftige private Konsumausgaben. Das Tempo dürfte sich jedoch etwas abschwächen. Das Wachstum der Weltwirtschaft im Jahr 2023, das auf 3,3 % geschätzt wird, wurde durch die Entwicklung in den aufstrebenden Volkswirtschaften, darunter China, und den Vereinigten Staaten unterstützt.[6] In den Vereinigten Staaten sorgten die solide Binnennachfrage und der starke Arbeitsmarkt für ein robustes Wachstum, und dies trotz der deutlichen geldpolitischen Straffung. In China kompensierten die Aufhebung der pandemiebedingten Eindämmungsmaßnahmen zu Jahresbeginn sowie eine breiter angelegte Erholung der Konsumausgaben die Schwäche im Wohnimmobiliensektor. Die Signale aus den jüngsten Daten sind in allen großen Ländern uneinheitlich. Sowohl in China als auch in den Vereinigten Staaten beschleunigte sich das Wachstum des realen BIP im dritten Quartal. Im Vereinigten Königreich blieb es hingegen unverändert, und in Japan ging es zurück. In diesen beiden Ländern wurden Konjunktur und Konsumausgaben durch eine hohe Inflation belastet. Das Wachstum des weltweiten realen BIP wird den Projektionen zufolge 2024 bei 3,1 % und sowohl 2025 als auch 2026 bei 3,2 % liegen. Dies entspricht weitgehend den Projektionen vom September, liegt aber unter dem vor der Pandemie verzeichneten Durchschnitt von 3,6 % (2012-2019). Das Wachstum in den Vereinigten Staaten ist nach oben korrigiert worden, worin sich die Erwartung einer weicheren Landung und eines reibungsloseren Disinflationsprozesses widerspiegelt. Im Vereinigten Königreich wird die Wirtschaft der Einschätzung zufolge eine Rezession vermeiden können. Allerdings ist das Wachstum für 2024 und 2025 nach unten korrigiert worden. Dies ist auf schwächere Daten und die verzögerten Auswirkungen der geldpolitischen Straffung vor dem Hintergrund einer hohen Inflation zurückzuführen. Die Wachstumsaussichten für die aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens und für China bleiben weitgehend unverändert.
Was den Welthandel betrifft, so blieb dessen Wachstum im Jahr 2023 schwach. Dahinter stand eine Normalisierung des Konsumverhaltens nach der Pandemie. Allerdings dürfte sich der Handel erholen und auf mittlere Sicht stärker im Einklang mit der globalen Konjunktur anziehen. Das durchschnittliche jährliche Handelswachstum dürfte sich im Jahr 2023 auf 1,1 % verlangsamt haben. Verantwortlich hierfür war ein negativer statistischer Überhang. Ab dem zweiten Quartal gewann es aber schon wieder an Fahrt. Faktoren für die schwache Entwicklung auf Jahresfrist sind a) eine weniger handelsintensive Zusammensetzung des weltweiten Wachstums angesichts eines höheren Anteils des Konsums an der Binnennachfrage, b) ein größerer Beitrag zum weltweiten Wachstum durch die aufstrebenden Volkswirtschaften, die eine geringere Handelselastizität aufweisen, und c) die Normalisierung einiger pandemiebezogener Faktoren, die das Handelswachstum bis 2022 unterstützt hatten. Diese Faktoren stehen im Zusammenhang mit einer Verlagerung von den Waren hin zu den Dienstleistungen vor dem Hintergrund der vollständigen Aufhebung der pandemiebedingten Eindämmungsmaßnahmen. Das Wachstum des Welthandels und das Wachstum der Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums sind gegenüber den Projektionen vom September für 2023 nach oben korrigiert worden. Grund hierfür ist eine bessere Entwicklung im Vereinigten Königreich, in China und in Indien – vor allem im zweiten Quartal. Das Wachstum des Welthandels dürfte über den verbleibenden Projektionszeitraum hinweg wieder an Dynamik gewinnen und weitgehend im Einklang mit der Wirtschaftstätigkeit zunehmen. Der Welthandel wird den Projektionen zufolge 2024 und 2025 um 3,0 % und 2026 um 3,2 % zulegen. Gegenüber den Projektionen vom September 2023 sind die entsprechenden Werte nach unten korrigiert worden. Hierin spiegelt sich eine Neueinschätzung des Tempos wider, mit dem die globale Handelselastizität auf ihren erwarteten langfristigen Wert zurückkehren dürfte. Die Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums wird den Projektionen zufolge 2024 um 2,6 %, 2025 um 2,9 % und 2026 um 3,1 % zunehmen. Diese Werte liegen ebenfalls unter den bisherigen Projektionen.
Tabelle
Das außenwirtschaftliche Umfeld
(Veränderungen gegen Vorjahr in %)
Dezember 2023 | September 2023 | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
Weltweites reales BIP (ohne Euroraum) | 3,3 | 3,1 | 3,2 | 3,2 | 3,3 | 3,2 | 3,0 | 3,2 |
Welthandel (ohne Euroraum)1) | 1,1 | 3,0 | 3,0 | 3,2 | 5,3 | 0,2 | 3,2 | 3,3 |
Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums2) | 0,8 | 2,6 | 2,9 | 3,1 | 6,5 | 0,1 | 3,0 | 3,0 |
Weltweiter VPI (ohne Euroraum) | 5,0 | 4,4 | 3,4 | 2,9 | 7,6 | 4,8 | 4,2 | 3,2 |
Exportpreise der Wettbewerber in Landeswährung3) | -0,3 | 3,2 | 2,7 | 2,6 | 16,0 | 0,4 | 2,8 | 2,5 |
Anmerkung: Die Daten können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB abgerufen werden.
1) Berechnet als gewichteter Durchschnitt der Importe.
2) Berechnet als gewichteter Durchschnitt der Importe von Handelspartnern des Euroraums.
3) Berechnet als gewichteter Durchschnitt der Exportdeflatoren von Handelspartnern des Euroraums.
Die jährliche Gesamtinflation weltweit dürfte über den Projektionszeitraum hinweg zurückgehen. Die Exportpreise der Wettbewerber des Euroraums werden sich den Projektionen zufolge normalisieren. Die am Verbraucherpreisindex (VPI) gemessene weltweite Gesamtinflation wird den Projektionen zufolge im laufenden Jahr 5,0 % erreichen und danach bis 2026 allmählich auf 2,9 % sinken. Die Projektionen für die globale Inflation sind gegenüber den Projektionen vom September 2023 leicht nach oben korrigiert worden. Dies ist in erster Linie auf Aufwärtskorrekturen der Inflationsaussichten für die Türkei zurückzuführen. Die Exportpreise der Wettbewerber des Euroraums (in nationalen Währungen) dürften im zweiten Quartal 2023 unter ihren langfristigen Durchschnitt gefallen sein, da die Rohstoffpreise weiter sanken und der Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen im In- und Ausland nachließ. Den Projektionen zufolge werden sie mit dem nachlassenden Bremseffekt des Rohstoffpreisrückgangs wieder anziehen. Gegenüber den Projektionen vom September 2023 sind sie für 2023 nach unten und für 2024 und 2025 nach oben korrigiert worden.
Die Aussichten für den Außenhandel des Euroraums bleiben gedämpft, denn die hohen Energiepreise und die verzögerten Auswirkungen der effektiven Aufwertung des Euro im vergangenen Jahr beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit. Die realen Ausfuhren des Euroraums entwickelten sich im zweiten Quartal sehr schwach und dürften im dritten Quartal 2023 trotz der Erholung der Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums weiter zurückgegangen sein. Die Aussichten für die Exportmarktanteile liegen der Einschätzung zufolge nun deutlich unter den Projektionen vom September 2023. Das Wachstum der Ausfuhren dürfte sich ab dem vierten Quartal 2023 erholen. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Exporte steht jedoch nach wie vor unter Druck. Verantwortlich hierfür sind die effektive Aufwertung des Euro seit der zweiten Jahreshälfte 2022 und die hohen Energiepreise für die Unternehmen im Euroraum. Umfragen deuten auf rückläufige Auftragseingänge im Exportgeschäft sowohl im Dienstleistungssektor als auch im verarbeitenden Gewerbe hin. Gleichzeitig sind die Auftragsrückstände auf historische Tiefstände gesunken. Die Ausfuhren des Euroraums dürften sich daher weiterhin verhalten entwickeln. Dies steht weitgehend im Einklang mit der Auslandsnachfrage im Projektionszeitraum und mit der Entwicklung nach der Pandemie. Letztere deutet darauf hin, dass die Elastizität der Exporte gegenüber der Auslandsnachfrage abgenommen hat. Auch die Importe des Euroraums scheinen nicht mehr so stark auf die Nachfrage zu reagieren. Schätzungen zufolge dürften sie im dritten Quartal 2023 zurückgegangen sein. Danach sollten sie im Vergleich zur Importnachfrage über den Projektionszeitraum hinweg weniger stark zunehmen als in der Vergangenheit. Die geringere Handelselastizität könnte auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, wie eine Verlagerung der Binnennachfrage hin zu weniger handelsintensiven Komponenten (im Fall der Importe) – beispielsweise Dienstleistungen – oder (im Fall der Exporte) Herausforderungen bei der Wettbewerbsfähigkeit, denen sich Unternehmen des Euroraums gegenübersehen. Insgesamt dürfte der Außenhandel 2024 einen negativen Beitrag zum BIP-Wachstum leisten, der 2025 weitgehend neutral ausfallen und das Wachstum 2026 leicht stützen dürfte (siehe Abbildung 2). Der Leistungsbilanzüberschuss des Euroraums dürfte sich bei rund 1 % des BIP und damit deutlich unter dem vor der Pandemie verzeichneten Niveau stabilisieren.
Abbildung 2
Reales BIP im Euroraum – Aufgliederung in die wichtigsten Verwendungskomponenten
Der Arbeitsmarkt dürfte trotz einer leichten Abkühlung robust bleiben. Das Beschäftigungswachstum dürfte dabei (relativ zum BIP) moderater als 2023 ausfallen. Das Wachstum der Gesamtbeschäftigung dürfte sich verlangsamen, aber im positiven Bereich bleiben. Es dürfte von 2,3 % im Jahr 2022 auf 1,4 % im Jahr 2023 sinken und sich danach im Zeitraum 2024 bis 2026 bei 0,4 % stabilisieren (siehe Abbildung 3). Gegenüber den Projektionen vom September 2023 ist das Beschäftigungswachstum für den gesamten Projektionszeitraum (kumulativ) um 0,6 Prozentpunkte nach oben korrigiert worden, was eine Abwärtskorrektur des Arbeitsproduktivitätswachstums impliziert. In diesem Verlauf spiegelt sich die Annahme einer Arbeitskräftehortung im aktuellen Umfeld eines schwachen Wirtschaftswachstums wider, die in den späteren Jahren des Projektionszeitraums, wenn die Wirtschaft wieder anzieht, abgebaut wird. Insgesamt dürfte das Wachstum der Arbeitsproduktivität über den Projektionszeitraum hinweg anziehen, das Produktivitätsniveau wird aber deutlich unter seinem langfristigen linearen Trend bleiben. Die Arbeitslosenquote dürfte 2024 kurzfristig leicht auf 6,6 % ansteigen, bevor sie im restlichen Projektionszeitraum wieder sinkt. Im Schnitt dürfte sie 2025 bei 6,5 % und 2026 bei 6,4 % liegen. Dies stimmt zwar nicht mit dem in den Projektionen vom September 2023 angenommenen leicht aufwärtsgerichteten Pfad überein, ganz grundsätzlich aber behält die Einschätzung einer angespannten Lage am Arbeitsmarkt ihre Gültigkeit.
Abbildung 3
Arbeitsmarkt im Euroraum
Kasten 3
Analyse des Szenarios einer möglichen weiteren Eskalation des Nahostkonflikts
In dieser Szenarioanalyse werden Extremrisiken für die Basisprojektionen vom Dezember 2023 untersucht, die sich aus einer möglichen weiteren Eskalation des Nahostkonflikts ergeben. Den Basisprojektionen vom Dezember 2023 liegt die Annahme zugrunde, dass der aktuelle Konflikt geografisch beschränkt bleibt und daher über die bereits beobachteten wirtschaftlichen Folgen hinaus keine erheblichen Auswirkungen auf die Wirtschaft des Euroraums haben dürfte. Die Reaktion der globalen Finanzmärkte nach Ausbruch des Konflikts war verhalten. Die Ölpreise und die wirtschaftliche Unsicherheit erhöhten sich zunächst nur leicht. Dies steht im Einklang mit den begrenzten Handels- und Finanzverflechtungen zwischen dem Euroraum und den betroffenen Gebieten. Das im vorliegenden Kasten beschriebene Szenario geht von einer erheblichen und länger anhaltenden Eskalation des Konflikts und einer teilweisen Schließung der Straße von Hormus aus. Gegenüber den Basisprojektionen vom Dezember 2023 würde dies zu stärkeren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und den Euroraum führen. Insbesondere in den direkt am Konflikt beteiligten Ländern käme es zu Störungen der Wirtschaftstätigkeit. Außerdem würden sich die Preise für Energierohstoffe und die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit erhöhen. Auch die Finanzmärkte würden in Mitleidenschaft gezogen (siehe Abbildung A). Ein solches Szenario gilt als Extremrisikoszenario. Angesichts der hohen Unsicherheit, mit der die Entwicklung des Konflikts behaftet ist, sind die Schätzungen mit großer Vorsicht zu interpretieren.
Abbildung A
Szenario einer möglichen Eskalation des Nahostkonflikts
a) Synthetischer Energiepreisindex | b) Index für die Volatilität am US-Aktienmarkt (VIX) | c) Wachstum der Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums |
---|---|---|
Anmerkung: Der synthetische Energierohstoffpreisindex berechnet sich als gewichteter Durchschnitt der Öl- und Gaspreise. Das Ölpreisszenario basiert auf der Elastizität des Ölpreises gegenüber Ölangebotsschocks gemäß der Schätzung in D. Caldara, M. Cvallo und M. Iacoviello, Oil price elasticities and oil price fluctuations, Journal of Monetary Economics, Bd. 103, 2019. Das Gaspreisszenario basiert auf der Elastizität des Gaspreises gegenüber Gasangebotsschocks gemäß der Schätzung in S. Albrizio, J. Bluedorn, C. Koch, A. Pescatori und M. Stuermer, Sectoral Shocks and the Role of Market Integration: The Case of Natural Gas, AEA Papers and Proceedings, American Economic Association, Bd. 113, S. 43-46, Mai 2023. Der Volatilitätsindex basiert auf dem VIX der Chicago Board Options Exchange. Die Auswirkungen auf die Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums werden anhand des ECB-Global-Modells berechnet und beziehen sich auf Energiepreise, Unsicherheits- und Handelseffekte.
Bei einer hypothetischen Eskalation des Konflikts könnten die Öl- und Gaspreise erheblich ansteigen, insbesondere im Fall einer teilweisen Schließung der Straße von Hormus. Dem Szenario liegt die Annahme zugrunde, dass es bei etwa einem Drittel der Öl- und Gastransporte durch die Straße von Hormus zu Störungen kommt, was zur Verschärfung der Lage an den globalen Energiemärkten beitragen würde. Die Ölpreise würden infolgedessen im zweiten Quartal 2024 auf fast 130 USD je Barrel steigen, und die Gaspreise auf 83 EUR je MWh (57 % bzw. 74 % über den in den Basisprojektionen unterstellten Werten). Insgesamt wird damit gerechnet, dass ein synthetischer Energiepreisindex (der Öl- und Gaspreise kombiniert) im zweiten Quartal 2024 64 % über dem Basisszenario und 2026 noch 36 % über dem Basisszenario liegen würde (siehe Abbildung A, Grafik a). Es handelt sich hierbei um ein Extremszenario, da die Energiepreise über das 75. Perzentil der optionsbasierten Verteilung von Energieterminkontrakten steigen würden (siehe auch Kasten 4). Die Straße von Hormus war noch nie tatsächlich gesperrt, und der angenommene Öl- und Gasangebotsschock dauert länger an, als in der Vergangenheit zu beobachten war, denn in der Regel stellt sich das Gleichgewicht an den Energiemärkten schneller wieder ein.
Im Eskalationsszenario dürfte sich auch die Unsicherheit erhöhen, mit der die wirtschaftlichen Aussichten behaftet sind. Dies würde zu einem Rückgang des privaten Konsums, der Investitionstätigkeit und des Handels sowie zu einer erheblichen Neubewertung von Finanzmarktinstrumenten führen. Im vorliegenden Szenario wird davon ausgegangen, dass der Volatilitätsindex VIX, ein Näherungswert für die globale Unsicherheit, Anfang 2024 um rund 14 Punkte in die Höhe getrieben würde (siehe Abbildung A, Grafik b). Dies entspricht von der Größenordnung her in etwa der Entwicklung nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs und zum Zeitpunkt vergangener geopolitischer Ereignisse im Nahen Osten. Danach dürfte den historischen Regelmäßigkeiten entsprechend allmählich wieder das Niveau vor dem Konflikt erreicht werden. Die hohe Finanzmarktvolatilität würde mit einer drastischen Verschlechterung des Unternehmens-, Verbraucher- und Finanzmarktvertrauens einhergehen.
Die damit verbundenen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums wären beträchtlich. Selbst wenn man einen drastischen Rückgang der Binnenkonjunktur in Israel, Palästina, dem Libanon, Syrien und dem Iran unterstellt, wären die direkten Auswirkungen auf das globale BIP und die Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums aufgrund der geringen Außenhandelsgewichte der Region begrenzt. Allerdings würden höhere Öl- und Gaspreise, wie sie im Szenario angenommen werden, den globalen Preisdruck erhöhen und das globale BIP dämpfen. Hierdurch würde sich die Nachfrage nach Exporten des Euroraums – wenn auch mit einer gewissen Verzögerung – weiter verringern. Ein Anstieg der globalen Unsicherheit würde auch die globale Konjunktur dämpfen. Insgesamt würde das Wachstum der Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums im Jahr 2024 gegenüber dem Basisszenario vom Dezember 2023 um 1,2 Prozentpunkte geringer ausfallen (siehe Abbildung A, Grafik c).
Im Euroraum würde sich das Wirtschaftswachstum aufgrund höherer Energiepreise, Unsicherheitseffekte und internationaler Ansteckungseffekte abschwächen. Gleichzeitig würde die Verbraucherpreisinflation vor allem aufgrund höherer Energiepreise anziehen (siehe Abbildung B). Auch im Euroraum würde die Wirtschaftstätigkeit wie in der übrigen Welt durch die höheren Öl- und Gaspreise sowie die erhöhte Unsicherheit direkt beeinträchtigt. Private Haushalte und Unternehmen würden ihre realen Konsumausgaben und Investitionen infolge des Schocks einschränken. Darüber hinaus schlügen sich internationale Ansteckungseffekte negativ in der Auslandsnachfrage nach Exporten des Euroraums nieder, wodurch sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter reduzieren würde. Insgesamt wird das Wachstum des realen BIP im Euroraum den Schätzungen zufolge 2024 um 0,7 Prozentpunkte und 2025 um 0,3 Prozentpunkte niedriger ausfallen als in den Basisprojektionen vom Dezember 2023. Den Schätzungen zufolge wird es 2026 wieder anziehen, da die Unsicherheitseffekte bis dahin allmählich nachlassen dürften. Die HVPI-Inflation im Euroraum würde 2024 um 0,9 Prozentpunkte und 2025 um 0,4 Prozentpunkte steigen, was in erster Linie den weltweit höheren Energiepreisen geschuldet wäre.
Abbildung B
Auswirkungen des Szenarios auf das Wachstum des realen BIP und die HVPI-Inflation im Euroraum
(Abweichung vom Jahreswachstum im Basisszenario in Prozentpunkten)
Wachstum des realen BIP | HVPI-Inflation |
---|---|
Quellen: Simulationen mit dem BASE-Modell der EZB sowie EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Die Simulationen wurden im Rahmen eines Forecast-Settings mit vergangenheitsbezogener Erwartungsbildung sowie exogener Geld- und Finanzpolitik durchgeführt. Im Wechselkurs sind die Auswirkungen auf den EUR/USD-Wechselkurs sowie der nominale effektive Wechselkurs des Euro berücksichtigt. Die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Inflation im Euroraum insgesamt enthalten Energie-, Unsicherheits- und Handelseffekte. Die Schätzung der Auswirkungen der Unsicherheitsschocks erfolgt außerhalb des Modells, ähnlich wie in EZB, Die Auswirkungen des russischen Einmarschs in die Ukraine auf die Wirtschaftstätigkeit im Euro-Währungsgebiet über den Unsicherheitskanal (Englisch), Kasten 2, Wirtschaftsbericht 4/2022.
3 Haushaltsaussichten
Über den Projektionszeitraum hinweg und besonders im Jahr 2024 dürfte es zu einer Straffung des finanzpolitischen Kurses kommen (siehe Tabelle 3). Die finanzpolitischen Unterstützungsmaßnahmen im Euroraum sind nach wie vor weitgehend akkommodierend. Dies ist auf frühere Maßnahmen zurückzuführen – insbesondere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (Covid-19) aus dem Jahr 2020 sowie auf energiepolitische Maßnahmen, die ab 2022 ergriffen wurden. Allerdings führt die teilweise Rücknahme dieser Unterstützungsmaßnahmen über den Projektionszeitraum hinweg zu einer Straffung des finanzpolitischen Kurses (definiert als Veränderung des konjunkturbereinigten Primärsaldos[7]). Das gilt insbesondere für das Jahr 2024, wenn ein Großteil der energie- und inflationsbezogenen Ausgleichsmaßnahmen ausläuft. 2025 und 2026 ist die leichte Straffung einer weiteren Rücknahme der verbleibenden Unterstützungsmaßnahmen und der Erhöhung indirekter Steuern geschuldet. Gegenüber den Projektionen vom September 2023 wird für 2023 und 2025 mit einer zusätzlichen, für 2024 nun aber mit einer etwas geringeren Straffung gerechnet. Eine Aufwärtskorrektur der finanzpolitischen Kosten bestehender energiebezogener Maßnahmen erklärt etwa die Hälfte der Korrektur des finanzpolitischen Kurses für 2024. Insbesondere zahlten Elektrizitätsversorgungsunternehmen in Frankreich niedrigere Energiesteuern. In Spanien wurden neue Maßnahmen ergriffen. Beides wog das unerwartet frühe Auslaufen der Strom- und Gaspreisbremse in Deutschland auf (die vorzeitige Einstellung ergibt sich aus dem kürzlich ergangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verwendung von Notfallkrediten). Die Korrekturen der gesamten diskretionären Maßnahmen sind nicht nur auf Änderungen bei den energiepreisbezogenen Maßnahmen, sondern auch auf etwas höhere Transferzahlungen und staatliche Konsumausgaben zurückzuführen. Diese beiden Faktoren spiegeln zum Teil das Wachstum von Löhnen und Zahlungen aus Alterssicherungssystemen wider, da diese explizit oder implizit – mit zeitlicher Verzögerung – an die Preise gekoppelt sind.
Tabelle 3
Finanzpolitische Aussichten für den Euroraum
(in % des BIP)
Dezember 2023 | September 2023 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
Finanzpolitischer Kurs | 0,5 | 0,3 | 0,7 | 0,1 | 0,1 | 0,7 | 0,1 | 0,8 | 0,0 |
Öffentlicher Finanzierungssaldo | -3,6 | -3,1 | -2,8 | -2,7 | -2,6 | -3,6 | -3,2 | -2,8 | -2,9 |
Struktureller Haushaltssaldo | -3,6 | -3,2 | -2,7 | -2,6 | -2,7 | -3,2 | -3,0 | -2,4 | -2,5 |
Öffentliche Schuldenquote | 90,9 | 88,7 | 88,3 | 88,1 | 88,1 | 91,4 | 89,0 | 88,6 | 88,5 |
Anmerkung: Die Daten können über die auf der EZB-Website verfügbare Macroeconomic Projection Database heruntergeladen werden.
1) Die Messgröße für den finanzpolitischen Kurs ist die Veränderung des konjunkturbereinigten Primärsaldos nach Abzug der staatlichen Stützungsmaßnahmen für den Finanzsektor. Die abgebildeten Zahlen sind auch um die erwarteten Zuschüsse aus dem Programm Next Generation EU (NGEU) auf der Einnahmenseite bereinigt. Eine negative Zahl impliziert eine Lockerung des finanzpolitischen Kurses.
2) Berechnet als öffentlicher Finanzierungssaldo, bereinigt um vorübergehende Effekte des Konjunkturzyklus und um Maßnahmen, die laut Definition des Europäischen Systems der Zentralbanken als befristet einzustufen sind.
Die finanzpolitischen Aussichten im Euroraum dürften sich über den gesamten Projektionszeitraum hinweg verbessern. Das Haushaltsdefizit wird den Projektionen zufolge 2024 auf 2,8 % des BIP sinken und im restlichen Projektionszeitraum unter dem Referenzwert von 3 % bleiben. Im Jahr 2026 dürfte es 1,0 Prozentpunkte unter dem Wert von 2022 liegen. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass der Rückgang des konjunkturbereinigten Primärdefizits für den Zeitraum 2023 bis 2026 den Anstieg der Zinsausgaben mehr als ausgleicht. Letztere dürften jedoch im Vergleich zum Anstieg der Marktzinsen nur moderat zulegen, da die Weitergabe aufgrund der relativ hohen Restlaufzeit der Staatsanleihen im Euroraum graduell erfolgt. Im Vergleich zu den Projektionen vom September bleibt der für 2024 projizierte Haushaltssaldo des Euroraums für 2024 unverändert, da den Aufwärtskorrekturen für einige Länder höhere Haushaltsfehlbeträge in den meisten anderen Ländern gegenüberstehen. Die Schuldenquote des Euroraums wird den Projektionen zufolge weiter auf 88,1 % im Jahr 2026 sinken. Grund hierfür sind negative Zins-Wachstums-Differenzen, die Primärdefizite und erwartete positive Deficit-Debt-Adjustments mehr als ausgleichen. Die Schuldenquote ist gegenüber den Projektionen vom September 2023 nach unten korrigiert worden. Grund hierfür ist eine Niveauverschiebung infolge einer Aufwärtskorrektur des BIP im Jahr 2021 für mehrere Länder.
4 Preise und Kosten
Die HVPI-Inflation wird den Projektionen zufolge von durchschnittlich 5,4 % im Jahr 2023 auf 2,7 % im Jahr 2024 und 2,1 % im Jahr 2025 zurückgehen und dann 2026 bei 1,9 % liegen (siehe Abbildung 4). Nach dem starken Rückgang der HVPI-Inflation auf 2,4 % im November wird auf sehr kurze Sicht mit einem vorübergehenden Anstieg gerechnet. Gründe hierfür sind in erster Linie aufwärtsgerichtete Basiseffekte bei der Energiekomponente und die Rücknahme einiger finanzpolitischer Stützungsmaßnahmen (siehe Abbildung 5). Infolgedessen dürfte sich der Anstieg der Energiepreise im Jahr 2024 verstärken. Dadurch wird der weitere Rückgang der Teuerung bei Nahrungsmitteln und der HVPI-Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel (HVPIX) teilweise ausgeglichen. Dies bedeutet, dass die Gesamtinflation im Laufe des Jahres 2024 nur allmählich sinken wird. Ab Ende 2024 dürften alle wichtigen Inflationskomponenten weiter nachlassen. Das trägt dazu bei, dass die HVPI-Gesamtinflation in der zweiten Jahreshälfte 2025 den Zielwert der EZB erreicht (siehe Abbildung 6).
Abbildung 4
HVPI-Inflation im Euroraum
Abbildung 5
Kumulierte Auswirkungen von Basiseffekten bei der Energiekomponente auf die am HVPI gemessene Gesamtinflation ab November 2023
Die Teuerung bei Energie wird den Projektionen zufolge vorübergehend kräftig anziehen, bevor sie in der zweiten Jahreshälfte 2024 wieder zurückgeht und sich 2025 und 2026 etwa um null bewegt. Der kurzfristige Anstieg der jährlichen Teuerungsrate für Energie ist in erster Linie auf einen aufwärtsgerichteten Basiseffekt für Dezember 2023 (siehe Abbildung 5) und die Rücknahme finanzpolitischer Ausgleichsmaßnahmen im Bereich Energie im Jahr 2024 (mit besonders starken Auswirkungen auf die Gas- und Strompreise) zurückzuführen. Änderungen dieser Messgrößen ab Dezember 2023 dürften die HVPI-Gesamtinflation 2024 um rund 0,4 Prozentpunkte erhöhen. Der von Basiseffekten und dem Auslaufen staatlicher Maßnahmen ausgehende Aufwärtsdruck dürfte den jüngsten Rückgang der Preise für Energierohstoffe (Öl-, Gas- und Strompreise) sowie der Preise für CO2-Emissionen mehr als ausgleichen. Sobald diese Einflussfaktoren nachlassen, dürfte der leichte Abwärtstrend bei den Terminpreisen für Energierohstoffe die Hauptursache für einen geringfügigen Rückgang der HVPI-Inflation bei Energie gegen Ende des Projektionszeitraums sein.
Die Teuerung bei Nahrungsmitteln wird den Projektionen zufolge im Laufe des Jahres 2024 aufgrund des nachlassenden Preisdrucks auf den vorgelagerten Stufen deutlich nachgeben und danach langsamer zurückgehen. Die Inflation bei Nahrungsmitteln dürfte ihren jüngsten deutlichen Rückgang fortsetzen und von einem nach wie vor hohen Niveau von 6,9 % im November 2023 auf 2,6 % im Schlussquartal 2024 sinken. Darin spiegelt sich ein deutlich nachlassender Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen aufgrund sinkender Nahrungsmittel- und Energierohstoffpreise wider. Danach dürfte sich der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln schrittweise auf 2,3 % im Jahr 2026 abschwächen und damit immer noch leicht über dem langfristigen Durchschnitt von 2,1 % vor Covid-19 liegen, da erwartet wird, dass ein weiterhin hoher Arbeitskostendruck einen rascheren Rückgang verhindert.
Abbildung 6
HVPI-Inflation im Euroraum – Aufgliederung in die Hauptkomponenten
Die HVPIX-Inflation dürfte über den Projektionszeitraum hinweg allmählich zurückgehen (siehe Abbildung 7). Es wird erwartet, dass sie von 3,6 % im November 2023 auf 2,7 % im vierten Quartal 2024 und in den Jahren 2025 und 2026 weiter auf durchschnittlich 2,3 % bzw. 2,1 % fallen wird. Auf kurze Sicht dürfte der nachlassende Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen einen starken abwärtsgerichteten Einfluss haben, während der erhöhte Arbeitskostendruck die HVPIX-Inflation stützen dürfte. Das Profil der HVPIX-Inflation über den gesamten Projektionszeitraum hinweg ist Ausdruck der nachlassenden Auswirkungen von früherem Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen, Lieferengpässen in der Vergangenheit, der Normalisierung der Nachfrage nach dem Wiederhochfahren der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie und der geldpolitischen Straffung der EZB. Einem rascheren Rückgang der HVPIX-Inflation während des Projektionszeitraums wirkt ein abnehmender, aber immer noch erhöhter von der Arbeitskostenentwicklung ausgehender Aufwärtsdruck entgegen, die nur teilweise durch Stückgewinne abgefedert werden dürfte.
Abbildung 7
HVPI-Inflation im Euroraum ohne Energie und Nahrungsmittel
Im Vergleich zu den Projektionen vom September 2023 wurden die Aussichten für die HVPI-Inflation für 2023 um 0,2 Prozentpunkte und für 2024 um 0,5 Prozentpunkte nach unten korrigiert. Für 2025 wurde indes keine Korrektur vorgenommen. Die Abwärtskorrektur für 2024 ist hauptsächlich auf die jüngsten unerwartet niedrigen Werte bei den Komponenten Energie und HVPIX sowie niedrigere Terminpreise für Energierohstoffe zurückzuführen. Im Laufe des Jahres 2024 dürften ein höherer binnenwirtschaftlicher Kostendruck (der sich in einer Aufwärtskorrektur des Wachstums der Lohnstückkosten niederschlägt) und die angenommene Abwertung des Euro allmählich an Dynamik gewinnen und letzten Endes eine dominierende Rolle spielen. Dies führt zu einer leichten Aufwärtskorrektur der HVPIX-Inflation für 2025. Die Gesamtinflation für 2025 bleibt jedoch unverändert, da die Aufwärtskorrektur der HVPIX-Inflation aufgrund der etwas steileren abwärtsgerichteten Terminkurven für Öl und Gas durch Abwärtskorrekturen der Teuerungsrate für Energie ausgeglichen wird.
Tabelle 4
Preis- und Kostenentwicklung für den Euroraum
(Veränderungen gegen Vorjahr in %)
Dezember 2023 | September 2023 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
HVPI | 8,4 | 5,4 | 2,7 | 2,1 | 1,9 | 8,4 | 5,6 | 3,2 | 2,1 |
HVPI für Energie | 37,0 | -1,9 | 1,2 | 0,3 | -0,1 | 37,0 | -1,3 | 5,6 | 1,4 |
HVPI für Nahrungsmittel | 9,0 | 10,9 | 3,2 | 2,5 | 2,3 | 9,0 | 10,9 | 3,1 | 2,3 |
HVPI ohne Energie | 5,1 | 6,3 | 2,8 | 2,4 | 2,1 | 5,1 | 6,4 | 2,9 | 2,2 |
HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel | 3,9 | 5,0 | 2,7 | 2,3 | 2,1 | 3,9 | 5,1 | 2,9 | 2,2 |
HVPI ohne Nahrungsmittel, Energie und Änderungen indirekter Steuern1) | 3,9 | 5,0 | 2,7 | 2,3 | 2,1 | 3,9 | 5,1 | 2,9 | 2,2 |
BIP-Deflator | 4,6 | 5,6 | 2,9 | 2,5 | 1,9 | 4,6 | 5,7 | 3,1 | 2,5 |
Importdeflator | 17,4 | -2,9 | 1,0 | 2,3 | 2,0 | 17,4 | -2,2 | 1,6 | 1,7 |
Lohnstückkosten | 3,3 | 6,1 | 4,1 | 2,6 | 2,0 | 3,2 | 5,8 | 3,5 | 2,4 |
Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer | 4,4 | 5,3 | 4,6 | 3,8 | 3,3 | 4,3 | 5,3 | 4,3 | 3,8 |
Arbeitsproduktivität 2) | 1,1 | -0,8 | 0,4 | 1,1 | 1,2 | 1,1 | -0,5 | 0,8 | 1,3 |
Anmerkung: Das BIP und die Importdeflatoren, die Lohnstückkosten, das Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer und die Arbeitsproduktivität beziehen sich auf saison- und arbeitstäglich bereinigte Daten. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die Daten, darunter auch Quartalswerte, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB abgerufen werden.
1) Der Teilindex basiert auf Schätzungen der tatsächlichen Auswirkungen indirekter Steuern. Es können sich hier Unterschiede zu Eurostat-Daten ergeben, da diese auf der Annahme beruhen, dass Effekte indirekter Steuern vollständig und unmittelbar auf den HVPI durchwirken.
2) Gemessen als reales BIP je Erwerbstätigen.
Das Wachstum der Nominallöhne dürfte aufgrund der nach wie vor angespannten Arbeitsmarktlage kräftig bleiben. Angesichts des nachlassenden Drucks im Zusammenhang mit dem Inflationsausgleich und mit Erhöhungen der Mindestlöhne wird es jedoch den Projektionen zufolge im Laufe der Zeit allmählich abnehmen. Die Wachstumsrate des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer wird den Projektionen zufolge von 5,3 % im Jahr 2023 auf 3,3 % im Jahr 2026 zurückgehen. Gegenüber den Projektionen vom September wurde die Wachstumsrate für 2024 nach oben korrigiert. Für 2025 bleibt sie jedoch unverändert. Die Aufwärtskorrektur für 2024 ist auf eine angespanntere Arbeitsmarktlage und einen auf kurze Sicht erwarteten stärkeren Anstieg der Tariflöhne zurückzuführen. Ein stärkeres Lohnwachstum impliziert auch, dass die seit dem Inflationsschub erlittenen Kaufkraftverluste bis Ende 2024 wieder wettgemacht werden dürften, und damit etwas früher als in den Projektionen vom September erwartet. Das Wachstum der Lohnstückkosten dürfte seinen Höchststand erreicht haben. Es wird den Projektionen zufolge deutlich zurückgehen, getragen zum Teil vom projizierten Anstieg des Produktivitätswachstums (siehe Abbildung 8). Letzteres dürfte dennoch unter dem Niveau bleiben, das sich aus dem historischen Trend ergibt.
Abbildung 8
Zusammensetzung der Lohnstückkosten im Euroraum
Der am Wachstum des BIP-Deflators gemessene binnenwirtschaftliche Preisdruck wird den Projektionen zufolge gegenüber seinen aktuellen historischen Höchstständen allmählich zurückgehen, da zunächst das Gewinnwachstum und anschließend das Wachstum der Lohnstückkosten zurückgehen (siehe Abbildung 9). Die Jahreswachstumsrate des BIP-Deflators erreichte in der ersten Jahreshälfte 2023 mit 6,1 % ihren Höchststand. Sie wird den Projektionen zufolge bis Ende 2024 rasch auf 2,6 % zurückgehen. Danach wird sie langsamer sinken, auf durchschnittlich 1,9 % im Jahr 2026. Auch das Wachstum der Stückgewinne erreichte Anfang 2023 seinen Höchststand und dürfte sich 2024 ins Negative kehren. Ein solcher Verlauf impliziert, dass die Gewinne ab der zweiten Jahreshälfte 2023 das relativ kräftige Wachstum der Arbeitskosten teilweise abfedern werden.[8] Die Lohnstückkosten nehmen weniger stark zu. Gleichzeitig wird sich das Wachstum der Stückgewinne ab 2025 beschleunigen, getragen von sich aufhellenden Wachstumsaussichten und einem sich erholenden Produktivitätswachstum.
Abbildung 9
BIP-Deflator des Euroraums – Komponenten der Verteilungsseite
Nach einem sprunghaften Anstieg im Jahr 2022 fiel die Jahreswachstumsrate der Einfuhrpreise im Jahr 2023 in den negativen Bereich. Sie dürfte jedoch wieder ansteigen, da Basiseffekte bei den Rohstoffpreisen nachlassen und sich später im Projektionszeitraum normalisieren. Das Wachstum des Importdeflators dürfte deutlich von 17,4 % im Jahr 2022 auf -2,9 % im Jahr 2023 zurückgegangen sein. Danach dürfte es in den positiven Bereich zurückkehren und 2024 bei 1,0 % sowie 2025 bei 2,3 % liegen, bevor es sich 2026 auf 2,0 % abschwächt. Dies entspricht weitgehend der projizierten Entwicklung der Exportpreise der Wettbewerber (Kasten 2).
Kasten 4
Sensitivitätsanalyse: divergierende Entwicklungen der Energie- und Nahrungsmittelpreise
Angesichts der erheblichen Unsicherheit, mit der die künftige Entwicklung der Preise für Energierohstoffe behaftet ist, untersucht diese Analyse, wie sich die Annahme einer divergierenden Entwicklung der Öl- und Gasrohstoffpreise auf die Wirtschaftsaussichten auswirkt. Die Projektionen beruhen auf den in Kasten 1 dargelegten technischen Annahmen. In dieser Analyse werden hingegen divergierende ab- bzw. aufwärtsgerichtete Entwicklungen aus dem 25. und 75. Perzentil der optionsbasierten neutralen Dichten für die Öl- und Gaspreise am 23. November 2023 (dem Redaktionsschluss für die technischen Annahmen) abgeleitet. Sowohl die Verteilung der Öl- als auch der Gaspreise deutet auf Aufwärtsrisiken für die technischen Annahmen der Projektionen vom Dezember 2023 hin, da die Annahmen im Basisszenario näher am 25. Perzentil als am 75. Perzentil liegen. Bei Gasterminkontrakten sind diese Risiken besonders ausgeprägt. Zudem wird sowohl für Öl- als auch Gaspreise eine Annahme konstanter Preise berücksichtigt. In jedem Fall wird ein synthetischer Energiepreisindex (ein gewichteter Durchschnitt der Öl- und Gaspreisentwicklung) berechnet. Zudem werden die Auswirkungen der divergierenden Entwicklung anhand einer Reihe von in den Projektionen verwendeten makroökonomischen Modellen der EZB und des Eurosystems untersucht. Die durchschnittlichen Auswirkungen auf das Wachstum des realen BIP und die HVPI-Inflation für diese Modelle sind Tabelle A zu entnehmen.
Tabelle A
Auswirkungen divergierender Energiepreisentwicklungen
Entwicklungsverlauf 1: 25. Perzentil | Entwicklungsverlauf 2: 75. Perzentil | Entwicklungsverlauf 3: konstante Preise | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2024 | 2025 | 2026 | 2024 | 2025 | 2026 | 2024 | 2025 | 2026 | |
(Abweichung vom Basisszenario in %) | |||||||||
Ölpreis | -16,5 | -26,6 | -30,4 | 13,2 | 21,7 | 28,7 | 7,1 | 12,1 | 16,6 |
Gaspreis | -20,5 | -31,2 | -33,3 | 25,3 | 44,7 | 56,0 | -8,1 | -1,4 | 18,1 |
Synthetischer Energiepreisindex | -17,7 | -25,8 | -27,5 | 22,6 | 34,4 | 42,5 | 0,7 | 6,5 | 17,1 |
(Abweichungen von den Wachstumsraten im Basisszenario in Prozentpunkten) | |||||||||
Wachstum des realen BIP | 0,1 | 0,2 | 0,1 | -0,1 | -0,2 | -0,1 | 0,0 | 0,0 | 0,0 |
HVPI-Inflation | -0,7 | -0,7 | -0,4 | 0,8 | 0,9 | 0,7 | 0,1 | 0,2 | 0,4 |
Anmerkung: Bei dieser Sensitivitätsanalyse wird ein synthetischer Energiepreisindex verwendet, der die Preise für Öl- und Gasterminkontrakte kombiniert. Das 25. und das 75. Perzentil beziehen sich auf die optionsbasierten neutralen Dichten für die Öl- und Gaspreise am 23. November 2023. Die konstanten Öl- und Gaspreise nehmen ihren jeweiligen Wert zum selben Zeitpunkt an. Die makroökonomischen Auswirkungen werden als Durchschnittswerte aus einigen von Fachleuten der EZB bzw. des Eurosystems verwendeten makroökonomischen Modellen ausgewiesen.
Eine ähnliche Sensitivitätsanalyse wird mit divergierenden Entwicklungen für die internationalen Nahrungsmittelpreise durchgeführt, die leicht aufwärtsgerichtet sind. Bei dieser Analyse wird davon ausgegangen, dass ab dem ersten Quartal 2024 die internationalen Nahrungsmittelrohstoffpreise für Weizen und Mais dem 10. und dem 90. Perzentil der optionsbasierten Preise am 23. November 2023 folgen. Die Verteilungen sind leicht aufwärtsgerichtet. Gründe hierfür dürften Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel sowie das Wetterphänomen El Niño sein. Letzteres könnte die Häufigkeit von Extremwetterereignissen, die auf den allgemeinen Klimawandel zurückzuführen sind, weiter erhöhen. Ein weiterer Grund dürfte die anhaltende Unsicherheit über die weltweiten Getreidelieferungen infolge des Krieges in der Ukraine sein. Die Auswirkungen der divergierenden Entwicklungsverläufe auf die Inflationsprojektionen für den Euroraum werden anhand von Elastizitäten der in den Projektionen verwendeten makroökonomischen Modelle des Eurosystems beurteilt. Sie sind in Tabelle B dargestellt. Ihre Auswirkungen auf das Wachstum des realen BIP im Euroraum wären vernachlässigbar.
Tabelle B
Auswirkungen divergierender Entwicklungen der Nahrungsmittelpreise
(Abweichungen von den Wachstumsraten im Basisszenario in Prozentpunkten)
Entwicklungsverlauf 1: 10. Perzentil | Entwicklungsverlauf 2: 90. Perzentil | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
2024 | 2025 | 2026 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Internationaler Weizenpreis | -14,2 | -9,1 | 0,4 | 24,3 | 4,9 | 0,1 |
Internationaler Maispreis | -14,6 | -7,7 | -0,6 | 22,8 | 11,5 | 4,5 |
HVPI-Inflation | -0,1 | -0,1 | -0,1 | 0,1 | 0,2 | 0,1 |
Anmerkung: In dieser Sensitivitätsanalyse beziehen sich das 10. und das 90. Perzentil auf die optionsbasierten neutralen Dichten für die Weizen- und Maispreise am 23. November 2023. Die Entwicklungen aus optionsbasierten Dichten werden so umgewandelt, dass sie die Auswirkungen auf die Ab-Hof-Preise im Euroraum abbilden. Die makroökonomischen Auswirkungen werden anhand der Elastizitäten berechnet, die von den in den Projektionen verwendeten makroökonomischen Modellen des Eurosystems abgeleitet werden.
Kasten 5
Vergleich mit Prognosen anderer Institutionen und des privaten Sektors
Die von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen vom Dezember 2023 liegen weitgehend innerhalb der Bandbreite anderer Prognosen. Das von Fachleuten des Eurosystems für 2024 projizierte Wachstum liegt zwar über der jüngsten Umfrage von Consensus Economics zu den Erwartungen des privaten Sektors, aber unter den Prognosen anderer internationaler Institutionen. Es liegt für 2025 in der Mitte einer engeren Bandbreite und für 2026 am unteren Ende der Bandbreite der wenigen für dieses Jahr verfügbaren Prognosen. Was die HVPI-Inflation betrifft, so liegen die von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen für 2024 im unteren Bereich der Bandbreite, oberhalb der Prognose von Consensus Economics vom Dezember, und unterhalb der Prognosen der internationalen Institutionen. Für 2025 liegt sie in der Mitte der Bandbreite, während sie für 2026 leicht unter den anderen verfügbaren Prognosen für dieses Jahr liegt.
Tabelle
Vergleich der jüngsten Prognosen zum Wachstum des realen BIP und zur HVPI-Inflation im Euroraum
(Veränderungen gegen Vorjahr in %)
| Datum der | Wachstum des realen BIP | HVPI-Inflation | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
2024 | 2025 | 2026 | 2024 | 2025 | 2026 | ||
Eurosystem-Projektionen | Dezember 2023 | 0,8 | 1,5 | 1,5 | 2,7 | 2,1 | 1,9 |
Consensus Economics | Dezember 2023 | 0,5 | 1,4 | 1,5 | 2,4 | 1,9 | 2,0 |
OECD | November 2023 | 0,9 | 1,5 | - | 2,9 | 2,3 | - |
Europäische Kommission | November 2023 | 1,2 | 1,6 | - | 3,2 | 2,2 | - |
Survey of Professional Forecasters | Oktober 2023 | 0,9 | 1,5 | - | 2,7 | 2,1 | - |
IWF | Oktober 2023 | 1,2 | 1,8 | 1,7 | 3,3 | 2,2 | 2,0 |
Quellen: Prognose von Consensus Economics, 7. Dezember 2023 (die Daten für 2025 und 2026 stammen aus der Umfrage vom Oktober 2023); OECD, Wirtschaftsausblick 114, 29. November 2023; Europäische Kommission, Herbstprognose 2023, 15. November 2023; EZB, Survey of Professional Forecasters, 27. Oktober 2023; IMF World Economic Outlook, 10. Oktober 2023.
Anmerkung: Diese Prognosen sind untereinander bzw. mit den Projektionen des Eurosystems nicht direkt vergleichbar, da sie zu verschiedenen Zeitpunkten fertiggestellt wurden. Darüber hinaus werden bei diesen Projektionen unterschiedliche Methoden zur Ableitung von Annahmen über finanzpolitische, finanzielle und außenwirtschaftliche Variablen (einschließlich Öl-, Gas- und sonstiger Rohstoffpreise) verwendet. Die von Fachleuten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen verwenden arbeitstäglich bereinigte Jahreswachstumsraten für das reale BIP, während die Europäische Kommission und der IWF jährliche Zuwachsraten heranziehen, die nicht um die Zahl der Arbeitstage pro Jahr bereinigt wurden. Andere Prognosen enthalten keine Angaben dazu, ob arbeitstäglich bereinigte oder nicht arbeitstäglich bereinigte Daten ausgewiesen werden.
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Informationen zur Fachterminologie finden sich im EZB-Glossar (nur auf Englisch verfügbar).
HTML ISBN 978-92-899-5755-7, ISSN 2529-4652, doi:10.2866/53216, QB-CF-23-002-DE-Q
Redaktionsschluss für die technischen Annahmen, beispielsweise zu den Ölpreisen und Wechselkursen, war der 23. November 2023. Die Projektionen für die Weltwirtschaft wurden am 23. November 2023 und die gesamtwirtschaftlichen Projektionen für den Euroraum am 30. November 2023 fertiggestellt. Die Schnellschätzung zum HVPI vom November 2023 ist in den Projektionen berücksichtigt. Die aktuellen Projektionen beziehen sich auf den Zeitraum 2023 bis 2026. Bei ihrer Interpretation ist zu berücksichtigen, dass Projektionen für einen so langen Zeitraum mit sehr großer Unsicherheit behaftet sind. Siehe EZB, Prognosegüte der gesamtwirtschaftlichen Projektionen von Experten des Eurosystems und der EZB seit der Finanzkrise (Englisch), Wirtschaftsbericht 8/2019. Die den ausgewählten Tabellen und Abbildungen zugrunde liegenden Daten sind unter https://www.ecb.europa.eu/pub/projections/html/index.de.html abrufbar. Die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB enthält alle früheren gesamtwirtschaftlichen Projektionen der Fachleute der EZB und des Eurosystems. Diese Datenbank enthält auch mehr Variablen als der vorliegende Bericht und viele Quartalswerte.
Eurostat hat die Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen am 7. Dezember 2023 und damit erst nach Redaktionsschluss für die Projektionen vom Dezember 2023 veröffentlicht. Diese Daten enthalten unter anderem eine Abwärtskorrektur des Wertes für das vierteljährliche Wachstum im zweiten Quartal 2023 von 0,2 % auf 0,1 %.
Siehe EZB, Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen der geldpolitischen Straffung der EZB seit Dezember 2021: eine modellbasierte Auswertung , Kasten 6, Wirtschaftsbericht 3/2023.
Die Annahme für die nominalen Renditen zehnjähriger Staatsanleihen im Euroraum beruht auf dem gewichteten Durchschnitt der Renditen der zehnjährigen Benchmark-Anleihen der Länder. Diese Renditen werden mit den jährlichen BIP-Zahlen gewichtet und anhand eines Zukunftsprofils fortgeschrieben, das aus der Zinsstrukturkurve der EZB für die Zehnjahres-Pari-Rendite aller Anleihen des Euroraums abgeleitet wird. Dabei wird die anfängliche Abweichung zwischen den beiden Reihen über den Projektionszeitraum hinweg konstant gehalten. Die Abstände zwischen länderspezifischen Staatsanleiherenditen und dem entsprechenden Euroraum-Durchschnitt werden über den Projektionszeitraum hinweg als konstant angenommen.
Die technischen Annahmen bezüglich der Rohstoffpreise beruhen auf der von den Terminmärkten anhand des Durchschnitts des Zweiwochenzeitraums bis zum Redaktionsschluss am 23. November 2023 abgeleiteten Entwicklung.
Verweise auf weltweite und/oder globale Aggregate von Konjunkturindikatoren in diesem Kasten schließen nicht den Euroraum ein.
Der finanzpolitische Kurs wird auch um NGEU-Zuschüsse bereinigt. Siehe die Anmerkung zu Tabelle 3.
Weitere Informationen zu den Komponenten des BIP-Deflators und zur Rolle der Stückgewinne für die Inflationsanalyse finden sich in: E. Hahn, Gewinne je BIP-Einheit und ihr Beitrag zur jüngsten Zunahme des binnenwirtschaftlichen Preisdrucks im Euroraum (Englisch), Kasten 3, Wirtschaftsbericht 4/2023, EZB, Juni 2023, sowie O. Arce, E. Hahn und G. Koester, How tit-for-tat inflation can make everyone poorer, Der EZB-Blog, 30. März 2023.
- 14 December 2023
- 28 December 2023